20 Jahre Mata Hari Bar

13. OKTOBER 2014 - 18. OKTOBER 2014, MATA HARI BAR

#Gastronomie, #Interview, #Mata Hari

Das Kneipen-Kleinod in der Weißgerbergasse ist ein wahrer Methusalem. Zwei Jahrzehnte im Gastroleben, das schaffen nicht viele. Wir haben bei Betreiber Stephan anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten nach seinem Rezept für Langlebigkeit nachgefragt – und ob er noch mal so viele Jahre schaffen wird ...

Unvorstellbar: Vor 20 Jahren gab es noch keinen curt. Dafür gab es Läden mit Namen wie Cosmo, Kilian, Metropol oder Superfly.
Die Mata Hari Bar, beziehungsweise anfangs noch Das Mata Hari, ist seitdem eine der wenigen verbliebenen Konstanten im innerstädtischen Nachtleben.

1994 war es, als Linda – damalige Grande Dame der Szene – die vormalige Pils-Beize in der Weißgerbergasse übernahm und dort teilweise legendäre Sachen bis hin zu Afterhours im Gewölbekeller fabrizierte. Im August 2002 nahm schließlich der heutige Hausherr Stephan – damals noch mit Kompagnon Matthias – das Zepter in die Hand. Die gastronomischen Erfahrungen beschränkten sich bis dahin auf sein Dasein als Stammgast. Hat aber nicht geschadet - seit damals geht die einfache Formel "Was gefällt, wird gemacht; was anderswo missfällt, bleibt draußen!" nämlich wunderbar auf. Während anderswo Hypes erfunden und verschandelt werden, hält man sich fein heraus oder hat die Sache eh schon lange vorher auf dem Schirm. Als plötzlich jeder Landbier propagierte, hatte Stephan ganz unaufgeregt schon lange rund ein Dutzend Sorten auf der Karte. Während anderswo mal House, mal Hip-Hop, mal Electro oder mal irgendein unaussprechliches Subgenre kurzzeitig schwer angesagt ist, gibt es in "der Mata" ganz verlässlich Gitarrenmusik - aus der Dose und seit einigen Jahren sogar live.

Genug Geschichtsunterricht, stellen wir den Fokus darauf, was kommt, denn zum Jubiläum steht eine ganze Woche mit Feierlichkeiten an: Sonntags-Frühschoppen am 12. Oktober (mit Kempo), Montag (MyFlint), Dienstag (Ukulele Insanity) und Mittwoch (The Noise) gibt es Livemusik in „Nürnbergs schönstem kleinsten Konzertsaal“, Donnerstag hat wiederum Kempo den richtigen Jubelrock parat, Freitag kommen Mr. S. Oliver und Dem Acer sein Kumpel mit Vinyl daher und machen die Bar zum Beatladen. Und am Samstag (18.10) kommt‘s richtig dicke: Die ganze Mata Hari-Bande zieht fürs Finale furioso der Geburtstagswoche in den Club Stereo. Mit von der Partie sind die Bad News Boys, die früher mal King Khan & BBQ Show hießen und auch mit neuem Namen noch immer das gleiche, famos krude Garage-Punk- & Doo-Wop-Gemetzel veranstalten, und die High-Energy-Rock&Roller von The Jetlegs … und wir von curt mit ganz herzlichen Glückwünschen!


20 Jahre Mata Hari Bar –  da sind doch ein paar Fragen offen. curt traf sich mit Betreiber Stephan auf ein paar Worte und fragt gewohnt investigativ nach. Bitte schön:

Wie wirst Du eine Woche Geburtstag feiern überstehen?
Der härteste Tag wird wohl der Früschoppen werden, weil ich an einem Sonntag früh aufstehen muss. Klar werde ich dann rund eine Woche später lange ausschlafen! Auf die Tage dazwischen freue ich mich aber sehr, da mit Sicherheit viele langjährige Weggefährten vorbeikommen werden und ich mich arbeitstechnisch prima auf mein Team verlassen kann, das mich ohnehin schon das ganze Jahr perfekt unterstützt!
 
Wie schafft man 20 Jahre Nachtleben?
Naja, acht Jahre davon war ich ja nur auf der Gastseite und das ist oft anstrengender als der Thekenjob. Es geht eigentlich nur solange es Spaß macht und das tut es nach wie vor, weil viele Gäste einfach schon immer da sind und mit mir älter werden. Wichtig ist es auch mit dem Alkohol umgehen zu können. Ohne geht es nicht - wenn alle um dich herum fröhlich trinken, brauchst du einfach ab und an mal ein Bier. Schnaps und andere härtere Sachen lass ich beim Arbeiten aber weg.
 
