So ein Theater ...

MITTWOCH, 30. NOVEMBER 2016

#Clubs/Diskotheken, #Dieter Stoll, #Gostner Hoftheater, #Kulturforum Fürth, #Staatstheater Nürnberg, #Stadttheater Fürth, #Tafelhalle, #Theater, #Theater Erlangen, #Theater Pfütze, #Theater Salz und Pfeffer

In den letzten Wochen bis zum Jahresende ist Hochsaison an den Theatern, zum Jahresanfang sind die Zuschauer dann erst mal so ermattet, dass allenfalls mitklatschbare Neujahrskonzerte den Kreislauf beschleunigen. Keine goldenen, aber immerhin blechern scheppernde Regeln der Hochkultur. Sie werden auch diesmal gelten, wenn man im Familienverbund zu „Hänsel und Gretel“ (Opernhaus), „Lametta“ (Schauspielhaus) oder „Alice im Wunderland“ (Fürther Theater) pilgert und das Silvester-Prosit mit einer der je zwei 2016er-Rausschmeisser-Vorstellungen von „Ewig Jung“ (Schauspielhaus) oder „Manche mögens heiss“ (Opernhaus) einleitet. Davor und danach wird im Städtegrossraum glücklicherweise aber auch Kultur ohne Lachzwang geboten.

STAATSTHEATER NÜRNBERG

PREMIERE. Die Kino-Ikonen Elizabeth Taylor und Paul Newman haben  vor 60 Jahren Tennessee Williams‘ DIE KATZE AUF DEM HEISSEN BLECHDACH weltberühmt gemacht, doch geschrieben wurde das Stück fürs Theater – und dort führt es ein stabiles Eigenleben mit zwischendurch scheintoten Jahren und vielen Auferstehungen. Derzeit ist gerade wieder Comeback-Time für den US-Autor schwitzender Dialog-Psychologie, und das lockt den seit dem Jahr 2000 hier gastierenden österreichischen Ausnahme-Regisseur Georg Schmiedleitner, der in Nürnberg an die Oper verloren schien (siehe „Der Ring des Nibelungen“), mal wieder ins Schauspiel zurück. Josephine Köhler, die begabte Extrem-Akteurin des Ensembles, übernimmt mit dem im fliegenden Wechsel vom Shakespeare-
Projekt „Römische Trilogie“ umsteigenden Stefan Willi Wang die Hauptrollen der Zimmerschlacht. Michael Hochstrasser schwebt als Big Daddy wie ein Phantom mit gefährdeter Bodenhaftung über dem Familiendrama.
Premiere: 9. Dezember. Weitere Aufführungen 11., 13., 15., 17., 25., 30. Dezember und 8., 12., 18., 26. Januar im Schauspielhaus.

PREMIERE. Ursprünglich hatte Nürnbergs Ballettdirektor für das neuen Tanztheater-Doppel MONADE auch eine Uraufführung des prominenten Choreographen Mauro Bigonzetti eingeplant – aber der Spartenchef der Mailänder Scala war mit Krisenbewältigung beschäftigt (die mit seiner Amtsniederlegung endete) und somit zeitweise blockiert. Er lässt Nürnberg dennoch nicht im Stich und wird nun sein Stück ANTICHE DANZE, zum Antiqua-Sound des Ottorino Respighi für Sao Paolo entstanden, neu bearbeitet zu einer Zweitpremiere führen, die immerhin unter „Europäische Erstaufführung“ laufen kann. Goyo Montero selbst steuert wie geplant seine Novität bei, die erneut nach Erweiterung der stilistischen Form sucht. Zu Bach-Kantaten choreographiert er nicht nur seine Compagnie (die nach dem Wechsel von Vortänzer Max Zachrisson ans Basler Theater neue Profilierungsversuche brauchen könnte), sondern setzt auch den mitwirkenden Opern-Chor buchstäblich in Bewegung. Die „vollkommene Einheit“, die der Titel verspricht, bezieht sich auf die Verschmelzung von edler Alter Musik mit ambitioniertem Neuem Tanztheater. Könnte spannend werden.
Premiere: 10. Dezember. Weitere Aufführungen 13., 15., 19., 22., 26., 29. Dezember und 13., 15., 20., 26. Januar im Opernhaus.

