So war: Egersdörfer und Artverwandte #11

DIENSTAG, 16. DEZEMBER 2014

#Bird Berlin, #Comedy, #Egersdörfer, #Natalie de Ligt

Von deutschen Marschrythmen über Münchener Schaumschläger bis zur Bird Berlin-Fanclub-Chefin aus Holland war wieder jede Menge geboten bei Matthias Egersdörfer und seiner Show "Egersdörfer und Artverwandte" – Gastredakteur Lukas Münich hat so allerhand zu berichten.

Wir schreiben den ersten Dienstag nach dem 7. Januar 2015 (was wahrscheinlich sowas wie der 11. September 2001 ist für die Franzosen) und ein bisschen fährt einem schon der Schreck in die Glieder, weil die Januars-Artverwandten mit Gewehrsalven eingeläutet werden und man sich denkt: „boah, nein, bitte nicht, ich bin viel zu sexy für zum Dahingemeucheltwerden und saubere Unterwäsche hab ich auch keine an“.
Aber halt: wieder war die Paranoia Vater/Sohn/Heiliggeist der Suggestion, denn die Gewehre sind keine Gewehre sondern Trommeln und die Salven keine Salven sondern ein ganz traditioneller, deutscher Marschrythmus. Na, das hätte mir mal jemand vor einem Jahr erzählen sollen, dass ich einmal dank dem deutschesten aller Instrumente, einer Schnarrtrommel, mir das vor den Salafisten in die Hose scheißen verkneif. Dem hätte ich die pegidischen Löffel langgezogen und mit Edding dick الأح مق (alamok) draufgeschrieben, was auf Arabisch so viel wie Volldepp heißt. Aber so sitz ich einfach nur vor mich hin und schäm mich für meine Blödheit. Alsbald hat aber die Trommel in ihrem Konsortium eine fröhliche Musik angestiftet, sodass ich bald abgelenkt bin von meinem Gram.
Das besagte Ensemble ist eine waschechte Marschkapelle, die nicht nur mit einem derart hübschen Holzregister, dass man durch die Zähne pfeift, aufläuft, sondern auch mit einem, wie es dem Münchener Schaumschläger Michael Sailer, der sich hinter der Bühne einen kuscheligen Unterschlupf gebaut und alles mitangesehen hat, richtigerweise auffällt, semantisch interessanten Namen, welcher nämlich da ist Marching Band Lauf. Den ersten Witz des Abends erzählt der Dirigent und lacht selber sehr herzlich darüber, denn er ist sehr gut.
Der Egersdörfer begrüßt hernach erstmal ganz offiziell die angereiste Bird Berlin-Fanclub-Chefin aus Holland und stellt dann ein gewisses Zwangspublikum fest. Seine Schoßhündin Carmen lässt die Herzogin Kate raushängen und erzählt von ihrem neuen Trainingsprogramm (Kaffeekochen, Schuhebinden, Nekrophilie), weil das mit dem Weihnachtsspeck sich doch arg auf den Stuhlgang auswirkt und da macht der Herr Egersdörfer ein ganz bitteres Gesicht dabei, weil er weiß, dass sie Recht hat damit. Leider gar nicht da an dem Abend ist der Philipp Moll und das tut auch allen recht weh im Herzen. Aber er ist woanders hingegangen, nämlich in den Fernsehapparat hinein in München und da soll es ja auch sehr gut sein.
Der Programmzettel in der Hand von den MCs Andi und Linda sieht vor, dass jetzt mitten in die Sicht ein Mann daherkommt, der ein bisschen aussieht, als sei er als Kind in einen Kessel Hanfsuppe gefallen und seitdem nicht mehr herausgekommen. Jedoch trügt der Schein gewaltig, denn Mago Masin, der der Mann ist, ist ein kluger Kopf, der sich vorbereitet und sogar Ersatzbatterien dabeihat, die ihm einer bringt für seine Stromgitarre. Da macht es auch nichts aus, dass er von Frauen nur das Eine will (Baugrund), denn er habe es aufgrund eigener Wohnlage bitter nötig, so der Moderator. Dieser Umstand macht alle betroffen und ein Hut geht rum für Spendenzeug (Kronkorken, Knöpfe).
Dass ich den anderen Gast des Abends jetzt halt vorhin schon verraten habe, ärgert mich ein bisschen. Jedoch ist er wohl der einzige Künstler, den ich mir in meinen klebstoffzamzerschnüffelten Hirnrumpf reinimaginieren kann, den zweimal zu erwähnen ich mich nicht sehr scheuen würde und daher nenne ich ihn nochmal, aber danach nicht mehr: Michael Sailer. Der Joseph Beuys der süddeutschen Sprachkunst kann fast alles und vieles davon richtig gut. Am besten kann er Dialoge schreiben wie Karl Valentin, Stromgitarrenbatterien dem Mago Masin bringen und die untere Mittelschicht beschämen. Letzteres sich anzuhören macht großen Spaß und ist in München zu bewundern, wenn man (wie der Philipp Moll) die Zeit hat, hinunterzufahren.
Es gibt auch ein Informercial-Element am diesigen Artverwandtentreff: die lobenswerte Einrichtung des KommKinos ist eine, die zu loben man nicht müde werden darf. Darum machen zwei fesche Boys Werbung dafür: die Leute vom KommKino zeigen immer (wirklich immer!) geile Filme, die sich, am Arthouse angelehnt, zu den vernachlässigten Genres zählen (ich nenne nur 3 davon: Exploitation, Blaxploitation und natürlich Sexploitation).
Übrigens: Philipp Moll hat den Michi Sailer an diesem Abend dann doch nicht gesehen in München, weil der ja hier war und nicht dort. Das ist dumm gelaufen.

[Lukas Münich]




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