Eva Borrmann in der Tafelhalle: Ich gehör' zum Interieur

4. FEBRUAR 2022 - 26. FEBRUAR 2022, TAFELHALLE

#Eva Borrmann, #Impulsförderung, #Interview, #live, #Plan Mee, #Tafelhalle, #Tanz

Die Stadt Nürnberg hat zum dritten Mal eine Tänzerin/Choreografin für ihre Impulsförderung ausgewählt. Eva Borrmann, Kopf hinter Plan Mee, kann sich seit vergangenem Jahr und bis 2023 ganz ihrem Projekt zum Thema Kunst und Kitsch widmen. Die dazugehörigen Performances finden, wie immer bei der entsprechend geförderten Künstlerin, in der Tafelhalle statt. Momentan: „Soft Focus“ mit Susanna Curtis und Alexandra Rauh. Wir sprachen mit Eva über Kunst & Kitsch und Förderung und Tanz.

CURT: Eva, Du hast die Impulsförderung der Stadt Nürnberg bekommen. Heißt, du kannst drei Jahre lang dein Projekt verfolgen und an der Tafelhalle aufführen. Was bedeutet das für dich?

Für mich entsteht die Möglichkeit, einen Ort zu haben, der sich meiner Arbeit kontinuierlich widmet und sich auf mein Thema Kitsch/Kunst voll einlässt. Das ist natürlich eine große Wertschätzung gegenüber meiner Arbeit. Ich bin nicht nur mehr Gast an der Tafelhalle, sondern gehöre fast zum Interieur (lacht).

Ist das auch mit Druck verbunden?
Druck ist immer da, egal, ob ich die Impulsförderung erhalten habe, oder nicht. Natürlich möchte ich die Impulsförderung in den drei Jahren optimal nutzen und ausschöpfen. Neben den abendfüllenden Produktionen ist ein großes Rahmenprogramm geplant, einige Sachen sind jedoch auf Grund von Corona stark eingeschränkt worden, das macht gerade am meisten Druck.

Du willst dich in deiner Zeit als Stipendiatin dem Thema Kitsch widmen. Aber was bedeutet Kitsch eigentlich? Und was fasziniert dich daran?
Kitsch ist ein Phänomen, das sich sentimentalen und vereinfachten Gefühlen hingibt. Egal, ob Musik, Film oder Buch – wir finden Kitsch überall. Kitsch kann etwas sehr Beruhigendes und Trostspendendes haben. Was mich besonders daran interessiert ist, dass Kitsch zu einem gesellschaftlichen Standard geworden ist, auch im Theater. Der Kitsch verneint jedoch menschlich unannehmbare Aspekte und genau das fasziniert mich und schafft eine Reibungsfläche. Mehrdeutigkeit, Individualität und Abstraktion finden keinen Platz mehr. Ich frage mich, was sich hinter dem Kitsch an Unmenschlichkeit auftun kann.

Du hast das Thema Kitsch noch einmal aufgegliedert in Nacktheit, Nostalgie und Esoterik. Daraus entstehen drei Aufführungsformate an der Tafelhalle. Das erste, Soft Focus, das jetzt Premiere feiert, bezieht sich auf Fotografien von David Hamilton. Wie macht man aus Fotografie Tanz und wie erkennbar werden diese Querverweise für das Publikum sein?
Ich denke in meiner Arbeit hauptsächlich in „bewegten Bildern“, weniger an reinen Tanz, das ist sehr hilfreich für die Arbeit und Beschäftigung mit Fotografie. Wir arbeiten dabei viel in Slowmotion, so sind der Prozess und das Entstehen der Bilder zu sehen, sie kommen und gehen. Musik, Licht und Bühne sind dabei genauso wichtig, auch sie bringen die Bilder in Bewegung. So entsteht eine stark aufgeladene Atmosphäre im Raum. Querverweise gibt es immer wieder, die Fotografien sind in den 70er-Jahren entstanden und die Ästhetik im Stück spiegelt diese Zeit wider.

Im Herbst ´22 und ´23 folgen dann Nostalgie und Esoterik. Wie klar hast du diese Aufführungen jetzt schon vor Augen?
Ich habe meine Aufführungen immer klar vor Augen. Dabei verfolge ich weniger eine visuelle Vision in meinen Kopf, als vielmehr ein Gefühl oder eine Stimmung. Das Thema Nostalgie birgt für mich einen intimen Rahmen, der Zeit zum Zuhören und Zusehen gibt – als würden wir uns mit einer Flasche Wein gegenübersitzen. Das Thema Esoterik wird zum gemeinschaftlichen Ereignis, wir haben für das Projekt zwischen sechs und sieben Tänzer*innen geplant.

Was möchtest du für dich selbst am Ende dieser drei Jahre erreicht haben?
Ich möchte eintauchen in die absurde, gefährliche und auch Trost spendende Welt des Kitsches. Ich möchte eine Expertin werden und meine künstlerische Position zu diesem Thema vertiefen. Außerdem erschaffe ich in den drei Jahren einen großen künstlerischen Content, der hoffentlich weitergetragen und über die Tafelhalle hinaus gezeigt werden kann.