PREMIERE. Wenn ein Autor von gerade mal 28 Jahren in seinem neuen Stücktitel SÄMTLICHE ERZÄHLUNGEN verspricht, kann er damit nicht das eigene Werk meinen. Der junge Jakob Nolte, der schon mit seinem rückwärts gewandten Dramolettchen „Helmut Kohl läuft durch Bonn“ etwas Aufsehen erregte, setzt auf Fabulierungskunst als Therapie. In seinem Krankenzimmer-Dialog werden zwei schwer getroffene Patienten, denen scheinbar nichts geblieben ist als die Fixierung aufs eigene Leiden, zur Fluchtgemeinschaft in die Fantasie. Ob die „Erzählungen“, mit denen sie sich gegenseitig übertreffen, wahr sind oder Ausweichmanöver vor der Realität, das bleibt zu fragen. Adeline Schebesch und Pius Maria Cüppers spielen das Schicksalspaar auf gedichteter Intensivstation. Regisseurin Alice Asper, unvergesslich durch ihre Inszenierung „Die Kopien“, kehrt für die Uraufführung in der BlueBox nach Nürnberg zurück.
Premiere: 15. Dezember. Weitere Aufführungen 17., 21., 30. Dezember und 12., 15. Januar in der BlueBox Schauspielhaus.

PREMIERE. Eine geheimnisvolle Gräfin, die mit der Autorität von Geld und Adel von ihrem Schloss aus über die Stadt herrscht, kämpft mit allen Mitteln gegen das Altern. Angeblich zapft sie von jungen Frauen die „ewige Jugend“, was der Volksmund mit dem schönen Begriff „Blutgräfin“ quittiert. Vampir-Grusel aus mittelalterlichen Zeiten, den die 33-jährige Autorin Nino Haratischwili (sie stammt aus Tiflis und hat in Deutschland schon reichlich Preise eingesammelt) mit ihrem bereits 16. Stück SCHÖNHEIT zu einer überzeitlichen Studie über Sehnsucht, Macht und Verleumdung verdichtet. Wenige Wochen nach der beifällig aufgenommenen Uraufführung am Staatstheater Oldenburg setzt Nürnberg mit dem zweiten Versuch nach: Petra Luisa Meyer, hier mit Inszenierungen wie „Die 39 Stufen“ und „Der nackte Wahnsinn“ als Fachfrau für Spaß & Spannkraft bewährt, führt Regie beim schwarzpoetischen Transfusions-Spuk. Nicola Lembach spielt die durstige Hauptrolle. Wohl bekomm‘s!
Premiere: 16. Dezember. Weitere Aufführungen 17., 21., 30. Dezember und 8., 26. Januar in den Kammerspielen.

PREMIERE. Eine Saison ohne Belcanto ist seit Beginn der Intendanz von Peter Theiler nahezu undenkbar. So folgt nun nach einer mehrfach wiederholten Matinee um Gioacchino Rossini eine der meistgespielten Opern des Klang- und Küchen-Fetischisten. Mit DIE ITALIENERIN IN ALGIER war er international auch zu Zeiten hoch angesehen, als ihn deutsche Musiktheatermacher und ihr Publikum anhaltend auf den „Barbier von Sevilla“ festklopften. Das hat sich inzwischen – nicht nur in Nürnberg, aber hier ganz besonders – geändert. Dazu die inszenierende Choreographin Laura Scozzi, die bei jedem Titel mit einer sehr persönlichen Comedy-Schablone hantiert – für Deutschland von Intendant Theiler entdeckt und immer wieder im Spielplan verankert. Sie hatte mit Rossinis „Die Reise nach Reims“ großen Erfolg, lenkt nun in einer bereits im französischen Lyon entstandenen Produktion die Italienerin durch Algier. Die neu engagierte Japanerin Ina Yoshikawa, sie übernahm inzwischen auch Rigolettos Gilda und die Gretel am Knusperhäuschen im Repertoire, spielt die im Sopran zwitschernde Hauptrolle.
Premiere: 21. Januar. Weitere Aufführungen 24., 28. Januar, dann wieder 1., 5., 12., 26. Februar im Opernhaus.

