Stephen Colbert ist abgesetzt und Jimmy Kimmel fast. In den USA vergeht einem das Lachen. In diesem Bewusstsein sollten wir uns darüber freuen, dass der Kabarettzirkus hierzulande (noch) auf Hochtouren läuft. Lasst uns das live genießen und hoffen, jener Kelch wird an uns vorüberziehen. Eine kleine aber feine Auswahl für den Jahresübergang. 

Kerim Pamuk – Kiffen, Kaffee & Kajal  
13.12./ Burgtheater Nürnberg
Kerim Pamuk kam 1970 in der Türkei zur Welt und verbrachte dort die ersten neun Lebensjahre. Dann zog er zu seinen Eltern nach Hamburg, erlernte die deutsche Sprache in zwei Jahren und studierte Germanistik, Orientalistik und Turkologie. Nicht schlecht. Sein Programm, das den gleiche Namen trägt wie sein Buch, behandelt die Globalisierung. Aber nicht nur die aktuelle, die ja dem Ende entgegen schliddert, sondern auch jene, die schon vor 1500 Jahren passierte, und zeigt dabei auf, wie sehr wir hier im Westen vom Orient geprägt sind, ohne es so richtig zu wissen. 
Sein Stil ist besonders, er dekonstruiert Mythen und zeigt uns die westliche Arroganz auf, aber ohne erhobenen Zeigefinger. 

Mathias Tretter  – Nachgetrettert – Der satirische Jahresrückblick
04.01. / Theater Fifty Fifty Erlangen
Ich betreue diese Kolumne seit über einem Jahrzehnt und es gibt nur wenige Künstler:innen, die mich genauso lange begleiten. Mathias Tretter ist auf jeden Fall einer davon. Er hat so ziemlich jeden Kabarett- und Kleinkunstpreis gewonnen, hat immer noch die gleiche Frisur und ist inhaltlich stabil wie eh und je. 
"Nachgetrettert" heißt sein Jahresrückblick, und das passt. Tretter geht schon dahin, wo’s weh tut. Er legt den Finger auch noch ins Eitrige und kann sich wie ein Terrier verbeißen. Er nimmt 2025 sauber auseinander und sollte euch was, bei all den Ereignissen, durchgerutscht sein – kein Problem. Der Mathias erinnert euch dran.

Okan Seese – Tomaten auf den Ohren
06.01. / Rote Bühne Nürnberg
Okan Seese ist taub, schwul und türkischstämmig und ist der einzige taube Kabarettist Deutschlands. Schon der Programmtitel zeugt von wunderbarem, selbstironischen Humor. Er erzählt von Arztbesuchen ohne Dolmetscher und von Begegnungen mit den Zeugen Jehovas an seiner Haustüre. Er nimmt einen mit in seine Welt, in seine Perspektive und welch absurde Situationen auf ihn im Alltag warten.
Das Programm ist für Hörende und Taube zugleich. Unterstützt wird er von einer Voicer:in, die sein Kunst in Lautsprache übersetzt.

Fee Brembeck – Komm du erstmal aus meinem Alter
17.01. / Burgtheater Nürnberg
Fee Brembeck aus München ist Poetry-Slammerin, Kabarettistin, Autorin und klassische Sängerin. In ihrem letzten Programm hat sie sich dem Feminismus gewidmet, und nun also dem Generationenkonflikt. Es geht ums Gendern, die Klimakleber:innen und natürlich den alten, weißen Mann. Das macht sie aber immer mit einem zwinkernden Auge und nie unreflektiert. Hie und da darf dann auch mal ein eher flacherer Witz einfließen – aber auch das muss mal sein und tut der Gesamtperformance keinen Abbruch. Kann man mal gut machen.

Urban Priol – Jahresrückblick TILT!
22.01. / Heinrich-Lades-Halle Erlangen
So, und jetzt zum Godfather aller Jahresrückblicke. Es ist ein wenig still geworden um Urban Priol. Ich meine, er war einer der Erfinder 
des ZDF Kabarett-Flaggschiffs Neues aus der Anstalt (jetzt nur noch Anstalt). Ein Großmeister des politischen Kabaretts. 
Nach der Anstalt hat sich der Aschaffenburger wieder auf die Kleinkunstbühne konzertiert und gibt den Oberen von dort aus Saures. Ein überzeugter Grantler ist er immer noch und für mich ist TILT! seit Jahren eines der Highlights in Sachen Jahresabrechnung.

Teresa Reichl – Bis jetzt
23.01. / Gutmann Nürnberg
Teresa Reichl aus Regensburg ist eine queere Kabarettistin und ganz wunderbar. Sie liest gerne, macht zum Thema Lesen einen Podcast und rechnet in ihrer unverwechselbaren Art mit allerlei Vorurteilen ab. Das ist schon oft ganz schön “in your face“, aber immer sau-
lustig und am Ende hilft ihr oberpfälzer Dialekt, der halt recht geradeaus ist, alles irgendwie sympathisch zu verpacken. 
Macht euch auf eine Stunde wunderbare Kunst bereit, die Haltung hat und genau an diejenigen adressiert, die es wahrscheinlich gar nicht checken. Absolute Empfehlung.