Egers u. Jordan: Das Pferd auf dem Balkon
#Kleine Ausflüge, #Matthias Egersdörfer, #Michael Jordan
Egersdörfer und Jordan besuchen die Reitlehrerin und Pferdeherdenhalterin Lucia Biermann in Siglitzhof.
Aus Erlangen war der Zeichner Michael Jordan nach Fürth gereist. Da war der Egersdörfer schon aus der Wohnung im zweiten Stock des Hinterhauses herabgestiegen und begrüßte den Freund mit Handschlag und wohlmeinender Freundlichkeit. Man kann annehmen, dass beide erfreut gewesen sind, weil man sich wieder einmal gemeinsam auf den Weg machte, eine Geschichte für das vogelwilde Stadtmagazin zu schreiben und selbige mit Originalzeichnungen zu veranschaulichen.
Die herzensgute Nichte vom Kabarettisten hatte den Herren das Auto der Familie für die abenteuerliche Fahrt nach Siglitzhof zur Verfügung gestellt. Man sollte an dieser Stelle vielleicht dazuschreiben, dass des Egersdörfers Vorstellungen von Geographie rudimentär zu nennen sind. Und auch das dürfte fast schon geschönt ausgedrückt sein. Der Kabarettist weiß, dass der Zug nach München an der Wöhrder Wiese vorbeifährt und dass man in einem anderen Zug nach Köln kurze Zeit auch am Erlanger Bahnhof hält. Er findet den Weg zum Kino. Er könnte auch nach vier Flaschen Kellerpils vom Gansbräu aus Neumarkt zum Gemüsestand der Frau Albrecht am Fürther Markt leichten Schrittes spazieren. Darüber hinaus geht seine Orientierung aber leicht dubiose Wege.
Den Jordan trifft keine Schuld. Der hörte an diesem Vormittag das Wort „Siglitzhof“ zum ersten Mal. Der Egersdörfer hatte lieber nichts gesagt, weil es ja genügt, dass einer schon nicht genau weiß, wo es hingeht. Der irrlichternde Mensch saß also mitsamt dem Jordan im Auto und musste erst einmal verkraften, dass dieses gar nicht mehr mittels Drehen eines Autoschlüssels im Zündschloss in Gang zu setzen war, weil er gleichfalls auch nicht außerordentlich bewandert war, was die aktuelle Automobiltechnologie anbelangt. Der Jordan merkte in dem Moment der Wirrnis an, dass das neumodische Gefährt bestimmt über ein eingebautes Navigationssystem verfügen müsste. Überhastet wurden Einstellungen eingestellt. Plötzlich fuhr auch das Automobil los. Allein mit dem rechts und links Ab- und Einbiegen war es nicht so einfach. Was das Gerät den Fahrenden mitteilen wollte, blieb ein Stück weit rätselhaft. Zu spät erkannte man einen Hinweis. Ein kurze Strecke fuhr man in Richtung Berlin. Dann zeigte ein Wegweiser die schöne Stadt Prag an. Vielleicht wurde auch Ansbach umrundet. Fragen Sie einen der Beteiligten. Von keinem werden Sie Auskunft erhalten. Der Jordan aktivierte auch noch sein Handy, den Weg zu weisen. Das sprach selbstständig. Beide Leichtmatrosen umsegelten in weiten Runden die Autobahnkreuze.
Der Egersdörfer merkte kurz an, dass dies nicht der direkte Weg sei. Er schwitzte in sein Hemd. Obwohl es frisch angezogen war, war es bereits unerlässlich, dass es am Ende des Tages wieder in den Sack mit der Gebrauchtwäsche wandern sollte. Aber würde man einen Weg finden, das gewünschte Ziel erreichen? Würde man dorthin zurückfinden, wo die Wäschesäcke wohnten? Auf schmalen Straßen fuhren sie an leuchtend bunten Bäumen vorbei, durch verträumte Dörfer, in denen sich die Zeit in Büschen verfing und hinter den leuchtenden Hügeln die Welt endete. Wie im Wunder fuhren sie jetzt durch Kreppling. Da hatte der unglaubliche Mackl den Egers im Sommer zum Hoffest geladen. An einem Biertisch unter der lachenden Sonne war er gesessen mit allsamt lustigen Gesellen. Ein waschechter Rocker wusste damals Abenteuerliches zu berichten. Der Kabarettist roch noch die wunderbaren Bratwürste, schmeckte das fabelhafte Bier auf seiner Zunge.