PREMIERENFRISCH. Die wahre Geschichte vom jungen Anwalt, der in Berlin den kurz vor der Machtergreifung stehenden Adolf Hitler zur Verantwortung vor Gericht zwang und wenig später Opfer der Massenverhaftungen wurde, ist denkwürdig. Zuerst wurde das in England im Film und im Theaterstück umgesetzt. Letzteres hat in der deutschen Fassung in Nürnberg unter dem Titel DER PROZESS DES HANS LITTEN eine besondere Besetzung: Schauspielerin Patricia Litten, die Enkelin, in der Hauptrolle der kämpferischen Mutter des Juristen. Eine leider etwas zaghafte Inszenierung von Jean-Claude Berutti, durch Story und Darstellerin dennoch bemerkenswert.
– Kolumnen-Attacke aus dem Giftpfeil-Köcher der treffsicheren Sibylle Berg. In der sprachflächigen Satire UND DANN KAM MIRNA trifft die Großstadtfrau um die 40 auf eine Zwischenbilanz ihres illusionsfreudigen Lebens. Die Inszenierung von Anne Bader holt statt der Front der echten Sorgenkinder eine automatisch mit den Wimpern klimpernde Riesenpuppe auf die Bühne und beschwört Showtime für Frauen-Power. Macht überwiegend Spaß!
– Drei Shakespeare-Dramen zum Preis von einem: John von Düffel, führender Second-Hand-Autor der deutschen Szene, bastelte im Auftrag des Nürnberger Staatstheaters aus drei gewaltigen Raritäten (Coriolan, Julius Cäsar, Antonius und Cleopatra) eine überschaubare RÖMISCHE TRILOGIE. Klaus Kusenberg inszenierte das in dreieinhalb Stunden Spieldauer mit kontrolliertem Pathos und Spektakel-Verzierung. „Verachtung – Verschwörung – Verführung“ steht über den drei Teilen, und wenn Stieg Larsson auch nur unfreiwilliger Pate ist, so bietet die abgespeckte Dreifaltigkeit etwas von Thriller-Spannung im gehobenen TV-Segment. Sandalen gibt es nicht, doch für Cleopatra plätschert der Pool fast wie in Hollywood und alle nippen ständig an einem Drink voller „Wolfsmilch der Macht“.
Termine: „Der Prozess des Hans Litten“ (2., 4., 29. Dezember, dann wieder ab 1. Februar), „Römische Trilogie“ (3., 28. Dezember und 7., 14., 21. 28., 31. Januar), „Und dann kam Mirna“ (2., 3. Dezember und 7. Januar).

SHOW-SPIEL. Beide Stücke locken zu Silvester mit je zwei Vorstellungen – und auch danach stehen sie allzeit bereit, um im Spielplan die Platzausnutzungsquoten hoch zu halten. Mit dieser gemeinsamen Aufgabe endet der Vergleich, denn das nostalgische Musical SUGAR im Opernhaus (Ursprung: Kino und Broadway) und die parodistische Seniorensause EWIG JUNG im Schauspielhaus (Ursprung: Hamburgs Thalia-Bühne und Berliner Renaissancetheater) repräsentieren zwei sehr unterschiedliche Arten von Entertainment. Der Untertitel MANCHE MÖGENS HEISS, der sich auf die Drehbuchvorlage von Billy Wilders himmlischer Filmklamotte für die Bühnenkomödie von Jule Styne bezieht, ist zur Absicherung gleichberechtigt neben „Sugar“ gerückt worden. Vielleicht auch, weil man nicht zu eindeutig auf Marilyn Monroe verweisen will. In der Nürnberger Inszenierung sind Regie und Hauptrolle (Thomas Enzinger, Sophie Berner) genau wie  zuletzt in „Kiss me, Kate“ von Cole Porter.
Termine: „Sugar“ (3., 20., 23., 27., zweimal am 31.12. sowie am 8., 22., 23., 27., 29.1. im Opernhaus) – „Ewig jung“ (12., 18., 22., zweimal am 31.12. sowie am 17., 23.1. im Schauspielhaus).

