Die besten Geschenke sind Bücher – noch besser aus der Region. Teil 1

MONTAG, 1. DEZEMBER 2025, NüRNBERG

#Andreas Thamm, #Arenz, #Ars Vivendi, #Bücher, #Elli Kolb, #Helmut Haberkamm

Und Platz 1 für die beste Geschenkidee geht auch in diesem Jahr wieder an: das Buch! Warum? Aus allen Gründen: Lesen macht schlau und holt uns raus aus der hyperbeschleunigten Wirklichkeit. Mit unserem Einkauf im lokalen Buchhandel tragen wir zum Erhalt einer attraktiven Innenstadt bei. Und am Ende freuen sich auch die noch Kulturschaffenden, die das alles geschrieben haben. Das ist der besonders dicke X-Mas-Special-Bücherstapel für euch. 

Elli Kolb: Das Leuchten des Himmels an dunklen Tagen
Rasend produktiv: Nur ein Jahr nach ihrem Debüt 9 Grad liefert die Fürther Autorin ihren zweiten Roman nach. Auch in Das Leuchten des Himmels an dunklen Tagen bleibt sie ihrem Herzensthema treu: Psychische Gesundheit. Der Roman handelt von Romy, die eine herzerwärmend enge Beziehung zu ihrem Großvater pflegt. Als der stirbt, fehlt Romy jeglicher Halt und sie fällt in ein Loch. Nur Jakob, den sie in einer rauschhaft vernebelten Partynacht kennengelernt hat, bringt etwas Licht in ihr Dunkel. Gemeinsam kümmern sie sich um eine kranke Taube, Egons Lieblingstier. Elli Kolb gelingt es, diese schwierigen und sehr innerlichen Themen mit einer gewissen Leichtigkeit und, ganz wichtig, Humor aufzugreifen. Ihre Figuren wirken lebensecht, vielleicht auch, weil Kolb weiß, wovon sie schreibt: Sie engagiert sich in der Fürther Stadttaubenhilfe. 
Bastei Lübbe, 240 Seiten, 22 Euro

Alexander Megos/Andreas Thamm: Frei am Fels
Er war zwei Mal bei Olympia, hat drei Medaillen bei Weltmeisterschaften gewonnen und gehört zu den, sagen wir mal, grob geschätzt, fünf besten Felskletterern der Welt: Alex Megos aus Erlangen. Diese Karriere, die mittlerweile geprägt ist von Reisen zu den schwersten Routen überall auf der Welt und den Konkurrenzsituationen im Weltcup, hat ihren Ursprung in frühester Kindheit. Als ein besonderes Talent auf die Wand traf. Seitdem hat sich Megos mit unvorstellbarer Konsequenz diesem Sport verschrieben. Zusammen mit curt-Redakteur Andreas Thamm beschreibt er in dieser Autobiografie, was für ein Leben das ist, was seine eindrücklichsten Erfahrungen im Fels waren und wie er selbst sich mental weiterentwickeln musste, um überhaupt klarzukommen. Frei am Fels soll nämlich mehr sein als nur ein Sportlerbuch: Megos gewährt auch Einblicke hinter die Profisport-Kulissen und spricht erstmals über seine Erfahrungen mit Magersucht und Therapie. 
Edel Sports, 288 Seiten, 22 Euro 

Beat Wyrsch: Brennende flügel und lächerliche Vampire
Gutes Timing, sagt man da: Sein Baby wurde grad 50 Jahre alt und Beat Wyrsch, Mitbegründer der Pocket Opera Company und Leiter derselben von 1974 bis 2007, legt seine Erinnerungen vor. Wyrsch, Kulturpreisträger der Stadt Nürnberg, aber auch „Bieler des Jahres“, hat trotz dieser langen Amtszeit nicht nur in Nürnberg gewirkt. Er hat in Salzburg unter Karajan gelernt, in Basel, Freiburg, Münster, Edinburgh Theater gemacht, Gastspiele führten ihn bis nach Mexiko und New York. Ein bewegtes Leben für die Kunst mit der Oper als Zentrum und voller verwirrender, überraschender und bereichernder Erfahrungen.  
Verlag Die Brotsuppe, 216 Seiten, 32 Euro 

