kino3: Von Barbaren, Müttern und Schlachtern

DONNERSTAG, 22. APRIL 2021, KINO3

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Das kino3 beweist in dieser Woche auf besondere Art, wie und warum es auch in nachpandemischen Zeiten bedeutungsvoll und wichtig bleiben wird: Die Berlinale zeichnete im Monat März den neusten Film des rumänischen Regisseurs Radu Jude mit einem Goldenen Bären aus – bester Anlass fürs Filmhaus, um uns ins Vorwerk Judes einzuführen.

MIR IST EGAL, WENN WIR ALS BARBAREN IN DIE GESCHICHTE EINGEHEN

Die junge Regisseurin Mariana Marin plant eine groß angelegte, radikale Theateraufführung zu Rumäniens Beteiligung am Holocaust. Unter General Antonescu wurde der massive Antisemitismus in der rumänischen Gesellschaft zur offiziellen Vernichtungspolitik erklärt, seine Rolle und die seiner Regierung im Zweiten Weltkrieg wird aber bis heute glorifiziert. Vom damaligen Massenmord will niemand mehr etwas wissen. Mit einem Reenactment der damaligen Ereignisse soll das Theaterstück das Publikum aufrütteln, doch bereits vor der Premiere zeigen sich zahlreiche Probleme: Es gibt Unmut unter den Komparsen, ein Abgesandter der Stadtregierung möchte das Stück zensieren und auch in Marianas Privatleben läuft nicht alles glatt. Die als Weckruf konzipierte Performance gerät Schritt für Schritt zur Farce …

Das 2018er-Werk des Regisseurs, der als einer wichtigsten Gegenwartsregisseure Rumäniens gilt (mit dem Goldenen Bären im Regal natürlich umso mehr), blickt in moralische Abgründe und behält sich dabei trotzdem eine gewisse ironische Leichtigkeit bei. Der Film thematisiert nicht nur die Geschichtsvergessenheit, sondern auch das Scheitern politischer Kunst – und ist gleichzeitig eindeutig ein politisches Kunstwerk. In den weiterführenden Links im kino3 drei findet ihr auch eine Podiumsdiskussion und ein Porträt des Regisseurs.

THE MOTHERHOOD ARCHIVES

… war bereits im Rahmen des body on-Festivals zu sehen und kehrt nun ins Programm zurück – und bleibt dort solange, bis die verfügbaren Streams aufgebraucht sind. Der filmische Essay über die Geburt im 20. Jahrhundert ist Archivmontage, Science-Fiction und eine Hommage an das feministische Filmschaffen der 1970er Jahre. Nach mehreren Jahren des Online-Kaufs von Filmen und der Arbeit in historischen Archiven hat die preisgekrönte Filmemacherin Irene Lusztig eine ungewöhnliche und faszinierende Sammlung von Found-Footage-Filmen zusammengetragen, die Frauen beibringen sollten, wie man schwanger ist, gebärt und sich um Babys kümmert, zusammen mit Schulungsfilmen für Geburtshelfer*innen und medizinisches Personal sowie einer Handvoll Home Movies. Mit Material aus 100 verschiedenen Quellen zusammenstellte, darunter auch neu entdecktes sowjetisches und französisches Filmmaterial, das die Entwicklung von Lamaze nachzeichnet, entwirrt THE MOTHERHOOD ARCHIVES auf originelle Weise die komplexen, manchmal überraschenden Genealogien der Müttererziehung.

DRITTENS: ENDLICH MAL WIEDER DIGITALER FILMCLUB

Der Gesprächskreis der Cineasten widmet sich am Montag, 26.04., Claude Chabrols beunruhigendem Kammerspiel Der Schlachter. Die Nachbesprechung dieses Klassikers ist kostenfrei und läuft ab ca. 21.15 via Zoom.

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Kino 3
im Filmhaus Nürnberg
Königstraße 93




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KINO3 . ICH, DANIEL BLAKE

Der britische Regisseur ken Loach ist bekannt für seine schnörkellos erzählten Sozialdramen, Filme über das echte, harte Leben, die Loach bereits zwei Mal die Goldene Palme von Cannes eingebracht haben. Unter anderem für Ich, Daniel Blake (2016), der ab dieser Woche im kino3 gestreamt wird. Der titelgebende Held hat sein Leben lang als Schreiner in Newcastle gearbeitet. Nach einem Schlaganfall muss er sich zum ersten Mal um staatliche Hilfen bemühen. Im Zuge dessen trifft er auf Katie, eine alleinerziehende Mutter, die um der Obdachlosigkeit zu entgehen, gezwungen ist, in eine Wohnung weit weg von ihrer Heimat zu ziehen. Ich, Daniel Blake gewährt einen Einblick in die Lebensrealität von Menschen, die sich schuldlos durch die bürokratischen Maschen des Sozialsystems wühlen müssen. Auf der kino3-Homepage findet ihr ein Interview mit dem Regisseur Ken Loach.

DAS SALZ DER ERDE

Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado hat jahrzehntelang internationale Konflikte, Kriege und Vetreibung dokumentiert und damit weltweite Bachtung erlangt. Unter anderem vom deutschen Star-Regisseur Wim Wenders, der sich für diese Dokumentation auf die Spuren Salgados begeben hat. Wenders begleitet den Fotografen und seinen Sohn bei der Arbeit an dem weltumspannendenen Großprojekt “Genesis”, einer gewaltigen Liebeserklärung an die Erde. Auch Das Salz der Erde wurde in Cannes ausgezeichnet und für den Oscar als bester Dokumentarfilm nomminiert. Das kino3 zeigt den Film anlässlich des laufenden Fotofestivals.

BEUYS

Die Zeitungen sind voll davon, das kino3 lässt sich nicht lumpen: 100 Jahre großer Düsseldorfer Kunstprediger, 100 Jahre Fett and Filz, 100 Jahre Joseph Beuys. In dieser Dokumentation aus dem jahr 2017 erteilt Regisseur Andreas Veiel des Künstler selbst das Wort und montiert aus zahlreichen, zuvor unbekannten Bild- und Tondokumenten ein durchlässiges, assoziatives Portrait. Darin lernen die Zuschauer*innen den Lehrer kennen, den Boxer, den Hutträger, den Grünen-Kandidaten, aber auch den Menschen Beuys hinter allen Rollen. Auch Widersprüche und Gegensätze werden in dieser Form der intimen Betrachtung deutlich. 

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im Filmhaus Nürnberg
Königstraße 93

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