DAUERLÄUFER. Aufstieg ins große Haus für Ferdinand von Schirachs Mitbestimmungs-Justiz. Nach der Diskussion um die Verfilmung ist das Gerichtsdrama TERROR noch gefragter, also hat Frank Behnke als Regisseur der Nürnberger Fassung die Transplantation von den kleinen Kammerspielen in den dreifach so großen Rahmen des Schauspielhauses zur wundersamen Schöffenvermehrung persönlich vorgenommen.
– Der Jux ist nicht mehr lange im Angebot, wer noch wissen will, wohin DER NACKTE WAHNSINN führt, sollte jetzt zugreifen.
– Die Altmeister im Spielplan, seit mehreren Jahren die Garantie ausverkaufter Vorstellungen, sind auch wieder da, das süffige Hör- und Schauspiel WINNETOU in Karl Mays Pendelverkehr zwischen Sachsen und den ewigen Jagdgründen, der frei nach dem frühen Hitchcock schwarzweiß wirbelnde Nervenkitzel-Design DIE 39 STUFEN und natürlich der legitime Erbe der „Schweig, Bub“-Legende, die Familienfestsatire LAMETTA von Fitzgerald Kusz mit Stuben-Anarchie am Tannenbaum.
Termine: „Lametta“ (19., 23. Dezember), „Der nackte Wahnsinn“ (26. Dezember, 10.Januar), „Terror“ (16. Dezember, dann wieder 14. Februar) jeweils im Schauspielhaus. - „Winnetou“ (1., 20. Dezember), „Die 39 Stufen“ (10., 27. Dezember) jeweils in den Kammerspielen.

LETZTER AUFRUF. Die Opernhäuser von Lübeck und Göteborg warten schon auf Modest Mussorgskis BORIS GODUNOW in der grell in die russische Gegenwart blendenden Inszenierung von Peter Konwitschny. In Nürnberg war die umstrittene Aufführung ein umjubelter Premierenerfolg, der sich im laufenden Spielplan dann allerdings nicht wirklich durchsetzte. Nun also mit der neunten Vorstellung bereits die letzte. So schnell wird man das Werk in Nürnberg nicht mehr sehen. Was für BENVENUTO CELLINI von Hector Berlioz noch mehr gilt. Die Produktion von 2009, die zur kleinen Ehrenrunde wiederkehrte, verabschiedet sich endgültig. Humperdincks HÄNSEL UND GRETEL hingegen gehört wie Lebkuchen und Krippenspiel zur Weihnachtszeit, auch wenn das Hexenhäuschen nur ein bettgestützter Albtraum ist. Jetzt eine weitere Serie mit dem wagnerianisch wabernden Orchester rund ums Männlein im Walde, nächstes Jahr zur gleichen Zeit vermutlich die nächste.
Termine: „Hänsel und Gretel“ (4., 8., 11., 16., 18., 21., 25., 28., 30. Dezember und 14. Januar). – „Boris Godunow“ (17. Dezember) – „Benvenuto Cellini“ (2., 14. Dezember, 7. Januar) im Opernhaus.

STAATSTHEATER NÜRNBERG
Richard-Wagner-Platz 2-10, Nürnberg
staatstheater-nuernberg.de


GOSTNER HOFTHEATER

PREMIERE. Ob man das Lebensgefühl von  Berlin-Mitte und Prenzlauer Berg so ohne weiteres nach Franken in die „Provinz“ verpflanzen kann? In dieser Saison versuchen das gleich zwei Bühnen der Region. Ehe Marius von Mayenburgs STÜCK PLASTIK, als zündende Zeitgeistkomödie mit der Spannweite von Botho Strauß bis Luis de Funés von ihm selbst 2015 spektakulär komisch an der Schaubühne uraufgeführt, im Erlanger Markgrafentheater ausprobiert wird, wagt das Gostner Hoftheater eine Version auf kleiner Szene. Eine Familie auf  Burnout-Kurs, umschwirrt vom pubertären Sohn, einem nervenden Konzeptkünstler und der über allen Niederungen schwebenden Haushaltshilfe. Stephan Thiel inszeniert den wie geschmiert laufenden Lustspieltext mit Falltüren im Ensemble-Tableau von fünf Personen.
Premiere: 17. Januar. Weitere Termine 18., 19., 20., 21., 25., 26., 27., 28. Januar im Gostner Hoftheater.