Helmut Haberkamm: Der Baron im Blauen Haus 
Der insbesondere als Mundartdichter bekannt gewordene Helmut Haberkamm ist, das kann man wahrscheinlich so sagen, auf literarisches Gold gestoßen: auf die Geschichte des in Hüttendorf bei Erlangen geborenen Johann Kalb. Haberkamm erzählt nach, wie aus diesem Bauernsohn ein Brigadegeneral der Französischen Armee und Freund George Washingtons wurde. Als Washington ein Heer von Freiwilligen in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg anführt, steht de Kalb an seiner Seite. Und fällt 1780 in South Carolina. In Amerika wird er als Held verehrt, Städte und Distrikte wurden nach Kalb benannt. Hier war sein Name quasi vergessen. Haberkamm hat diese faszinierende Biografie in einen packenden Roman gegossen.   
Ars Vivendi, 144 Seiten, 20 Euro 

Harald Kaiser: Das fränkische Lokalderby
Schon vor einem Jahrhundert galt es als das Spiel der Spiele, zumindest im deutschen Fußball: der Glubb gegen Fädd. 274 mal trafen die Vereine der beiden in Hassliebe und auch geografisch verwachsenen Städte aufeinander. Mal ging es für die einen gut aus, mal für die anderen und jedes Mal waren alle mit großer Emotion dabei. Der kicker-Journalist Harald Kaiser widmet sich in seinem Sachbuch der wechselvollen Geschichte dieser ewigen Rivalität: von umstrittenen Elfmeter, Torschüssen im Urwald, derbys im Dritten Reich, handfesten Skandalen und unheimlichen Geisterspielen. Exklusiv im Buch finden sich Interviews mit Verantwortlichen, Ex-Spielern und Fans, von Miro Klose bis Volker Heißmann und ein Gespräch der beiden Oberbürgermeister. Ein Buch wie ein Denkmal für eine letzte Bastion der Fußballromantik. 
Ars Vivendi, 190 Seiten, 20 Euro

Tim Sünderhauf: Die Wölfe unter uns
Der Erlanger Autor Tim Sünderhauf ist bislang durch PR-Arbeiten, Filmjournalismus und das Buch Nürnberg. 55 Meilensteine der Geschichte auffällig geworden. Jetzt ist sein hochinteressantes Romandebüt erschienen: In Die Wölfe unter uns nimmt er die Leser:innen mit ins entlegene Fichtelgebirge. Noch entlegener als heute, weil: im Jahr 1630. Johanns calvinistische Familie versucht in einem Dorf ein neues Leben aufzubauen. Johann wundert sich: Was ist mit den Kindern des Dorfes passiert, zwei wurden getötet, der Rest ist verschwunden. Zusammen mit dem hünenhaften Wildhüter Hildner macht er sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen Wolfsmann. Ein historischer Roman mit mystischen Krimielementen. 
DTV, 368 Seiten, 13 Euro 

Susanne Schulz: Der Unheilige Mond
Eine fränkische Kleinstadt kurz vor der ersten Mondlandung. Alles geht seinen gewohnten Gang, im Friseursalon, im Bäcker, der Buchhandlung ... Bis Ingrid verschwindet und eine neue Unruhe ins Dorf einzieht. Der neunjährige Ferdi streift derweil über die Felder und stößt immer wieder auf das Schweigen der Erwachsenen. Als müssten Dinge verborgen bleiben, die noch nicht so lange her sind. Die Regisseurin und Dramaturgin, bis 2020 Intendantin am Theater Ansbach, Susanne Schulz, hat ihren erstem Roman geschrieben, eine Geschichte über das Fortwirken der unaufgearbeiteten Nazivergangenheit, auch im ländlichen Raum und über die Idylle, unter der ein Abgrund schlummert. 
Herodot Verlag, 290 Seiten, 18 Euro  

