CSD Nürnberg: Der Kampf für Gleichstellung geht weiter

MONTAG, 24. AUGUST 2020, NüRNBERG

#CSD, #Nürnberg, #Pride

Dass es in diesem jahr keinen “normalen” Christopher Street Day mit Parade und Pomp geben würde, war relativ früh klar. Aber auch: Dass der CSD auf irgendeine Art definitiv stattfinden würde. Der Nürnberger CSD e.V.  hat ein umfangreiches Programm an verschiedenste Orte und auf die Straße gebracht. Gut einen Monat später wollen wir nochmal zurückschauen und haben nachgefragt – was hat gut funktioniert, was nicht so und wie progressiv und offen sind sie eigentlich, die Nürnberger*innen?

CURT: Wie lang- oder kurzfristig wusstet ihr, dass es einen CSD, wenn auch anders, geben würde?
 
CSD: Dass es einen CSD NÜRNBERG 2020 geben wird wussten wir auch zu Beginn der COVID19-Situation, eine Absage kam für uns nie in Frage. Es galt trotz der Situation, die für die LGBTIQ*-Community enorm wichtigen Themen, nicht einfach aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen, nur weil der CSD nicht in seiner gewohnten Form stattfinden kann. Gerade die aktuellen „Rollback-Ereignisse“ in den europäischen Nachbarländern wie Polen und Ungarn, Übergriffe auf queere Menschen oder auch politische Tendenzen in Deutschland machen deutlich, dass wir weiterhin aktiv und laut sein müssen – auch in Nürnberg.
 
Der CSD war in diesem Jahr eher eine Sammlung vieler kleiner, statt weniger großer Veranstaltungen. Jetzt mit Abstand, was war dein persönliches Highlight und warum?
 
CSD: Zunächst lasst uns darauf hinweisen, dass die vielen kleinen Veranstaltungen jedes Jahr stattfinden – die sogenannten Prideweeks. Hier haben wir auch in den letzten Jahren innerhalb von 14 Tagen immer zwischen 30-50 Veranstaltungen unterschiedlichster Art. 
Mein ganz persönliches Highlight waren dieses Jahr der Rainbow-Run, die Lesung mit Anette Röckl, der Foto-Walk in der Kongresshalle, die Wanderung um den Happurger Stausee und vor allem die inhaltlichen Insta-Beiträge von uns mit JJ. Warum? Einfach weil mit diesen Formaten erneut ganz tolle neue Events entstanden sind, die es vorher nicht gab. Damit wird unser Angebot jährlich vielfältiger und für noch mehr queere Menschen attraktiver. Das macht mich stolz.
 
Was hingegen hat gar nicht funktioniert wie gedacht?
 
CSD: Besonders schade fand ich , dass der Termin zu „ChemSex“ also Sex unter Einfluss Drogen kaum frequentiert war – diese Art Sex ist gerade bei Männern die Sex mit Männern haben (MSM) immer mehr verbreitet. Denn hinter dem Aspekt der reinen Sucht, ist oft eine persönliche Unsicherheit mit seiner eigenen Sexualität der Grund für den Sex im Drogenrausch: ungehemmt so Sex zu haben wir man eigentlich ist ohne sich vor sich selbst zu schämen. Das hätte eine spannende Diskussion werden können… Schade finde ich auch, dass das Angebot an Gesundheitsthemen zu PrEP, HIV, STI, dieses Jahr auch ein neuer Termin insbesondere für Frauen, nicht gut angenommen wird. Die sympathischen Berater*innen und der offene Austausch mit ihnen zu diesen Themen ist erfrischend und sehr lehrreich. Dass schafft einem Sicherheit im Umgang mit den möglichen Krankheiten durch Sex.
 
Als wie tolerant und offen erweist sich so eine Nürnberger Stadtgesellschaft während zwei Wochen CSD? Muss man da mit Anfeindungen in der Öffentlichkeit rechnen? Oder eher im Gegenteil?
 
CSD: Sagen so und so. Eigentlich ist die Stadt Nürnberg in Summe schon offen für unsere Community, wenngleich der Franke an sich verhalten ist beim beim „Mitfeiern“ und auch z.B. in Läden automatisch die Regenbogenflagge während der Prideweeks zu hissen. Beim Sternlauf der einzelnen LSBTIQ*-Gruppen und ebenso den anderen Aktionen gab es dagegen schon Anfeindungen. Es gab zum Beispiel verbale Aussagen wie „Was soll der Scheiß?“, „Seid ihr schwul? Ich kotz, dann muss ich hier schnell weg“. Auch wurde nachts eine der Fahnen der PRIDE-Installation am Kornmarkt heruntergerissen. Weil diese Passent*innen nicht wollten, dass deren Länderflagge in Zusammenhang mit dem LSBTIQ*-Thema gezeigt wird. Ebenso wurde auf den Großflächen-Plakaten der Schriftzug „LSBTIQ*=MENSCH“ einige Male LSBTIQ* mit roter Sprayfarbe der Begriff „MENSCH“ durch gestrichen oder auch auf Social Media kommentiert „LSBTIQ* ist kein Mensch“. All diese Vorkommnisse zeigen sehr wohl, dass es nach wie vor ein Kampf ist und für Gleichstellung in der Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit zu kämpfen gilt. 
 
Wenn nächstes Jahr hoffentlich alles wieder normal stattfinden kann – welche Elemente des diesjährigen CSD sind Neuentdeckungen, die unbedingt beibehalten werden müssen?
 
CSD: Der gewachsene Anteil für Frauen im Rahmenprogamm der Prideweeks. Die Plakat-Aktion mit über 400 Plakaten in der ganzen Stadt. Für Sichtbarkeit des Themas und Bekanntmachung des CSD außerhalb der Community, sowie die Medienkooperation für selbigen Zweck. Und natürlich der deutlich sichtbarere politische Inhalt des CSD.

www.csd-nuernberg.de




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