GOSTNER HOFTHEATER
Austr. 70, Nürnberg
gostner.de


TAFELHALLE

PREMIERE. In eine Arienwelt voller Emotionen, immer umstellt von brodelnden Trauer- und Rachegefühlen, führt der schottische Tänzer Malcolm Sutherland (bis 2015 in der Opernhaus-Compagnie von Goyo Montero) mit seiner Choreographie VIVALDI VERSES. Seine vier Solisten locken den Zuschauer in ein barockes Ambiente, das zum Treibhaus für Leidenschaften wird. Und Antonio Vivaldi vom Ruf befreit, sich nur den „Jahreszeiten“ gewidmet zu haben.
Premiere: 1. Dezember, weitere Aufführungen 2., 3., 4. Dezember in der Tafelhalle.

PREMIERENFRISCH. Ein Höllentrank treibt Kasper in den Hexenwald und seinen ganzen Anhang (also Gretel, Großmutter, Seppel und dergleichen) in die Sinnkrise. Bis ihnen klar wird, dass man sich im Leben entscheiden muss „zwischen Langeweile und Leiden“. Der Autor Marc Becker holt KASPER IN TEUFELS KÜCHE und Thalias Kompagnons mit Tristan Vogt (Spiel) und Joachim Torbahn (Regie, Ausstattung) setzen die Tour, die laut Untertitel auch DAS GEHEIMNIS DER SCHLECHTEN LAUNE enthüllt, um. Kein Kinderspiel, dieser philosophische Exkurs ins Abgründige: Ist das Kaspertheater noch zu retten und wie steht es um die Zukunft von Großmutters Pfannkuchen? Fragen über Fragen, Antworten sind garantiert Tri-Tra-Trullala. Nach dem fabelhaften „Macbeth für Anfänger“ ein neues Spektakel-Beben direkt am Fundament der Kompagnons. Dazu der Querverweis: ZAUBERFLÖTE – EINE PRÜFUNG – der internationale Erfolg von Thalias Kompagnons mit Puppen, Video, Orchester und Countertenor – kommt für eine Vorstellung wieder.
Termine. „Kasper in Teufels Küche“ am 9., 13., 21., 22. Dezember, „Zauberflöte – eine Prüfung“ am 8. Januar in der Tafelhalle.

GASTSPIEL. Wer bei SACRE PRINTEMPS an Igor Strawinskys einst als wüst empfundene und dann zur Inspiration für viele grandiose Tanz-
stücke gewordene Komposition denkt, muss umschalten. Die Compagnie der tunesisch-französischen Choreographen Hafiz Dhaou und Aicha M‘Barek bleibt zwar auf der Suche nach dem Frühlingsopfer, aber es ist der vielzitierte und fast schon vergessene „Arabische Frühling“, den sie mit vitalem Tanz beschwören. Eine internationale Koproduktion, die sieben Solisten wie ein mobiles Testlabor auf die Reise durch Europa schickt, werbend für den Traum einer Gesellschaft in Aufbruchstimmung.
Termine: 17., 18. Dezember in der Tafelhalle.

PREMIERE. Einst war Eugène Ionesco ein führender Vertreter des absurden Theaters, der mit Stücken wie „Die kahle Sängerin“ und „Die Unterrichtsstunde“ alles in großem Wurf vorwegnahm, was heutige Nonsens-Giganten allenfalls in kleinen Portionen reichen. Er ist (hoffentlich nicht für immer) von den Schauspielplanungen verschwunden, selbst mit dem um 1960 so erfolgreichen Titel „Die Nashörner“. Genau diese Parabel von der Menschenmasse, die sich wie eine Herde in Richtung jeweils trendiger Verheißungen bewegt, hat Sebastian Eilers für das neue SETANZ-Projekt FREI UND WILD genommen. Neben vier tanzenden Figuren wird der Auftritt einer Deutschrock-Band und etlicher Groupies versprochen.
PREMIERE. 11. Januar, weitere Aufführungen am 12., 13., 18., 19. Januar in der Tafelhalle.