Ewald, Sigrun und Helwig Arenz: Unser verrücktes Weihnachtsfest
Schon für den Band Unsere kleine Welt haben die schreibenden Geschwister erfolgreichst mit dem ars vivendi Verlag zusammengearbeitet und schmunzelige Familienanekdoten ausgebreitet. Das verlangte nach einer Vertiefung! Besonders turbulent geht es familiär doch immer an Weihnachten zu. Das ist bei Arenz nicht anders. In Unser verrücktes Weihnachtsfest erzählen sie mit viel feinem Sprachwitz von großen und kleinen Bescherungen, schweißtreibenden Minuten im Dessous-Laden, Feiertagseinkäufen, Premiumversand, kurz: Weihnachten mit der buckligen Verwandtschaft. 
Ars Vivendi, 238 Seiten, 22 Euro

Martin Droschke, Katharina winter: Franken Escape Room
So etwas gab es in Franken noch nie: Ein Escape Room, der überall sein kann, im Freibad, im Wohnzimmer, am Stammtisch ... denn er ist ein Buch. Martin Droschke (Text) und Katharina Winter (Fotos) haben einen fränkischen Thriller entworfen, dessen Kapitel immer in Rätseln münden. Dabei schlüpft der/die Lesende in die Rolle von Chris Piller, der, noch schwer angesoffen, in einem der unzähligen Kellergewölbe der Region erwacht. Ein spannender Denksport-Marathon, Literatur mit Gaming-Qualitäten, die man sich am besten in der Wirtshaus-Runde vornimmt. 
Emons, 84 Seiten, 15 Euro  

Siegfried Straßner: Leem aus Leem 
Fränkische Lyrik  Ist das nicht rückwärtsgewandt, volkstümlich und gestrig? Die Antwort lautet: Nein. Fränkische Lyrik gibt‘s auch in frisch, progressiv und heutig. Den Beweis erbringt Siegfried Straßner in diesem Buch mit 77 Gedichten im, wie der Autor selbst erklärt, „feinstem Bastard-Fränkisch“. Straßners Fränkisch trägt mühelos verschiedenste Untertöne: Es sprechen die Dummen, die Nostalgischen, die Aufgeklärten, die Empörten, die Weltweisen. Der springende Punkt ist jedoch ein anderer: Der Autor unterwandert frech die Erwartungen, die man an eine sogenannte Mundart-Poesie mit sich herumträgt. Anti-konservativ und zeitkritisch sind seine Betrachtungen nämlich. In der Bilanz sind die ausgeführten Gedanken einige Jahrzehnte jünger, als man von einem erwarten würde, der in drei Monaten in Rente geht. Diese gesamte Rezension von Theo Fuchs findet ihr hier.
Ars Vivendi, 108 Seiten, 18 Euro 

Birgit Mair: Ernest Glaser – ein Berliner Jude überlebte den Holocaust in Shanghai
Die Nürnberger Sozialwissenschaftlerin Birgit Mair hat eine Lebensaufgabe: Nicht nur der Kampf gegen Rechtspopulismus und Verschwörungstheorien, sondern vor allem das Sammeln und Aufbewahren der Geschichten von Holocaust-Überlebenden. 
Es gibt wahrscheinlich wenige Menschen in Deutschland, die mehr Überlebende getroffen und interviewt haben. Ihr neuestes Buch hat sie einem Einzigen gewidmet, denn Ernest Glasers Geschichte ist anders: Seine Familie überlebte in Shanghai, der einzigen Stadt der Welt, in die man ohne Visum reisen durfte, wo die Glasers durch die japanische Kolonialmacht aber auch 
ghettoisiert wurden. Nach dem Krieg emigrierte Ernst in die USA. Mair traf den heute 101-Jährigen in Kalifornien. Entstanden ist ein beeindruckendes Zeitzeugnis, illustriert mit vielen historischen Familienfotos und ergänzt mit historischen Erläuterungen. 
Selbstverlag, 20 Euro + 3 Euro Versand oder: Buchhandlung Korn&Berg am Hauptmarkt
Zur Reportage von curt-Redakteur Andi Thamm über Birgit Mairs wichtige Arbeit

 




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#Andreas Thamm, #Arenz, #Ars Vivendi, #Bücher, #Elli Kolb, #Helmut Haberkamm

