KV LEBT!
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Von Putzwasser und Crackpfeifen, von Raumkämpfen und Gemeinschaft und natürlich ein bisschen auch von Kunst… Der KV macht eine Ausstellung und erzählt von seiner 50-jährigen Geschichte. Curt-Reporter Silvan Wilms war für euch vor Ort.
Ein bisschen Heimeligkeit, ein bisschen Anarchie und sehr viel Augenzwinkern: Was sich da aktuell auf zwei Stockwerken in den Räumen des Borgo-Ensembles präsentiert, ist einerseits Kunst und andererseits nichts Geringeres als ein halbes Jahrhundert Nürnberger Kulturgeschichte. Bei dem ein oder anderen Objekt muss man überlegen, ob es Kunst sein soll oder einfach zum Inventar gehört. So etwa bei dem Gerüst eines über Kopf hängenden Faltkanus, das sich in einen Interessanten Dialog mit einem Krakenwesen befindet, welches fatal verstrickt in allerlei Henkersschlaufen über die Raumdecke tentakelt. Anderes ist eindeutig als Kunst gekennzeichnet, sauber gerahmte Intarsien, Malereien oder gar auf Sockeln ausgestellte Skulpturen aus Carrara-Marmor. Bei Letzteren handelt es sich um diverse Versionen einer in Stein gemeißelten „Letzten Zigarette“… Der Plural legt die Ironie offen, die nicht nur dem Werk innewohnt, sondern auch den unzähligen Biografien derer, die sich schon so oft im Leben geschworen haben, dass diese eine spezielle Zigarette definitiv ihre letzte sein wird. Die Marmorzigaretten sind aber nicht die einzige Arbeit, die dem Konsum ungesunder Substanzen aufgreift. „Dies ist eine Crackpfeife“ steht geschrieben unter einem kleinen gerahmten Glaspfeifchen, das in der Tat nichts anderes als eben eine Crackpfeife ist. Die Referenz auf Magrittes Bild einer Pfeife mit dem berühmten Hinweis, dass es sich bei dem Bild eben nicht um eine Pfeife handelt, ist offensichtlich. Das Treppenhaus ist eingehüllt in die stolz ausgestellten Protestbanner, Zeugnisse des Überlebenskampfes des im Z-Bau angesiedelten KV, der 2009 beinahe sein Quartier hätte räumen müssen, wenn nicht fast 3000 Menschen auf die Straße gegangen wären, um für den Fortbestand zu demonstrieren. Die auch ansonsten bewegte Geschichte des KV offenbart sich auf dem Weg in den ersten Stock. Folgt man der Wendeltreppe nach oben, kann man auf einer Art Zeitstrahl Plakate und Relikte aus allen fünf Jahrzehnten seines Bestehens bewundern. Im oberen Stockwerk vermittelt sich am meisten ein Eindruck davon, wie der KV als künstlerisch kulturelle Community Lebens- und Kulturraum gestaltet. Neben professionellen Kunstäußerungen, gehört nämlich auch schlicht das Spielen und Gestalten ohne Anspruch auf Einordnung in einem Kunstdiskurs zu dieser Ausstellung. Graffiti an der Decke, Klamotten der Mitglieder aufgehängt an einer Leine quer durch den Raum, vier große Papptafeln gespickt mit Namen aller Bands, die allein in den letzten zwei Jahren im KV aufgetreten sind und überall Fotos, die von unzähligen absurden Situationen erzählen. Echte Reliquien sind zwei Flaschen gefüllt mit original KV-Putzwasser, von übel gelber Farbe und gespickt mit Zigarettenstummeln. Echt authentisch eben. Bei aller Selbstironie und zelebrierter Chaosliebe wird eines offensichtlich: wie wichtig der KV für die Nürnberger Kultur war und ist, und wie wenig wichtig er sich dabei sympathischer Weise nimmt.
Noch bis 23. November ist die Jubiläumsausstellung im Borgo Ensemble e.V. in der Holzschuherstr. 8 zu bestaunen. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall!
Alle Infos findet ihr unter:
kunstverein-nuernberg.de
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