TAFELHALLE
Äußere Sulzbacher Str. 62, Nürnberg
tafelhalle.de


THEATER SALZ & PFEFFER

COMEBACK. Sein riesiges Geweih ist ihm sowieso lästig, aber die abgebrochene Schaufel macht ihn auch noch zum Gespött: OLAF, DER ELCH ist für Christmas-Einsätze schon rein äußerlich untauglich. Trost findet er bei einem ähnlich schrulligen Freund, dem einäugigen Weihnachtsmann. Ramponierte Einzelgänger im Duo-Einsatz. Eine der schönsten Aufführungen von Wally und Paul Schmidt, sehenswert auch durch originelle Umschnall-Kostümierung, ist wieder da. Und danach steigen beide Akteure in ihrem Stammhaus am Plärrer um in die very britische Lebensart, großkariert und nervenaufreibend. Agatha Christies Evergreen DIE MAUSEFALLE schnappt im kombinierten Menschlein- und Figurentheater-Format mit echter Teegesellschaftsstimmung erneut zu.
Termine: „Olaf, der Elch“ am 9. Dezember, „Die Mausefalle“ am 13. und 14. Januar.

DAUERLAUF. Der wahnsinnige Arzt, der im Labor sein eigenes Geschöpf bastelt, lässt den missglückten Schöpfungsakt als Model-Monster auf die Welt los. FRANKENSTEIN, aus Roman und Kino in so manchen Albtraum geschlüpft, kann auch im Puppenspiel das Blut in den Adern gefrieren lassen. Oder so ähnlich. Zum schaudernd streichenden Cello-Klang von Nico Nesyba bleibt das „Salz & Pfeffer“-Duo seit Juni auf dem Schleichweg durch die Geisterbahn.
Termine: 28., 29., 30., 31. Dezember.

GASTSPIEL. Ganz so heroisch wie bei Schiller geht es nicht zu, wenn dieser DON CARLOS, DER INFANTERIST VON SPANIEN das Jahrhundert in die Schranken weist. Das Göttinger Gigganz-Figurentheater verspricht für die „ach so schweren Probleme am Hof von Spanien“ ein adäquates Abbild aus Holz und Pappe mit Klamauk, Mord und Totschlag und weist im Untertitel fokussierend darauf hin, worum es geht: DAS KOMMT DAVON, WENN MAN SEINE STIEFMUTTER LIEBT. Daraus ergibt sich 110 Minuten Klassiker-Zerkleinerung, dass einem die Augen tränen vor Lachen.
Termin: 6. Januar im Theater Salz und Pfeffer.

THEATER SALZ+PFEFFER
Frauentorgraben 73, Nbg
salzundpfeffer-theater.de


THEATER PFÜTZE

COMEBACK. Dieser Walfisch, den man beispielsweise umgekippt auch als Schiff einsetzen kann, hatte schon viele Anlegestellen in Nürnberg. Für Andreas Wagners multifunktionalen Holz-Bühnenbau im Zentrum der originellen „Pfütze“-Dramatisierung von Hermann Melvilles MOBY DICK gab es schon 2005 den AZ-Stern des Jahres und knapp drei Jahre später den Preis der Bayerischen Theatertage.
Die Hochseejagd für drei artistische Darsteller mit der Musik von Martin Zels wurde nicht nur im alten Pfütze-Quartier, sondern beispielsweise auch als Sommertheater in der Desi gespielt. Jede Wette, es ist zwölf Jahre nach der Premiere wieder ein großer Abenteuer-Spaß für jede Generation.
Termine: 14., 15., 20., 21., 22. Januar im Theater Pfütze.

THEATER PFÜTZE
Äußerer Laufer Platz 22, Nbg
theater-pfuetze.de


STADTTHEATER FÜRTH

PREMIERE. Sprechendes Kaninchen, Grinsekatze, verrückter Hutmacher und Herzkönigspaar – klarer Fall von ALICE IM WUNDERLAND. Ein Schauspiel mit Musik frei nach Lewis Carrolls vielfach verarbeitetem Buch für den anspruchsvoll verrückten Märchenfreund will das Fürther KULT-Ensemble ausdrücklich für Kinder und Erwachsene spielen – gerne auch im Familienverbund willkommen. Thomas Stang, der mit den Schauspielern im Vorjahr unter allgemeinem Beifall schon Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ für den Anlauf zum Gabentisch inszenierte, sollte nun wohl noch zulegen beim Einsatz magischer Kräfte. Es muss ja nicht unbedingt um den Vergleich mit Tim Burton und Johnny Depp gehen.
Premiere: 11. Dezember. Weitere Aufführungen im Freiverkauf
17., 18., 25., 26. Dezember im Stadttheater Fürth.