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NüRNBERG. Elli Kolb: 9 Grad
Nicht nur das hat die Fürther Autorin Elli Kolb mit ihrer Protagonistin Josie gemeinsam: Sie ist Literaturwissenschaftlerin. Beide haben außerdem das Eisbaden für sich entdeckt. Josie befindet sich in einer Lebensphase, die viele, die mal Mitte-Ende-20 waren, mehr oder weniger gerne erinnern: Sie weiß nicht, was nach dem Studium aus ihr werden soll, sie sucht auf Online-Plattformen die große Liebe. Hinzu kommt eine eher schlecht verdrängte Essstörung und die bedrohliche Erkrankung ihrer besten Freundin Rena. Als Josie Lee kennenlernt, glimmt ein bisschen Hoffnung auf, doch Lee leidet an Depressionen und zieht sich immer wieder zurück. Hört sich nach einem schwer verdaulichen Brocken an? Gar nicht! Elli Kolb schreibt mit viel Leichtigkeit und hat ein behutsam emotionales, aber nie kitschiges Debüt vorgelegt. Ein beeindruckendes, sehr eigenständiges Buch, das der Verlag mit Titel und Cover zu Unrecht und unnötigerweise in die Caro-Wahl-Nachfolge-Ecke stellt.
 Lübbe, 256 Seiten, 24 Euro

Tanja Kinkel: Im Wind der Freiheit
Die Bamberger Großmeisterin des historischen Romans hat mal wieder einen Wälzer rausgehauen und sich natürlich sofort einen orangenen Sticker damit verdient: Spiegel Bestseller. Tanja Kinkel ist eine Bank, wenn es um Page Turner geht, die Lesende in eine sauber recherchierte Zeit zurückversetzen. Diesmal begeben wir uns in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Wind der Freiheit ist ein Buch über die Folgen der Revolution von 1848. Während in Deutschland das zarte Pflänzchen der Demokratie sich zaghaft aus der Erde schiebt, finden zwei ungleiche Frauen zueinander: Die arbeits- und mittellose Susanne, die sich auf einen gefährlichen Auftrag eingelassen hat, und die fest in ihren Idealen verankerte Demokratin Louise Otto.  
Hoffmann und Campe, 480 Seiten, 26 Euro

Stefan Hümmer: Pausenstübla – Bambergs letzte Gaybar
Edmund, Kunibert, Raul, Jeremy, Florian und Manfred sind Stammgäste – im Pausenstübla, einer angestaubten Schwulenbar im katholischen Bamberg. Fast täglich treffen sie sich dort und warten auf die große Liebe. Doch das Pausenstübla hält keine großen Abenteuer mehr für sie bereit und Wirtin Mary verweigert jede Form von Veränderung. Also schmieden die sechs den Plan, eine eigene Gastwirtschaft zu eröffnen. Während sich die Immobiliensuche als schwierig erweist, bekommt Mary Wind von dem Plan und erteilt ihren langjährigen Gefährten Hausverbot. Die sechs stehen vor dem Nichts. Stefan Hümmer widmet jedes Kapitel seines Romans einer seiner Figuren und ordnet ihr eine der Farben des Regenbogens zu. Pausenstübla ist ein schwuler Schwank, ein heiteres Rührstück und ein herzerwärmendes Plädoyer für Buntheit und Vielfalt in der katholischen Provinz.
Guide Media Verlag, 292 Seiten, 16,90 Euro
CURT verlost drei Exemplare – schreibt eine Mail, Stichwort Pausenstübla“ an gewinnen@curt.de

