Filmhaus: Wiener Eleganz und Bamberger Schauer in Nürnberg
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“Bist nicht schön / Doch charmant / Bist nicht klug / Doch sehr galant / Bist kein Held / Nur ein Mann, der gefällt” - das Lied “Bel Ami” gehört zu jenen Evergreens, die heute weitaus bekannter sind als der Film, aus dem sie entstammen. Bekannter auch als Willi Forst, der Regisseur und Hauptdarsteller des Films Bel Ami, einer Guy-de-Maupassant-Adaption, die im Jahr 1939 große Erfolge nicht nur an deutschen Kinokassen feierte. Dabei ist Forst selbst der im Lied besungene “Bel Ami” – ein gänzlich unheldenhafter Held, der, im krassen Gegensatz zum martialischen Zeitgeist, lieber die Herzen der Frauen als fremde Länder erobert.
Das Filmhaus widmet ihm im Januar 2026 eine umfangreiche Werkschau, die neben zahlreichen Regiearbeiten auch Filme umfasst, in denen er nur als Schauspieler oder Produzent in Erscheinung tritt. Forsts Karriere begann in den 1920er Jahren auf der Bühne, bald folgten erste Stummfilmrollen, der große Durchbruch gelang ihm allerdings erst mit der Umstellung des Kinos auf den Tonfilm. Besonders in musikalischen Komödien konnte der gebürtige und passionierte Wiener seine sanfte, schmeichelnde Stimme voll zur Geltung bringen – in Windeseile avancierte Forst zum Filmstar und zum Inbegriff liebenswürdig-weltmännischer Eleganz. 1933 folgte dann der Wechsel hinter die Kamera.
Beginnend mit dem Schubert-Film Leise flehen meine Lieder entsteht ein Werk, das im deutschsprachigen Kino seiner Zeit seinesgleichen sucht. Forst gehört zu den ganz wenigen Künstlern, denen es in den 1930ern und 1940ern gelingt, in Deutschland und Österreich Filme zu drehen, die Unabhängigkeit bewahren gegenüber den Anforderungen der Nazi-Kulturpolitik. Und zwar: ästhetische Unabhängigkeit.
Forsts Kino ist ein Kino der Form, nicht des Inhalts, der Oberfläche, nicht der Tiefe. Ein Kino, das sich den “leichten Genres” – der Operette, der Komödie, dem sentimentalen Drama – verschreibt und von einem Grundton der sanften Melancholie durchwirkt ist. Sowie von einer tiefen Liebe zur Musik, die alle seine Filme prägt.
REICH DER FREIHEIT
Nürnberg hat sich bei der UNESCO auf den Titel “City of Literature” beworben. Passend dazu widmet sich das Filmhaus E.T.A. Hoffmann - einem Autor, der zwar nicht in Nürnberg, aber immerhin im benachbarten Bamberg biografische Wurzeln hat und dessen umfangreiches Werk die populäre Imagination auch mehr als zwei Jahrhunderte nach seinem Tod noch immer prägt. Die Literatur war für Hoffmann kein Spiegel der Welt, wie sie ist, sondern ein Möglichkeitsraum. Ein Reich der Freiheit, in der sich menschliche Einbildungskraft gemäß ihren eigenen Regeln entfalten kann. Das Kino wiederum nutzte Hoffmanns fiebertraumartigen Texte immer wieder dazu, den Fesseln des Alltagsrealismus zu entkommen.
Zu sehen sind acht Verfilmungen von Romanen und Erzählungen E.T.A. Hoffmanns, die Spannbreite reicht von Ernst Lubitschs Stummfilmgroteske Die Puppe bis zum starbesetzten Disney-Spektakelfilm Der Nussknacker und die vier Reiche mit Keira Knightley als Zuckerfee. Gleich zum Auftakt ein besonderes Highlight: Die britische Produktion The Tales of Hoffmann, inszeniert vom legendären Regieteam Michael Powell und Emeric Pressburger, zählt, nicht zuletzt dank des psychedelisch-bunten Produktionsdesigns, zu den internationalen Klassikern des fantastischen Films. Das Filmhaus zeigt am 11. Dezember eine rare Technicolor-Importkopie aus dem British Film Institute, London.
JENSEITS VON TIK TOK
Kurzfilme sind überall, auf Youtube, Instagram, TikTok… nur im Kino kommen sie leider oft zu, naja, kurz. Das Filmhaus nimmt den Tag des Internationalen Kurzfilms am 21.12. zum Anlass, dies zu ändern – schließlich können kürzere Formate gerade ein jüngeres Publikum wieder fürs Kino zurückgewinnen. Unter der Überschrift Short Weekend steht das Filmhaus-Programm schon ab dem 19. drei Tage lang ganz im Zeichen des Kurzfilms in allen Farben und Formen. Unter anderem sind eine Auswahl neuerer afrikanischer Kurzfilme, Trickfilmklassiker aus der Fernsehserie Das feuerrote Spielmobil und kurze, dokumentarische Annäherungen an weibliche Lebenswelten in der DDR zu entdecken. Hinter den Fenstern heißt ein Film, für den Petra Tschörtner 1984 drei junge Potsdamer Paare über den Stand der Dinge in ihrer Beziehung befragte. Mehr als 40 Jahre später lassen ihre Hoffnungen und Ängste für uns eine vergangene Welt lebendig werden.
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Filmhaus Nürnberg
Künstlerhaus, Nbg.
www.filmhaus-nuernberg.de
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