PREMIERE. Es könnte als Beitrag zum letzten Jubelfest für Martin Luther gewesen sein, da bestellte sich das Nürnberger Schauspiel bei Kabarettist Helmut Ruge den Text zu einer großen kritischen Revue über den Leitprotestanten und seine Rezeption, die bei der Uraufführung den überraschenden Titel „Der Stadtluther“ bekam. Da wurde im parodistischen TV-Quiz mit zweideutigen Absichten die bibelfeste Variante zum „Stadtschreiber“ gesucht. Am Fürther Theater, wo die Musical-Revue eine besondere Pflegestätte gefunden hat, gibt es zum 500. Reformations-Jubiläum das schon im Titel eindeutige Auftragswerk LUTHER – REBELL GOTTES. Was nach „Jesus Christ Superstar“ und dem immerhin in Polen erfolgreichen Papst-Musical um Karol Wojtyla vermutlich recht und billig ist. Es wird ein Historienspiel rund um das Jahr 1530, als Martin Luther, vor ein geheimes Tribunal gezerrt, um seine Lehre und sein Leben kämpfen musste. Nina Schneider schrieb  (nach Dinner-Shows für Alfred Schuhbeck und der deutschen Übersetzung von Mel Brooks‘ „Producers“) die Vorlage für den Münchner Komponisten Christian Auer (er schuf u.a. schon den Sound für ein „Cyrano“-Musical und machte gar den „Brandner Kasper“ zur Oper), der auch die musikalische Leitung der Uraufführung persönlich übernimmt. Thomas Borchert (Titelrolle) kommt direkt vom „Tanz der Vampire“ nach Polanski ins große Fürther Spezialisten-Ensemble. Regisseur Werner Bauer hatte sich vor der Beschäftigung mit dem Reformator etwas weniger fromm bei Schweizer Seefestspielen mit „Manche mögen‘s heiß“ befasst.
Premiere: 13. Januar. Weitere Aufführungen 14., 15., 17., 18., 21., 22. Januar im Stadttheater Fürth.

COMEBACK. Totgesungene leben länger, könnte man in Abwandlung einer Volksweisheit über diesen schon vielfach gepriesenen Abend musiktheatralischer Lyrik-Bagatellen auf Basis schwarzhumoriger Gefühlswallungen und erotischer Randbemerkungen sagen. WENN ICK MAL TOT BIN ist tatsächlich mehr als schimmernde Chanson-Bestrahlung, denn Jutta Czurda und ihr gerne mal mitsingender Pianist Heinrich J. Hartl bauen aus vielen Liedern ein Mosaik von Miniaturen, das alle Bühnenstimmungen vom Klamauk bis zum Drama umschwirrt. Nach längerer Pause kehrt das Erfolgsduo zu nächtlicher Stunde (22 Uhr, das ist in Fürth die pure Frivolität!) zurück in die Höhen des obersten Stadttheater-Foyers.
Comeback: 27. Januar. Weitere Vorstellungen 28. Januar, 24. Februar im Nachtschwärmer-Foyer.

STADTTHEATER FÜRTH
Königstr. 116, Fürth
stadttheater.fuerth.de


KULTURFORUM FÜRTH

PREMIERE. Ein Solo für Caligula. Sebastian König, der kürzlich hier den Schreckensmann im Camus-Stück spielte, stellt sich mutig dem nächsten Anti-Helden. Im Monolog JUDAS von Lot Vekemans wird dem Apostel, der als Prototyp des Verräters in die Welt- und Religionsgeschichte einging, das Wort zur Rechtfertigung erteilt. Er erzählt über seine Herkunft, seine Berufung, sein Schicksal und durchbricht damit den Panzer an Verurteilungen, der diese Legende eisern umschließt. 2012 war das ein Theaterereignis an den Münchner Kammerspielen (als Gastspiel auch bei  den Bayerischen Theatertagen in Nürnberg gefeiert), inzwischen reizt es immer wieder zur Neuinterpretation. Werner Müller führt Regie im unkonventionellen Spielraum des Kulturforum-Saales.
Premiere: 1. Dezember. Weitere Aufführungen 2., 3., 8., 9., 10. Dezember im Kulturforum.

