Claudias Kinoempfehlungen für August 2014
#Kino
Es ist die Zeit des Sommernachtfilmfestivals, das am 6. August beginnt. Von daher halten sich die Kinos mit Schönem und Feinem gerade sehr zurück. Allerdings haben wir noch zwei Perlen aus dem versiegenden Becken gefischt. Und kurz vor Start liefern wir noch das neue Schmuckstück von Xavier Dolan nach, dem wundersamen Regiewunderkindbuben.
BOYHOOD
Ab 01.08. // Casablanca
Richard Linklater liebe ich für seine Beziehungstrilogie. Before Sunset, -Midnight, -Sunrise mit Julie Delpy und Ethan Hawke waren Kino-Glück und jetzt wird es noch schöner: Von 2002 bis 2013 dauert Masons Boyhood. Ellar Coltrane spielt Mason, neben ihm Linklaters Tochter Lorelei als große Schwester und die Eltern Patricia Arquette und Ethan Hawke, die alle sichtbar älter werden.
Drei Stunden dauern die Episoden. An einem Tag verliert Mason seine Haare, an anderen die Nerven. Die gewitzte und vorlaute Lorelei zeigt sich im Geschwisterstreit durchtrieben. Sie und ihr kleiner Bruder hoffen, dass Mama und Papa wieder zusammenfinden. Doch der Blick durchs Fenster, der den Streit der zwei Erwachsenen vor dem Haus erahnen lässt, zeigt: Das wird nichts. Mama findet neue Männer und eine Arbeit als Lehrerin, Papa taucht in unregelmäßigen Abständen auf und gibt Tipps fürs Leben. Viel mehr passiert nicht. Aber man kann diesen Film nicht nicht mögen. Ethan Hawke erinnert an seine Rolle in Fast Food Nation, ist so brillant wie die Arquette grandios. Die Kinder sind konkurrenzlos. Dazu kommen Randfiguren, wie der mehr und mehr alkoholisierte Prof, den sich Arquette an Land zieht.
Boyhood ist ein Film,den man nicht verpassen sollte. Die Idee ist einzigartig, die Umsetzung fantastisch. Wie gefangen man ist, so lange man die Füße unter den heimischen Tisch steckt, lässt Boyhood nachfühlen. Alles ist schlau, bitter, verdammt lustig. Ich vergeb meine persönlichen Oscars für den Hammer-Jungen, die beste Mutterrolle, den ambivalenten Vater, die beste Kamera, die passendste Musik und das Drehbuch (Wie kann man nur solche Dialoge schreiben!?). Ich kann mich kaum erinnern, wann das letzte Mal so viel Gutes zusammenkam. Wenn man nicht mal aufs Klo müsste, hätte das noch ewig weitergehen können.
VERFÜHRT UND VERLASSEN
Ab 01.08. // Casablanca
Jetzt kann ich ja nicht von Euch verlangen, dass Ihr meine Lieben teilt. Aber vielleicht klappt es ja doch: Verführt und verlassen trägt einen pathetischen Titel spazieren und erzählt doch nicht von der Liebe zu einem Menschen, sondern von der Leidenschaft für Film. Es ist eine Doku, irgendwo zwischen Michael Moore und Doku, Michael Moore aber ohne den einsetzenden Größenwahn des einstigen Revolutionärs. Zwei Männer, ein Regisseur und ein Schauspieler, marschieren hinter die Kulissen von Cannes, wollen zeigen, wie zäh es ist, einen Film zu finanzieren. Dabei ziehen sie glücklicherweise so imposante Interviewpartner wie Ryan Gosling und Martin Scorsese und Bernardo Bertolucci an Land. Ein Film, der jeden Filmfan sehr sehr glücklich macht. Es ist toll, diesen Männern zuhören zu dürfen. Alec Baldwin, der die Hauptfigur in einem zu finanzierenden Kriegssexfilm spielen soll, ist ein unterhaltsamer Mensch, von ihm stammt auch die Redewendung mit dem schlechten Liebhaber, der dich immer wieder verführt und verlässt. Er erzählt von unfähigen Regisseuren, Polanski spricht über Kosten und Preise und es wird immer klarer, was das für Arbeit ist und wie du sein musst “beim Film”. In den Gesprächen mit den Investoren wollen Baldwin und vor allem Filmemacher James Toback ein wenig zu lustig sein. Aber sonst: tolles Werk. Und so viele Anekdoten. Ach ja, zum Thema Anekdoten verweise ich noch auf meine Kolumne zum Thema “Wacken 3D”.
#Kino