Emily Rudolf: Das Dinner
Sie ist der neue Stern der deutschsprachigen Thriller-Szene: Mit ihrem Debüt Die Auszeit ist Emily Rudolf direkt ein riesen Erfolg gelungen, jetzt liegt ihr zweites Buch vor: In Das Dinner erzählt die bei Leipzig geborene, mittlerweile in Nürnberg ansässige, junge Autorin von einem Wiedersehen alter Freunde in einem abgelegenen Restaurant in der Eifel. Nur Marias Platz bleibt frei, sie ist vor fünf Jahren eines nachts spurlos verschwunden. Die Gruppe beginnt ein Krimi-Dinner, doch das Spiel verschmilzt allzu schnell mit der Realität: Wer lügt hier für seine Rolle und wer für sich selbst? Ist Maria vielleicht noch am Leben? Sitzt ein Mörder an diesem Tisch? Das Dinner ist ein klassischer Locked-Room-Thriller, der mit waghalsigen Wendungen arbeitet und auf ein Ende zusteuert, das einem den Atem raubt. Emily Rudolfs nächster Bestseller, Respekt!
S. Fischer Verlage, 464 Seiten, 18 Euro  >>
NüRNBERG. Luisa Stömer, Eva Wünsch: Schwellenangst
Das schreibende und gestaltende Duo aus Gostenhof did it again: Mit einem außergewöhnlichen Buch schaffen es Luisa Stömer und Eva Wünsch, einen neuen Zugang zu einem tabuisierten Thema zu finden. Schwellenangst versammelt Annäherungen an den Tod, bzw. nicht ganz richtig: Annäherungen an einen anderen Umgang mit Sterben, Tod und Trauer. Denn genau darum geht es den beiden, um die Frage, ob es möglich sein könnte, die Verdrängung hinter uns und eine neue Offenheit zuzulassen. Gestorben wird heute sehr allein und davor tanzen wir ein Leben lang um das Thema herum, als gäbe es ihn nicht, den Tod. „Sterben ist eine Schwelle. Und der Tod ist der Raum jenseits der Fußmatte“, heißt es so schön banalpoetisch im ersten Text des Buches. Luisa und Eva schaffen eine neue, entdämonisierte Form der Sensibilität, indem sie sich dem Tod von allen Seiten nähern: von biologischen Prozessen des Sterbens, der Auflösung eines Körpers, bürokratischen Hürden und Schlupflöchern, über Trauer, die sich allen Phasenmodellen entzieht, und Wachstumsschmerzen bis hin zu unkonventionellen Bestattungen und gesellschaftlichen Ungleichheiten, die über den Tod hinausreichen.
Ein Buch, in dem vier Jahre Auseinandersetzung mit dem Ende stecken und das Orientierung und vielleicht auch Trost spenden kann – und natürlich so aufwendig, wie schön gestaltet ist.
 
Kunstmann Verlag, 288 Seiten, 34 Euro  // www.kunstmann.de


Lisa Krusche, Jenny Schäfer: Die Anrufung der Riesin
Mit 13, 14, 15 hatte sie, schreibt Lisa Krusche, die patriarchalen Ansprüche an ihren Körper längst verinnerlicht. Aus der Distanz von heute diagnostiziert die Autorin: eigentlich wollte sie verschwinden, immer dünner und zarter werden. Die Anrufung der Riesin, erschienen im Fürther starfruit Verlag und herausgegeben vom Institut für moderne Kunst, ist ein Essay, der von der Suche nach einem „Woanders“ erzählt, einem verschollenen Ort, an dem weiblich gelesene Menschen so sein können, wie sie sind. Der Text mäandert dabei zwischen wiederentdecktem Teenager-Tagebuch, Bestandsaufnahme der Weiblichkeit im Spätkapitalismus, analytischer, fußnotenreicher Selbstbefragung und dem Verfolgen der Spur der titelgebenden mythologischen und literarischen Figur. Durchsetzt ist er von den Bildern von Jenny Schäfer, deren fotografischer Blick in Gesteinsoberflächen mystische Landschaften findet. Ein offenherziges und aufwühlendes Kleinod von einem Buch.

Starfruit Publications, 128 Seiten, 24 Euro // www.starfruit-publications.de


Susanne Reiche: K0mmissar Kastner und das perfekte Weihnachtsdinner
Fränkische Krimifans was habt ihr euch vom Christkind gewünscht? Natürlich einen Weihnachtskrimi, im Idealfall auch noch mit Susanne Reiches Ermittler Kommissar Kastner. In Susanne Reiches neustem Roman schickt sie ihren kulinarisch nicht ambitionierten Helden in die Endausscheidung des Wettbewerbs franken kocht – als Ersatz-Beikoch für einen Kollegen. Einer jedoch überlebt das Wettkochen nicht, ein allzu strenger Juror, über dessen Leiche Kastner im Kühlraum stolpert. Geschickt nutzt Kastner seine Rolle beim kulinarischen Wettbewerb für Nachforschungen aus – und wächst gleichzeitig auch als Koch über sich hinaus.

