Andis Katerfrühstück_3 - Seebombe, Drogengebiss, E-Scooter

MONTAG, 5. AUGUST 2019



Der curtblick auf die Woche vom 29.07. bis 04.08.

Den Scherz kann man sich nur mit äußerster Disziplin verkneifen, also drauf gepfiffen: Bombenstimmung herrschte am Montag bei fast 2.500 AnwohnerInnen des Wöhrder Sees, die als solche nicht nur AnwohnerInnen des Wöhrder Sees, sondern auch einer Fliegerbombe waren. Der Bombentorso, in dem noch rund 100 Kilo Sprengstoff ihrer Zündung harrten, war bei Ausbaggerarbeiten östlich der Dr.-Gustav-Heinemann-Brücke entdeckt worden. Die Weltkriegshinterlassenschaft wurde zunächst auf eine schwimmende Insel, dann an Land befördert, wo das Kampfmittelräumer-Team um Sprengmeister Michael Weiß die Entschärfung vornahm und zwar ganz diskret und ohne Sprengung und Krachbumm.

Während sich im Schlamm des einen, also des Sees, fast schon archaisch scheinende Sprengkörper verbergen, verbergen sich in den Zahnplomben des anderen illegale Betäubungsmittel. Drogen im Gebiss. Wie die Polizei, die den Mann, der sich dann auch noch heftig wehrte, am Bahnhof festnahm, das wissen konnte, ist nicht bekannt. Guter Riecher wahrscheinlich. Ein seltsames Bild jedenfalls, das da unterm Strich von dieser Stadt entsteht und wer weiß, was noch alles unter irgendwelchen Oberflächen schlummert.

Zweites Kapitel in Sachen N2025 und die 30 Millionen: So hoch wäre der städtische Anteil, der in den weiteren Bewerbungsprozess fließt, in Euro. Bayern übernähme genauso viel, 10 Millionen kämen vom Bund, 15 vom Umland, Sponsoren, Stiftungen, etc. Der Stadtrat muss nun entscheiden, ob das was wird mit den 30 Millionen, ob man als Bewerbungsbüro, das ja weitermachen will, damit planen kann. SPD, CSU und Grüne sagen da logischerweise: jo. Die Linke hingegen möchte schon gerne, aber dann doch nur 20 Millionen. Die Freien Wähler machen es ganz schlau im Sinne von: Ich bin für den, der gewinnt. Also: Wenn Nürnberg sich erfolgreich bewirbt, dann waren wir im Endeffekt auch dafür … André Fischer von der NZ sagt spitz und richtig: „klassisches Trittbrettfahren.“  

Nürnberg präsentiert sich in diesen Tagen ohnehin weiterhin ganz routiniert als kulturell lebendig und eben auch ziemlich bunt. Es sind noch immer die Wochen der Massenveranstaltungen. Vierstellig beim CSD mit 5.000 Teilnehmer*innen der Paraden am Samstag, und dann fünfstellig, einfach eine Null mehr, beim Klassik Open Air am Abend im Luitpoldhain. Beides Veranstaltungen, die im vergangenen Jahr besser besucht waren, aber, na ja, das Wetter halt. Der sympathische Chefdirigent Kahchun Wong hatte sich zwei Tage vorher ja noch Zeit für ein Interview mit mir genommen und sich sogar zum Fotoshoot am Dutzendteich nötigen lassen. Das Wichtigste über den Dutzendteich weiß er nach einem Jahr im Amt natürlich: Vorsicht, Gänsescheiße. Diese karamellartige Masse ist im Büro nicht gern gesehn.  

Kot am Schuh ist aber natürlich auch ein klassisches Fußgängerproblem und Zufußgehen ist mittlerweile obsolet, weil man auch in Nürnberg schließlich seit dieser Woche lautlos und elegant auf dem E-Scooter durch die Stadt gleiten kann. Nicht durch die Fußgängerzonne freilich, das ist verboten, ein Glück, und auch nicht in den Biergarten, weil E-Scooter zählt promillemäßig wie Auto. Die Polizei hält bereits Ausschau nach schlängelnden Rollern und hat in der ersten Woche acht Trunkenheitsfahrten und drei Unfälle notiert. Beides kriegen wir zum Beispiel auch mit dem guten alten Fahrrad hin und empfehlen nach curt-Chefmanier zielsicher und stets die Straßenbahnschienen anzusteuern. Hat zwar keinen Motor und ist meistens hinten platt, so ein Fahrrad, dafür schaut man dadrauf nur höchstens halb so blöd aus und gibt selbst beim Sturze eine rennaissancehaft elegante Figur ab.   
 
Außerdem gelesen: In Japan erhielt der erste Forscher, Hiromitsu Nakauchi sein Name, die Erlaubnis, eine Chimäre zu züchten, ein Mischwesen aus Mensch und Tier also. Das heißt: Einem tierischen Embyro, in dem Fall einer Ratte, werden menschlichen Zellen eingepflanzt. Ausentwickelt soll ein solches Wesen, möglicherweise, irgendwann, wie ein Lager für frische menschliche Organe für Transplantationspatienten funktionieren. Nakuchi möchte jetzt beispielsweise mal mit Bauchspeicheldrüsen anfangen, Ratten mit Mäusebauchspeicheldrüse sind ihm ja bereits gelungen. Kritiker befürchten, die menschliche Bauchspeicheldrüse in der Ratte könnte sich sonstwo entwickeln, im Rattenhirn zum Beispiel und das ist ja auch nicht schön. Tja. Puh, was sagt man dazu? Hätte es früher nicht gegeben, sowas. Und das stimmt wenigstens mal.
Aber, aber, langsam: Als fortschrittsfreundliches Magazin bieten wir hiermit sämtlichen misslungenen Chimären, die sonst in den Kellern japanischer Universitäten ein bemitleidenswertes Dasein fristen würden, unbezahlte Praktikumsplätze an.

Um all das noch einmal schmissig zusammenzufassen: Bomben im Södersee, Drogen in Zahnhöhlräumen, Kot am Schuh, Trunkene auf E-Rollern und Bauchspeicheldrüsen in Rattenhirnen. In was für einer Welt leben wir eigentlich? In einer gefährlichen wahrscheinlich, einer spannenden, seltsamen, wunderschönen. In der besten Welt sicherlich, die wir uns nie vorstellen könnten.  
 




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