PREMIERE. Kaum ein anderer Titel des ehedem modernen, inzwischen zur Klassik aufgerückten Theaters im 20. Jahrhundert beschäftigt Jung und Alt bis heute so wie Samuel Becketts unauflösbares Rätselspiel WARTEN AUF GODOT. Größte Schauspieler nehmen es immer wieder als Herausforderung an, aber der Anspruch des deutungsverweigernden Autors auf strikte Naivität schwebt weiter über den wahlweise komödiantisch oder esoterisch akzentuierenden Interpreten. In Fürth greift nun in Koproduktion mit dem Stadttheater das Baggasch-Ensemble von Ute und Uwe Weiherer aus der Außenseiterposition nach der poetischen Warteschleife. Godot wird wohl wieder nicht kommen, aber vielleicht findet das Team, das sich mit seinen Alternativ-Prunksitzungen nicht mal vor dem fränkischen Fasching fürchtet, den begehrten „anderen“ Zugang zwischen den stabilen Rest-Säulen des alten Schlachthofs.
Premiere: 20. Januar. Weitere Aufführungen 21., 22., 27., 28., 29. Januar im Kulturforum.

KULTURFORUM FÜRTH
Würzburger Str. 2, Fürth
kulturforum.fuerth.de


THEATER ERLANGEN

PREMIERE. In Nürnberg rennt das Publikum gerade mit Vergnügen in Sibylle Bergs aktuellsten Giftspritzen-Cocktail „Und dann kam Mirna“ (siehe Kammerspiele), da legt das Erlanger Theater mit der zuvor entstandenen Horrorvision als Zeitdiagnose unter dem Titel VIEL GUT ESSEN nach. Ein krachend gescheiterter Ehemann, der sich zur besseren Schuldverteilung als Verlierer fühlen darf, bekocht die entgleitende Familie mit einem Versöhnungsmenü und holt – während er mit den Töpfen klappert - beiläufig aus zur großen Lästerstunde über alles, was auch Pegida-Fans derzeit im Rudel erregt. Die Autorin hat es schon vor drei Jahren geahnt. Laut Kritikereinschätzung „ein gekonnt widerwärtiger Blick in die mentalen Abgründe eines Menschen, der in gewählten Worten nachplappert, was im nationalen Denkdunst gärt“. Katrin Lindner inszeniert das kleine Stück für eine großen Klappe in Theater-Café und Garage.
Premiere: 3.Dezember, weitere Aufführungen 4., 21., 22. Dezember.

PREMIERE. Auf die Terroranschläge in Paris, dieses explodierende Symptom gesellschaftlicher Verwerfungen, hat Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek mit WUT reagiert. Der knapp präzise Titel des dabei entstandenen Sprachoratoriums, das in bohrenden Formulierungen die ganze Weltgeschichte in den Zeugenstand für Aussagen zur Gegenwart zwingt, spiegelt die Stimmungslage der Autorin, aber auch die Hilflosigkeit aller Betroffenen. Die Inszenierung von Paul-Georg Dittrich führt das Erlanger Ensemble erstmals auf eine der von Formulierungskunst vereisten, rutschgefährdeten Textflächen, die den Schauspielern neben der charakterlichen auch komödiantische Standfestigkeit abverlangen. In Nürnberg gab es schon in zwei Projekten gute Erfahrungen damit.
Premiere: 20. Januar im Markgrafentheater.

THEATER ERLANGEN
Theaterplatz 2, Erlangen
theater-erlangen.de


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FÜR CURT: DIETER STOLL

Theaterkritiker und langjähriger Ressortleiter „Kultur“ bei der AZ.
Als Dieter Stoll nach 35 Jahren als Kulturressortleiter der Abendzeitung und Theaterkritiker für alle Sparten in den Ruhestand ging, gab es die AZ noch. Seither schreibt er weiterhin, zum Beispiel überregional für Die Deutsche Bühne und ddb-online (Sitz Köln) sowie für nachtkritik.de (Sitz Berlin). Außerdem veröffentlicht er monatlich im Straßenkreuzer seinen Theatertipp. Aber am meisten dürfen wir uns über ihn freuen. DANKE!




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