Schaffst Du nochmal 20 Jahre?
Ich hab immer gesagt, dass ich den Job gerne so lange mache, solange ich mich nicht verkaufen muss. Wenn ich mit 50 noch hinter der Theke stehe und ich nur 20-Jährige um mich herum habe geht das nicht. Wenn aber das Publikum im Schnitt weiter mit mir älter wird, dann kann ich mir das aber schon vorstellen.
 
Weißt Du, was aus der Linda geworden ist?
Nach dem Mata Hari hatte sie für ca. zwei Jahre das Nachtlabor in der Hutergasse, hat aber etwa 2004 in München eine Boutique eröffnet, die offensichtlich sehr gut läuft. Ich hab sie auch mal besucht. Sie wirkt sehr zufrieden damit. Von ihrer Gastrozeit hat sie sich aber in Form einer kleinen Bar-Ecke in ihrem Laden ein kleines Stück mitgenommen.
 
Was war dein schönster Mata-Moment?
Da gibt es viele. Die WM 2006 ist sicher ganz vorne dabei. Erst zuletzt das Konzert der Phenomenauts, die ihren Auftritt in der kleinen Mata Hari Bar mit einer komplette Spaceshow mit allerlei Lichteffekten samt Nebel und Toilettenpapierkanone zelebriert hatten.
Sehr dankbar bin ich, dass ich mit Ollie Schneider zusammen das Konzert von Beatles-Teacher Tony Sheridan veranstalten durfte - eines der letzten vor seinem Tod.
 
Und die fieseste Geschichte?
Die mediale Hetzkampagne der Zeitungen gegen die Weißgerbergasse von 2003 bis etwa 2008. Die Nachwirkungen davon sind bis heute spürbar, weil man damals mit schlechten Recherchen und gnadenlosen Übertreibungen eine Art Klischee erschaffen hat. Die Weißgerbergasse ist somit zu einem Synonym für Probleme des Nürnberger Nachtlebens geworden.
 
Freie Auswahl - wen würdest Du dann mal auf Wohnzimmermusik holen?
Ganz vorne weg Pearl Jam und die FooFighters. Sehr gerne auch The Soundtrack of our lives, Radio Birdman oder die Hellacopters.
 
Was würdest Du an Nürnberg gerne ändern?
Das, was man gerne überall ändern möchte. Einigen Leuten glaubhaft klarmachen, dass es in einer Großstadt etwas lauter zugehen muss und ihre Klagen, selbst wenn sie damit von der Gesetzeslage her gesehen oft richtig liegen (so wie zur Zeit in der Gustavstraße in Fürth), höchst undemokratisch sind, weil nachher mehr Menschen unter den Auswirken leiden müssen als vorher.
Speziell für Nürnberg würde ich mir zudem wünschen, dass man ein bisschen weniger Understatement betreibt, sich selbstbewusster gibt und gerade in der Politik etwas geradliniger und großstädtischer agiert wird (Frankenschnellweg, Albrecht-Dürer-Flughafen, 50-Meter-Schwimmhalle, usw). 
Ein positives Beispiel ist der District Ride. Bei aller Kritik am veranstaltenden Energygetränkehersteller - hier hat man mal nicht auf die dreieinhalb Anwohner gehört, die sich (wie so oft schon im Vorfeld) beschwert haben und hat somit eine Veranstaltung zugelassen, die Nürnberg viel Geld und vor allem weltweite Aufmerksamkeit beschert hat.
 
Was schätzt Du an Nürnberg?
Nürnberg ist streckenweise wunderschön. Das merkt man oft erst dann, wenn man mal in anderen Städten war. Die verhältnismäßig große Altstadt als zentraler Mittelpunkt ist einmalig. Es gibt wunderschöne Fleckchen und man findet alles, was man braucht. Nur muss man oft einfach wissen, wo man suchen muss.
 
Zum Geburtstag eine Antwort geschenkt. Was möchtest Du sonst noch loswerden?
Die Probleme im (Nacht-)Leben sind oft das Ergebnis fehlender Toleranz und egoistischen Verhaltens auf beiden Seiten.
Würden sich alle Beteiligten ein bisschen mehr in die Lage des anderen versetzen, würde es zu weniger Konflikten kommen.

[Text, Interview: tg]
 

MATA HARI BAR
Weißgerbergasse 31
90403 Nürnberg

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#Gastronomie, #Interview, #Mata Hari

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