Ars Vivendi, 143 Seiten, 14 Euro // www.arsvivendiverlag.de  >>
GOSTNER LOFT. Die Ravensburger Band Platonow versteht sich eher als Kollektiv denn als klassische Musikkapelle: Seit über 20 Jahren kommen Menschen unter diesem Namen zusammen, manche nur für einen Auftritt oder eine Aufnahme, andere bleiben länger. Platonow, benannt nach einer Tschechow-Figur, will immer offen bleiben für inspirativen, künstlerischen Input auf allen Ebenen. Heraus kommt ein warm-melancholischer, schwärmerisch-verspielter Singer/Songwriter/Indie-Pop-Sound. Für ihren Auftritt im Nürnberger Loft des Gostner Hoftheaters holen sich Platonow ganz entsprechend des eigenen Anspruchs einen Künstler dazu, der in Nürnberg und insbesondere im Gostner hoch geschätzt wird: den Autor und Schauspieler Helwig Arenz, der das Konzert mit poetischen Texten anreichern wird. Tolle Kombi, Empfehung des Hauses!

Platonow & Helwig Arenz
26.04., 20 Uhr, Gostner Loft

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MAGAZIN  28.08.2024
NüRNBERG. STEPHANIE MEHNERT: DAS FLIMMERN KLEINER LICHTER
In Nürnbergs Leseszene schon lange keine Unbekannte mehr, dürfen sich Stephanie Mehnerts feinfühlige Gedankenströme nun endlich auch in heimischen Bücherregalen einnisten. Mit ihrem Debütroman „Das Flimmern kleiner Lichter“ entführt die Wahlnürnbergerin in eine Welt, die das Dunkel des Lebens weder romantisiert noch ausklammert – und dabei kraftvoll stets das Licht hochhält: Ronja, Pflegehilfskraft in St. Pauli, wohnt in einer Datsche am Elbstrand. Traumatische Erfahrungen holen Ronja immer wieder ein und ihr Leben gerät letztlich aus den Fugen, als sie ihre zwangseingewiesene Lieblingspatientin aus der Klinik entführt, um deren Suizid zu verhindern. Alte Wunden brechen auf. Doch unerwarteten Rückhalt findet Ronja in einer Familie, von deren Existenz sie noch gar nichts ahnte. Ein Gesellschaftsroman über Identitätssuche, Hoffnung und Zwischenmenschlichkeit. Dabei so melancholisch schön, dass es auf jeden Fall entsteht: das zuversichtliche, gute Gefühl. 
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Ulrike Helmer Verlag, 144 Seiten, 20 Euro  // www.ulrike-helmer-verlag.de

INGRID ARTUS & NADJA BENNEWITZ: WIR KOMMEN AUS DEM KAMPF HERAUS
Das politische Leben und Wirken der Nürnberger Antifaschistin Berta Backof erzählen und beleuchten die Erlanger Professorin für Soziologie Prof. Dr. Ingrid Artus und die Historikerin Nadja Bennewitz in ihrem neuen gemeinsamen Buch „Wir kommen aus dem Kampf heraus“. Mit 17 lässt sich Berta Backof gegen den Willen ihrer Mutter einen Bubikopf schneiden. Ihre Mitgliedschaft in der Sozialistischen Arbeiterjugend verstärkt den Gegenwind, doch es bestärkt auch ihre Politisierung in der Weimarer Republik. Sie protestiert gegen die Aufrüstung der deutschen Marine und tritt der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) bei. Nach der Machtergreifung der Nazis geht sie in den Untergrund und wird als KPD-Mitglied schließlich Teil des Widerstands. Ein literarisches Porträt über eine fränkische Frau, deren Leben ein Schlaglicht auf die hiesige antifaschistische Arbeiter:innengeschichte von den 1920er-Jahren bis in die Nachkriegszeit wirft. 
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PapyRossa Verlag, 180 Seiten, 18 Euro  // www.papyrossa.de