Du bist nach Beate Höhn und Barbara Bess die dritte Choreografin, die die Impulsförderung erhält. Was bedeutet die Arbeit dieser Kolleginnen für dich und ist das eine Reihe, in der man gerne steht?
Ich schätze die Arbeiten meiner Kolleginnen sehr, jedoch waren die Arbeitsansätze der Impulsförderungen enorm unterschiedlich. Ich würde deshalb nicht behaupten, dass wir in einer Reihe stehen. Vielmehr hat jede Künstlerin damit eine eigene Reihe erschaffen.

___
Eva Borrmann. Plan Mee: Soft Focus
Eine Koproduktion mit der Tafelhalle Nürnberg, gefördert durch die Impulsförderung der Stadt Nürnberg, der Tanzzentrale der Region Nürnberg/Fürth e.V. und der Sparkassen Kulturstiftung.

Termine: 3., 4., 5., 25. + 26. Februar, jeweils 20 Uhr.
Tafelhalle, Äußere Sulzbacherstr. 62, Nbg.
 




Twitter Facebook Google

#Eva Borrmann, #Impulsförderung, #Interview, #live, #Plan Mee, #Tafelhalle, #Tanz

Vielleicht auch interessant...

Kultur  01.08.-30.09.2024
NÜ/FÜ/ER. SOMMERPAUSE AM STAATSTHEATER:  
VORFREUDE AUF DEN SPIELZEIT-AUFTAKT
Der Sommer hat dieses Jahr mit viel Verspätung endlich auch 's Frankenland besonnt und das Staatstheater Nürnberg in die wohlverdiente Sommerpause begleitet. Wer nun allerdings nur Faulenzen und Ruhe vermuten mag, der irrt sich gewaltig. Statt Stillstand läuft hinter den Kulissen des ehrwürdigen Hauses nämlich bereits alles auf Hochtouren, um die kommende Spielzeit vorzubereiten. Der September verspricht heiß zu werden, wenn nicht wegen spätsommerlicher Temperaturen, dann zumindest auf dem Bühnenparkett.

Gleich zu Beginn der neuen Saison, am 15. September, können sich Fans der Johann-Strauß-Operette DIE FLEDERMAUS nämlich über deren Wiederaufnahme in den Spielplan freuen. Auch das Schauspiel MARIA vom englischen Sozialdramatiker Simon Stephens findet erneut ins Programmheft. Ein zeitgenössisches Stück über Zartheit, Selbstbestimmung und Frausein im 21. Jahrhundert mit eigens kreierten Kompositionen von Schauspielmusikerin Vera Mohrs. Erstmals wieder aufgeführt am 20. September. 

So richtig begrüßt und gefeiert wird der Spielzeitbeginn 24/25 dann allerdings tags darauf, wenn das THEATERFEST am 22. September mit kunterbuntem Familienprogramm und Blicken hinter die Kulissen ins – und vor allem auch vor das Theater lockt! Staatsintendant Prof. Jens-Daniel Herzog gibt sich gemeinsam mit dem Opernchor die Ehre, um die Saison ab 13 Uhr am Richard-Wagner-Platz feierlich zu besingen. Am Vorplatz dürfen obendrein gemeinsam mit professionellen Bühnenmaler:innen überformatige Bilder gestaltet werden, während das Instrumentenkarussell der Staatsphilharmonie Nürnberg zum Ausprobieren und Mitmachen lädt. Überdies gibt es meisterlich begleitetes Ballett-Training, eine offene Chorprobe mit Chordirektor Tarmo Vaask, Kostümversteigerungen sowie zahlreiche weitere Mitmachaktionen. Das wohl größte Highlight aber liefert die abendliche Spielzeitvorschau, die mit Roxy Rued und den Spartenleiter:innen Ausschnitte aus dem künftigen Programm verrät. Mehr Infos zum gesamten Feierspektakel sind freilich auch auf der Website des Staatstheaters zu finden. 

Wie bereits vor der Sommerpause prognostiziert: Die Künste ruhen nur kurz und die Spielzeitvorschau 24/25 gibt schon jetzt das Fulminante preis: Knapp 30 Premieren, mehr als 60 Konzerte und diverse Kultproduktionen aus einem facettenreichen Repertoire sind zur kommenden Saison in Bayerns größtem Mehrspartenhaus geboten. Versüßen wir uns also doch die Wartezeit schon mal mit ein paar Klicks durchs digitale Theater-Line-up und sichern uns die besten Plätze. Die Vorfreude ist riesig!   >>
20240801_Staatstheater
20240801_Salz_Pfeffer
20240601_LiteraTouren
20240801_VAG_umweltbewusst
20240411_NbgPop_360
20240801_Zukunftsmusik
20240601_Retterspitz
20240801_Freiwilligenmesse
20240801_mfk_PotzBlitz
20240601_Kaweco
20240601_ebl
20240904_Gitarrennacht
20230703_lighttone
20240715_supermART