Claudias Kinoempfehlungen im November

MITTWOCH, 1. NOVEMBER 2017

#Babylon Kino, #Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #E-Werk, #Film, #Kino

Diesen Monat gibt es zwei Schauspieler, die überraschen. Man hätte weder von ihr noch von ihm gedacht, dass sie einen Film so ungeheuer passabel stemmen. Respekt, Robert und Diane.

GOOD TIME
AB 02.11. // CASABLANCA
Robert Pattinson ist kein ganz Schlechter. Aber er wird immer ein bisschen Vampir bleiben, immer ein wenig der Ex von „Twilight“-Kristen Stewart. Jetzt macht er mit GOOD TIME einen Riesenschritt. Denn dieser Thriller ist verdammt mitreißend. Es geht von Anfang an alles schnell und direkt. Pattinson hat einen behinderten Bruder und versucht als halbkrimineller Underdog mit lauteren und unlauteren Mitteln so zu leben, wie er es für richtig hält. Wenn man mit der Konstellation Mädchenliebling plus Verwandter mit Handicap kommt, muss man uns diese Geschichte schon ordentlich um die Ohren hauen, wenn wir das gut finden sollen. Es gibt gekonnte Parallelschnitte, ein tolles Skript, das viel Platz lässt für Details und einen fiebrigen Patterson. Diese Rolle als notorischer Lügner steht ihm. Tatsächlich wurde der Film in Cannes gefeiert, was mich verblüfft, aber ich feiere mit …
 



DER NOBELPREISTRÄGER
AB 02.11. // E-WERK & BABYLON
„Wild Tales“ lässt grüßen, heißt die Werbung und damit haben sie mich auch gekriegt. Doch das führt in die Irre. Durchgeknallt ist die Komödie über den Nobelpreisträger, der zurück nach Hause geht, nicht. Es ist eine ruhig und sehr gut durcherzählte Geschichte, die an manchen Stellen tief blicken blässt. Der erfolgreiche Autor geht dorthin, worüber er schreibt, dorthin wo er noch Gefühle hatte und lebte. Früher. Heute hat er so viel Geld, dass es ihm schwerfällt, sich nicht zu langweilen. Entsprechend bizarr ist die Kollision von Dorfleben und Superstar. Nicht, dass die nicht wüssten, wen sie da vor sich haben, sie feiern nur anders. All die provinziellen Schrecklichkeiten stellt der Regisseur nicht bloß, das ist besonders. Daneben hat er einen selbstreflektierenden Hauptdarsteller, der einfach mal Lust hat, die Wahrheit zu sagen. Reicht für einen schönen, unaufgeregten Film!  
 


JETZT.NICHT
AB 09.11. // CASABLANCA
Eigentlich ist das der dritte Schauspieler, der überraschend einen Film schultert. Godehard Giese wirkt immer ein wenig verpennt, was ihn sympathisch macht. Bei JETZT.NICHT hat er eine schwere Aufgabe. Nicht wegen der Frage: Was macht Mann, wenn der Job weg ist, den Walter (Giese) so mochte. All die schönen Zahlen, das Verkaufen von Träumen. Als Marketingchef fühlte er sich sehr wohl. Schönes Thema, das aber in diesem Jahr schon zweimal exzellent im Kino gezeigt wurde: Sowohl „Der Hund begraben“ als auch „Wilde Maus“ waren super Filme. Schwer hat es ein Hauptdarsteller jetzt dagegen anzukommen. Giese wird auf eine harte Tour geschickt, um neue Facetten von sich kennenzulernen. Alleine durch seine Mimik verändert er den Charakter, das ist beeindruckend. Die Kulisse ist oft still und von simplen Geräuschen durchzogen, was dem unberechenbaren Skript eine spannende Bühne gibt. Empfehlung.
 


THE BIG SICK
AB 16.11. // CINECITTA    
Ich mag Liebesgeschichten, in denen die beiden Beteiligten in ihrer eigenen Welt reden. Dieses Verstehen, der Schlagabtausch von zweien, die anders sind als die Meisten, macht Spaß, und wenn einer schon mal Comedian ist, weiß man, dass auch die Frau nicht auf den Mund gefallen ist. Leider gibt es hier noch einen Clash der Kulturen und so treffen reiche Pakistanis, die ihren Traditionen verbunden sind, auf ein weißes, amerikanisches Mädchen. Trump reloaded. Kumail lebt in seiner Junggesellenbude und seine Eltern verlieren langsam die Geduld. Sie bieten ihm hübsche Mädchen und er lungert nur mit seinen seltsamen Kumpeln herum und neuerdings mit dieser Emily (immer wunderbar: Zoe Kazan). Aber das wissen sie wenigstens nicht. Leider weiß auch der Typ nicht, wie er mit seinen Gefühlen umgehen soll. Das Leben hält eine gemeine Finte bereit, damit sich alle besser kennenlernen. Der Film wird deshalb gut, weil er – in Teilen – wahr ist.
 


LIEBE ZU BESUCH
AB 23.11. // CINECITTA    
Klar, diesen Film braucht kein Mensch. Aber er ist süß. Würden Frauen sagen. Denn die frisch getrennte Reese W. gabelt bei ihrer Geburtstagsfeier drei Typen auf, die in etwa halb so alt sind wie sie, also jeweils. Sie ziehen ein, weil sie im Filmbusiness Fuß fassen wollen und eine Bleibe suchen. Und jeder der (echt netten) Drei erfüllt eine andere Funktion. An dieser Stelle finden Frauen den Film eben ganz lässig. Tatsächlich kommt die Geschichte ins Rollen und ähnelt nicht, wie zuerst vermutet, Uma Thurmans „Couchgeflüster“, bei dem sie mit einem sehr jungen Typen liiert ist. Ich würde dieses Werk einen freundlichen Versuch pro alternative Lebensmodelle nennen, wenngleich die Wendungen zum Ende hin so hastig passieren, als hätte man ein wenig viel rausgeschnitten.
 


AUS DEM NICHTS
AB 23.11. // CINECITTA & CASABLANCA
Fatih Akin kann nicht nur „Gegen die Wand“, er kann auch AUS DEM NICHTS. Sein neues, brillantes Werk ist so gut wie sein packender Hamburg-Film aus dem Jahr 2004. Akin ist einer für Meilensteine. Diane Kruger, die einzige deutsche Schauspielerin mit internationalem Erfolg, kam für ihn zurück in die alte Heimat, spielt die Ehefrau eines Kurden. Die beiden führen ein unkonventionelles Leben, bis eine Bombe vor Nuris Büro explodiert. Krugers Sohn und ihr Mann werden ausradiert und die Polizei sieht kein Opfer, sondern einen Kurden und ehemaligen Drogenhändler, der seinen Tod natürlich selbst zu verantworten hat. Diane Krugers Schönheit, das klingt jetzt komisch, tut dem Film gut. Sie ist nicht die steife Historienbraut, nicht das unbewegliche Beauty Face, sie ist einfach da. Eine Frau, die wenn ihr die Trauer Luft lässt, Täter sucht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Keine Heroine, sondern ein Mensch. Und Fatih Akin? Erzählt seine Geschichte wie nur er es kann. Mit Klarheit im Blick und Wut im Bauch, die er immer geschickt kanalisiert. Neutral ist er nicht. Wird er nie sein. Hier und da streut er Kunst ein, immer dann, wenn Blut im Spiel ist. Das sind Hinweise darauf, dass es ein Film ist und diese Ausflüge tun bei der Intensität gut. Jedes Gramm Pathos ist am rechten Platz.
 




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