MAGDALENA KRATZER: AM PLUTO VORBEI, DANN LINKS
Um eine innerliche wie äußerliche Reise dreht sich Magdalena Kratzers erster Selfpublishing-Roman, der die Lesenden mit nach Südfrankreich nimmt und dabei die Zufallsbegegnung zwischen den beiden Hauptprotagonist:innen Saniel und Anka erzählt. Beide kämpfen mit kürzlich erlebten schwierigen Ereignissen, beide suchen Halt im jeweils anderen. Sie beschließen, gemeinsam in die Provence zu reisen, um dort ausgesetzte Hunde zu retten. Doch ihre verdrängten Sorgen und Herausforderungen schleichen sich natürlich direkt mit ins Gepäck. Eine Geschichte über gegenseitige Inspiration und Wachstum. 
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BoD – Books on Demand, 244 Seiten, 11,99 Euro  // www.buchshop.bod.de

FITZGERALD KUSZ: DER BESTE KUSZ
Seine schönsten Gedichte der letzten 50 Jahre versammelt das Nürnberger Urgestein Fitzgerald Kusz nun eigens kuratiert in seinem neusten Werk Der beste Kusz. Bereits seit vielen Jahrzehnten zählt der Sprachkünstler zu den wohl bedeutendsten fränkischen Mundart-Lyrikern im gesamtdeutschen Raum und bereichert uns dank seines satirischen Blickes regelmäßig mit unterhaltsamsten Zeilen über Absurditäten des Lebens sowie politische Machenschaften im Weltgeschehen. 
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ars vivendi verlag, 256 Seiten, 20 Euro // www.arsvivendi.com  >>
NüRNBERG. Mattis Paul Ackner: Hanami

Wir alle haben uns in der Pandemie doch so viel vorgenommen, oder? Mattis Paul Ackner, Fotograf und Texter aus Nürnberg, hat es im Gegensatz zu uns durchgezogen und ab Januar 2021 jeden Sonntag eine neue Kurzgeschichte auf seiner Homepage veröffentlicht: „Um die Tristesse zumindest für einen Moment hinter mir zu lassen“, wie er schreibt. 26 Geschichten sind in dieser Zeit entstanden, 20 von ihnen haben es in das Buch geschafft, dass Ackner nun selbst veröffentlicht hat: Hanami. Die Erzählungen handeln, angelehnt an den titelgebenden japanischen Kirschblütenbrauch, von Schlüsselzeiten des Lebens, von Kindheitserinnerungen, schwierigen Liebesbeziehungen, von Fieberträumen, einer Reise, die fünf Freunde vorm letzten Schuljahr nach Finnland führt, eine Feuer, das in den Hollywood Hills wütet, während Theodore ungerührt Aprikosen frisst, von einem Rendezvous im rostigen Golf und und und. Schöner Band, erhältlich beim Autor selbst.


Jo Seuß: 111 Orte rund um Nürnberg / 100 x Ehrenwert

Glückwunsch zunächst mal in Richtung des Jo Seuß, radelnder Reporter und Buchautor, der für sein Radbuch Reintreten! (curt berichtete ausführlichst) in der Zwischenzeit mit dem Fürther Zukunftspreis ausgezeichnet wurde. Glückwunsch, so ist’s richig! Bereits im April erschien vom ihm der neuste Streich in der 111 Orte-Reihe: 111 Orte rund um Nürnberg, die man gesehen haben muss. Ein hervorragender Band für alle, die Geld und Co2 sparen und statt Malle und Ibizia lieber mehr die direkte Umgebung bzw. den Speckgürtel der Metropole entdecken wollen. Hier findet ihr zum Beispiel mittelalterliche Stadtmauern, Naturspektakel, Burgen und Mühlen. Alles eingesammelt und erforscht von einem, der sich auskennt.
Als Herausgeber betätigt sich der umtriebige Jo mit seinem Verlag Edition Elfzueins, der in diesem Jahr erstmals das 100 x Ehrenwert-Buch herausgebracht hat, in dem die Preisträger*innen der Aktion EhrenWert vorgestellt werden. Seit 2009 zeichnen Stadt Nürnberg, die uniVersa Versicherungen und die Nürnberger Nachrichten jeden Monat eine Person mit 1000 Euro und einem ausführlichen Portrait für ihr bürgerschaftliches Engagement aus. Die Bandbreite reicht von einer jungen Streitschlichterin in der Schule bis zu einer über 90-Jährigen, die BewohnerInnen einer Demenzklinik betreut. Das ist ehrenwert und lesenswert! 
Erhältlich ist das Buch direkt bei Jos Verlag, Bestellung an: edition-elfzueins@posteo.de
sowie in ausgewählten Buchhandlungen (Korn & Berg, Buch2000 und weitere).
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NüRNBERG. Joshua Groß/ Sebastian Tröger: Kiwano Tiger

