Filmhaus: Auf der ganzen Welt ist der Teufel los

15. OKTOBER 2025 - 22. OKTOBER 2025, FILMHAUS

#Filme, #Filmfestival, #Filmfestival der Menschenrechte, #Filmhaus, #Kino

Dass Menschenrechte ein brandaktuelles Thema sind, ist angesichts der aktuellen Weltlage eine glatte Untertreibung. Auch das Kino hat alle Hände voll zu tun, zumindest die wichtigsten globalen Brandherde im Blick zu behalten. Wie es sich dieser Herausforderung immer wieder neu und immer wieder anders stellt, kann man diesen Oktober in Nbg erleben. Das Filmhaus ist schon seit vielen Jahren Hauptspielstädte des Internationalen Nürnberger Filmfestivals der Menschenrechte –  NIHRFF, dessen neue Ausgabe dieses Jahr vom 15. bis 22. Oktober stattfindet.

Auf dem Programm stehen über 40 Filme aus aller Welt, die sich einerseits mit Themen wie Rassismus, Klimakrise, dem Israel-Palästina-Konflikt und den Nachwirkungen des Kolonialismus auseinandersetzen; und die andererseits auch filmästhetische neue Wege beschreiten – denn eine sich mit atemberaubender Geschwindigkeit veränderte Welt stellt die tradierten Bilder und Töne des Kinos vor immer neue Herausforderungen. So selbstbewusst und gleichzeitig sensibel wie in Farida Baqis weibliche Lebenswelten im arabischen Raum erkundender Filmessay The Visual Feminist Manifesto beispielsweise hat das Kino das Patriarchat bisher noch nie herausgefordert. Genausowenig wie es uns noch nie derart intime Einblicke in die – von der Machtübernahme der Taliban massiv erschütterte – Lebenswelt einer afghanischen Familie ermöglicht hat, wie sie uns Najiba Nooris herzzerreißender Dokumentarfilm Writing Hawa gewährt. Wie stets werden zahlreiche Filmemacher:innen als Gäste in Nürnberg erwartet. Nach langen Festivaltagen laden in der Festivallounge direkt im Filmhaus vielfältige musikalische Acts zur Entspannung und Entladung ein.
 



Ein ungewöhnliches Projekt zwischen Musik, Theater und Kino präsentiert der Film Songs for Joy, den das Filmhaus ab Mittwoch, den 29.10., zum Bundesstart zeigt. Ausgangspunkt war ein Aufruf, den die Musiker Carsten Meyer aka Erobique und Jacques Palminger 2024 an die Einwohner im Hamburger Arbeiterviertel Veddel richteten: Alle, die wollten, konnten den beiden selbstgeschriebene Texte zusenden, die im Anschluss von einer ganzen Gruppe von Musikern auf eigenwillige Art vertont wurden – von lässigem Electropop bis tränenseeligem Schlager sind alle denkbaren Genres und Stimmungen vertreten. Mit den so entstandenen „Songs for Joy“ waren Erobique und Palminger bereits im Hamburger Schauspielhaus zu Gast; und jetzt widmet ihnen der Regisseur Jan Becker einen gleichermaßen unkonventionellen Dokumentarfilm. Songs for Joy feiert das fantasievoll Handgemachte, anarchisch-verspielte Improvisation geht hier unbedingt vor fadem, totproduziertem Professionalismus.

Die Hände über der Stadt heißt einer der bekanntesten Filme des italienischen Meisterregisseurs Francesco Rosi, dem das Filmhaus im November eine Retrospektive widmet. Das Thema des Films ist heute so aktuell wie im Erscheinungsjahr 1963: die Abgründe städtischer Baupolitik. In diesem Fall geht es um den Einsturz eines neapolitanischen Mietshauses, an dem vermutlich der Immobilienspekulant Eduardo Nottola Schuld trägt. Unter den Trümmern liegen mehrere Leichen von Bewohnern begraben – längst nicht die einzigen Opfer eines in seinen Grundfesten maroden Systems. Die Ermittlungen weiten sich zu einem geradezu apokalyptischen Panorama der politischen Korruption, die nicht nur die politische Sphäre Neapels fest im Griff hat; sondern auch einen neuen, zynischen Menschentyp hervorbringt, dem die Fähigkeit zur zwischenmenschlichen Empathie gründlich abhanden gekommen ist.
 


Von den späten 1950ern bis in die 1990er erstreckt sich Rosis Werk, und es entwirft dabei die  ebenso engagierte wie ungeschönte Chronik eines Landes, das zunächst, in der Nachkriegszeit, noch von bitterer Armut gekennzeichnet war und dessen anschließender Aufstieg zu einer modernen Industrienation nicht zu trennen ist von einer blutigen Schattengeschichte des organisierten Verbrechens. Einmal verschlägt es den stets neugierigen Rosi auch nach Deutschland: In Auf St. Pauli ist der Teufel los (1959) widmet er sich italienischen Arbeitsmigranten, die den Verlockungen des Wirtschaftswunderlandes nördlich der Alpen gefolgt sind – und jetzt, in windschiefen Baracken hausend, alle Mühe haben, nicht unter die Räder zu kommen. Ganz nebenbei hat Rosi so auch ein frühes Dokument des Einwanderungslands Deutschland gedreht, getragen von der enthusiastischen Spielfreude seiner Darsteller.

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Filmhaus Nürnberg
Nuremberg International Human Rights Film Festival: 15.10.–22.10.
Schwerpunkt Francesco Rosi: ab November
Songs for Joy: Ab 29.10. ACHTUNG! CURT VERGIBT 2x2 TICKETS FÜR DEN FILMSTART VIA CURT.DE UND INSTA.
Künstlerhaus, Nbg. www.filmhaus-nuernberg.de




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