RELAX! CHEER UP! TOOOR!
#1. FCN, #ClubKunst, #Emotionsregulator, #Institut für moderne Kunst Nürnberg, #Kunst im öffentlichen Raum, #Neues Museum Nürnberg, #Winfried Baumann
Winfried Baumanns „Emotionsregulator“ ist der einzig vernünftige Ausweg aus jeder Krise. Wir vom curt waren bei der Eröffnungsveranstaltung am Freitag vor Ort.
Corona, Inflation, Sonnenblumenölmangel, manchmal auch eine Clubniederlage: Deutschland ist aus diversen Gründen im emotionalen Ausnahmezustand, vom Verhalten der restlichen Welt ganz zu schweigen. Viele Menschen sind deshalb aufgewühlt, erschüttert, traurig, hysterisch und eingenommen von stark wechselhaften Gefühlen gegen ihre Lieblingsfußballvereine (andere sprachen in der Beziehung bereits von Nahtoderfahrungen). Lösungen aus dem chronischen Gefühlsdurcheinander tun Not. Warum diese Gefühle nicht bändigen und befrieden mit einem Emotionsregulator? Der Nürnberger Konzeptkünstler Winfried Baumann, weitläufig bekannt durch die Erfindung des Kunstautomat Sterngasse gemeinsam mit Anna Bien, hat sich der ehrenvollen Aufgabe mit Unterstützung des 1. FC Nürnbergs, des Instituts für moderne Kunst und des Neuen Museums Nürnberg angenommen, das Ergebnis ist ein beherzt beschrifteter mobiler PKW-Anhänger mit fünf kompakt aufgereihten Gefühlskabinen. Winfried Baumann ist für die Erfindung gleichsam mobiler wie sozialer Aufenthaltsorte bekannt, seien es transportable Schlafunterkünfte für Obdachlose (sein „Instant Housing Project“) oder ausklappbare Versammlungs-, Koch- und Begegnungsstätten für die aufgeklärte Stadtgesellschaft. Es sind soziale Plastiken des Stadtbildhauers, der auch vor Entwürfen zur Umnutzung des Reichsparteitagsgeländes nicht zurückschreckt (freut euch auf das Augustheft des curt!). Hier wird also ein in den Kabinen regenbogenbunt gestrichener Gefühlsapparat an verschiedenen Orten der Stadt auftauchen und dort die Freiwilligen entweder aus ihrer Lethargie reißen („WARM UP“), von ihrer Hysterie herunterkühlen („RELAX“) oder schlicht in den ultimativen Siegestaumel schubsen („TOOOR“). Der Ablauf ist einfach: Man betritt die Kabine, schließt die Tür. Es erwartet einen das existenzielle Dunkel der emotionalen Exposition, und eine kleine Bank. Setzt man sich wird ein Mechanismus ausgelöst, das Licht geht an, ein Film startet, auf einem Kopfhörer wird Sound eingespielt. Und, funktioniert der Regulator? Euer unerschrockener Kunstredakteur hat den Selbstversuch gewagt, und in der pinken Kabine ganz rechts mit der vermutlich nicht nur für Fußballfans aufwühlendsten Erlebniskabine „TOOOR“ experimentiert, und das Ergebnis war – würde ich lügen? – ungefilterte, pure, kaum zu überblickende Freude, in der konzentrierten Dosis definitiv zu viel Euphorie für einen Tag. Die „RELAX“-Kabine zum Gegensteuern war im Anschluss aber leider besetzt, so trug ich den empfangenen Gefühlsüberschuss bis zu mir nach Hause und frage mich nun ernsthaft, ob ich in den nächsten Tagen überhaupt werde schlafen können.
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