Der in Altdorf geborene Autor Joshua Groß hat im vergangenen Jahr einen Gipfel seiner noch jungen Karriere erreicht: Sein Roman Prana Extrem wurde  für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Jetzt reicht Groß etwas Kleines nach, ein Science-Fiction-Märchen, knapp 90 Seiten dick, herausgegeben vom Institut für moderne Kunst, Nürnberg und in Zusammenarbeit mit einem weiteren herausragenden Künstler unserer Region, dem Maler Sebastian Tröger.
Mit seinen Tusche-Malereien hat Tröger die Geschichte der Tigerdama Raja illustriert, die in einem Spaceshuttle durchs All gleitet, mit ihrer Gitarre die anderen Tigeer verzückt, Curling spielt, von Bodyguards bewacht wird und sich, trotz ihrer Berühmtheit, noch einmal so wirklich verliebt. Ein ganz und gar fremde, unwirkliche Welt in Text und Bild haben Groß und Tröger da gezimmert, aber eine, die sich ganz eindeutig aus unserer speist und die, auf ätherische Art lange nachwirkt. Ein faszinierendes Leseerlebnis.  

Joshua Groß/Sebastian Tröger: Kiwano Tiger
Starfruit Publications, 88 Seiten mit 35 farbigen Abbildungen, 20 Euro.
www.starfruit-publications.de

Theobald Fuchs: Blaue Bohnen der Liebe
Christian Dümmlers Edition Blumen macht ja schon seit einer gewissen Zeit in kleine, handwerklich gestaltete Literatur- und Kunsthefte, die sich gut anfassen, schön aussehen und inhaltlich einiges zu bieten haben. Unser aller liebster Theo von Welt veröffentlich nun in eben dieser Edition den zweiten Band der Groschen-Reihe. Der erste Teil der Reihe, „Die Käferhochzeit“, ein kafkaesker Heftroman, stammt von der ebenfalls geschätzten Tessa Korber. In Theos Ausgeburt eines absoluten Hirnfaschings „Blaue Bohnen der Liebe“ geht es sozusagen um alles, was der geneigte Westernfan braucht: bleichgesichtige Dickbäuche, kecke Saloonlöwinnen, schnauzbärtige Sombreroträger und Schoschonen mit bedeutungsschwangeren Namen. Ein kunstfertiger, sattelloser Ritt durch die reichhaltige Prärie der Klischees, die Theo liebevoll umwirft und von unten anschaut, sozusagen. Spitzfindig und witzig!

Theobald Fuchs: Blaue Bohnen der Liebe
Edition Blumen, 28 Seiten, 6,50 Euro.
www.edition-blumen.de

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MAGAZIN  07.07.-09.07.2023
KATHARINENRUINE. Die Schreibenden, und curt fühlt sich ausdrücklich mitgemeint, haben in Nürnberg im Sommer einen besonderen Platz in der Stadt. Ein Wochenende lang gehört der Literatur, den Literaturschaffenden, den Literaturfans die Katharinenruine und das Drumherum. Die texttage mit textualienmarkt holen große Namen in die Stadt und präsentieren gleichzeitig die gesamte Bandbreite der regionalen Szene. Wie genau das alles von statten geht, wissen die Organisatorinnen Kathleen Röber und Grazyna Wanat.  >>
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