Fahrradstadt Nürnberg: Es gibt einiges zu tun

MITTWOCH, 28. APRIL 2021, NüRNBERG

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26.000 Menschen. Das sind immerhin fast 5 Prozent der Nürnberger Stadtgesellschaft, die im vergangenen Jahr den Radentscheid unterschrieben haben. Und damit die glasklare Forderung an die Stadtpolitik unterstützten: Tut endlich etwas, damit Radfahren in dieser Stadt weniger unangenehm und gefährlich wird! Aber was sind überhaupt die Probleme, wo hakt die Kette? curt sprach mit Expert*innen. 

Das Thema Radentscheid hat die Diskussion in den vergangenen Monaten bestimmt. Auch, da die Initiatoren*innen rund um ADFC, VCD, Bluepingu usw. so konkrete wie einleuchtende Forderungen vorbrachten: Lückenschlüsse im Radwegenetz, 1.000 neue Fahrradabstellplätze pro Jahr, hochwertige Radwege an Hauptverkehrsstraßen, Altstadtring bis 2026, usw. Das wollen wir: yes, yes, yes.
Oberste Priorität hat aus Sicht von VCD und ADFC: Dass das Radwegenetz irgendwann einmal ein durchgehendes ist. Jede*r, der*die im Stadtgebiet mit dem Rad unterwegs ist, kennt die Streifen, die plötzlich enden und einen in die gnadenlose Konkurrenz mit den Autos entlassen. „Diese Lücken und im Nirvana endende Radwege sind ein No-Go“, sagt Nicola Mögel, stellvertretende Kreisvorsitzende des ADFC. „Nur wer gute Radwege sät, erntet zukunftsfähigen Radverkehr.“

Im Januar einigte sich der Stadtrat mit den Nürnberger Radentscheid-Initiator*innen auf den „Masterplan nachhaltige Mobilität“. Wesentliche Punkte des Radentscheids finden sich dort wieder: Breitere Fahrradwege, Lückenschlüsse, die Abstellplätze, an Knotenpunkten auch überdacht. Das ganze Paket soll aber nicht nur den Radlern, sondern auch Fußgängern und dem ÖPNV nutzen, zum Beispiel mit schnellerer Taktung der Busse und Bahnen und barrierefreien Haltestellen. Ziel ist es, den Autoverkehr von 39 auf 32 Prozent zu senken. Das alles und noch viel mehr bis 2030. Einen vollständigen Radweg entlang des Altstadtrings schon bis 2026. Inhaltlich mit Sicherheit ein großer Erfolg für den Radentscheid und seine Unterstützer*innen. Sie begrüßen das Konzept und wollen in die weiteren Planungen unbedingt eingebunden werden. Aber: „Es dauert alles zu lange“, so ADFC-Vorsitzender Markus Stipp. Bekenntnisse zum Ausbau der Radwege gäbe es bereits seit 1979, einen Radwegenetzplan seit 2007, jetzt stehe das Versprechen eines Ausbaus bis 2030. Stipp: „Eine Erstklässlerin erlebt in ihrer gesamten Schulzeit möglicherweise keine Verbesserung auf ihrem Schulweg.“

Besonders gefährlich finden die Expert*innen momentan beispielsweise Stellen, an denen die Rothenburger Straße mit der Von-der-Tann-Straße oder dem Frankenschnellweg kreuzt. Viele Radler*innen vermeiden es, Nürnberg von Süden nach Norden zu durchkreuzen. Mögel und Stipp sind trotz der vielen Ärgernisse optimistisch: Es wird besser werden. Und es ist ja auch nicht alles schlecht momentan. Entlang der Münchener Straße, die von der Südstadt am Dutzendteich vorbei bis Langwasser führt, sei z.B. ein neuer Radweg entstanden, der Freude macht.
Im Juli 2020 verteidigte Nürnberg gar als erste Stadt den Titel „Fahrradfreundliche Kommune“, der von der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen vergeben wird. Das verwunderte manche*n, der/die schon mal in Nürnberg auf einem Fahrrad gesessen hat. Die Kommission lobte aber z.B. die rot eingefärbten Radwege und die Anschaffung von Fahrradständern. Und bemängelte das Übliche – die Lücken im Netz, ach, diese schrecklichen Lücken. Der ADFC, der an der Vergabe beteiligt war, bemühte sich danach, ganz schnell zu betonen: Dieser Titel ist unbedingt als Aufgabe zu verstehen!

Momentan finden die Bürger*innen ihre Stadt nämlich noch nicht so optimal. Das zeigen auch die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatests, die im März veröffentlicht wurden. Nürnberg erhielt darin die Gesamtnote 4,15 – eine minimale Verbesserung zum Ergebnis vor zwei Jahren: 4,2. Zum Vergleich: Erlangen kann sich mit der Note 3,29 ab sofort zweit-fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands ihrer Größenkategorie (bis 200.000 Einwohner) nennen. Schaut man sich die Ergebnisse genauer an, erfährt man ziemlich präzise, was die Radler*innen nervt: in Sachen Falschparkerkontrolle ist Nürnberg Schlusslicht (5,4) unter den 191 Städten mit mehr als 500.000 Einwohner*innen. Auch die derzeitige Breite der Fahrradwege, die Führung an Baustellen und die Ampelschaltungen wurden mit mangelhaft bewertet: 5,1 bzw 5,0. Fein hingegen (2,3) finden die Befragten die öffentlichen Fahrräder. Die VAG-Räder sind eine Empfehlung.

Ob mit dem öffentlichen oder dem eigenen Bike: Dass dem Radfahren die Zukunft gehört, ist eh allen klar. Es geht schnell, man ist an der frischen Luft, schont das Klima und schaut nicht so blöd aus wie auf dem E-Roller. Mit Hilfe geteilter Lastenräder wird das Auto noch öfter ganz und gar überflüssig gemacht. Klar, auch wir sind manchmal faul und sehnen uns nach dem bequemen Fahrersitz. Dann wenden wir uns vertrauensvoll an Nicola Mögel: Warum nochmal genau soll ich aufs Rad steigen, Frau Mögel? „Weil Radfahren Spaß macht“, sagt sie dann, „anders als die nervige Parkplatzsuche sogar fit hält und anders als das Stopp-and-Go auf verstopften Straßen freie Fahrt verspricht.“

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Der curt steigt aufs Rad, denn er findet das Thema wichtig. Watch out for the big Bike-Special in curt your locals 06/07

Termine
ADFC, VCD, Bluepingu und Fridays for Future rufen zur Ringdemo auf: 13.05., 11 Uhr, Volksfestplatz.
Critical Mass Nürnberg: letzter Freitag im Monat, 18 Uhr, Opernhaus
CM Fürth: dritter Freitag im Monat, 18 Uhr, Paradiesbrunnen
CM Erlangen: erster Mittwoch im Monat, 19 Uhr, Schlossplatz

(in kritischen Pandemielagen raten wir von einer Teilnahme natürlich ab, sofern die CM überhaupt stattfindet.)

www.criticalmass.de

PS:


Die Stadt Nürnberg ruft zur BürgerInnenbeteiligung auf. In Gostenhof und in der Rosenau sollen neue Fahrradständer platziert werden. Die Standortvorschläge der Verwaltung könnt ihr HIER bewerten und kommentieren.




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