Der rundliche Mann jauchzte und flüsterte dem Beifahrer, jetzt wären sie gleich bei der Lucia, ihrem Hund und der wilden Pferdeherde. Genau mit dieser Frau war der Egers in Nürnberg auf das Labenwolf-Gymnasium gegangen. Eben diese hatte ihm das Abitur gerettet, weil sie ihm im richtigen Moment in den Oberschenkel gezwickt hatte. Kurz bevor er dem Studienrat der Chemie einmal sagen wollte, was er wirklich von ihm hält. Das steht alles im Roman „Der Vorstadtprinz“. Da kann man es genau nachlesen. Jetzt kenne er sich aus, jauchzte er erfreut. Was kann es für ein Glück sein in der Orientierungslosigkeit plötzlich zu wissen, wo man sich befindet. Egersdörfer stellte das Auto am Hof ab. Jordan und er stiegen aus. Der Hund bellte. Sie gingen ins Haus. Da war es angenehm warm. Egersdörfer klopfte an die Tür der guten Stube. Lucia Biermann saß auf dem Sofa und begrüßte die Herren mit breitem Grinsen aus dem wettergegerbten Gesicht.
„Also des is edz normal hier, dass da hinder dir die Dür ab und zu amal auf und zu geht, Licht angeht, oder sonstwas. Des sin meine Reider“, erklärte die Hofherrin dem Jordan. Dieser entnahm seinem Rucksack gerade das Klemmbrett mit dem Zeichenpapier und seinen bevorzugten Fineliner. „Deine Reiter?“ wollte der Zeichner wissen. „Menschen, die da hier ihr Pferd stehen hamm, kommen da nei. Die hamm da ihre Sättel und ihr Zeuch. Des is quasi die Sattelkammer. Da hat jede von den Ladies an Spind.“ – „Sättel?“ fragte der aufmerksame Jordan mit einer kleinen Falte zwischen den Augenbrauen. „Weiß ich nedd. Sattel oder Sättel. Was is denn der Plural von Sattel?“ fragte darauf die Lucia. Egersdörfer antwortete mit unsichtbarem Grinsen: „Sattels!“ – „Ich müssts eigentlich wissen“, entgegnete sie. „Aber Sattels find ich gud.“ Alle drei lachten. „Also, die hamm da ihre Sattel“, hielt der Jordan fest. – „Sattels stimmt fei nedd. Stimmt gar nedd. Sattels stimmt am wenigsten,“ echauffierte sich die Lucia belustigt. „Kann man für Sattel auch ein anderes Wort verwenden? Sitzhilfe vielleicht?,“ hakte der Jordan noch einmal nach. – „Stühlchen, Stühlchen auf Pferdchen!“, erklärte die Reitlehrerrin. Wieder lachte man zusammen. „Genau. Ihr Glump und ihr Zeuch und Sachen, mid dene man Pferde am besten verzieht und verwöhnt. Da is halt alles eingelagert. Und die nehmen des dann halt.“ Jordan wollte es genau wissen: „Die Decken und das Geschirr, oder wie heißt das?“ – „Also des sinn edz Trensen. Geschirr is es nur bei Kutschpferden. Hinder dem Word Geschirr steckt praktisch, dass es nedd nur den Kopf, sondern auch die Brust des Pferdes bedient. Des ganze Lederglump, was da hin muss. Und wenn´s nur am Kopf is, dann spricht man von Trense, Kandare. Die Terminologie richtet sich nach dem, was in der Gosche drin is. Wenn du in der Goschn nur a Metallstück drin hast, na is es a Trense. Wenn du a Metallstück mit Anzügen hast … des kennst du ausm Western. Wenn die da ganz cool, einhändig – woomp und so – ihre Pferdchen reiten – Scheißdreck –, da is dann a Kraftübersetzung über die Anzüge. Da sin dann undn so lange Dinger dran. Wenn du da ganz kleine Bewegungen machst, hast a Hebelwirkung, die sich ums vierzigfache auf den Pferdekopf überträgt. Des wär dann die Kandare. Und deswegn kannst da so dun, als wärst a coole Sau.“ Mit einem tiefen kehligen Lachen ließ Lucia ihren Satz enden. „Und deswegen ein Scheißdreck, jetzt komm ich mit“, erläuterte sich der Jordan die Ausführung. „Weil du von den Ladies gesprochen hast. Sin des wirklich nur Fraun, die hier ihre Pferd bei dir eingestellt ham?“ „Glar. Also die Männer sind echt sehr dünn besiedelt. In meiner ganzen Karriere als Reitlehrer sind´s ned mehr wie zehn Männer gwesn. Ich hab meistens mid die Männer an wahnsinnigen Spaß ghabt, weil die des alles a weng pragmadischer angehn. Da is ned so a riesen Getüdel drum. Abber wo die dann in der oberen Liga herkommen, des frag ich mich. Wie Pilze schießens
ausm Boden. Auf einmal gewinnens internationale Preise. Wo die angfangd hamm, des möcht ich erst amal wissen. Die siggsd ewich nedd und auf einmal gwinnens plödzlich in der Olympiade. Des is echd spooky. Du kannsd in jeden Reitschulbetrieb neischaun. Des sinn zu 99 Prozent immer Fraun. Also diese Wettkampfidee, die hamm Männer viel mehr als Fraun. Bei uns in Deutschland is es grad so, dass die Dressurreiterei komplett in Frauenhand is. Springreiterei eigentlich in Männerhand. International sins eigendlich nur Männer, die Wettkampf machen. Die wern anscheinend versteckt, bis sie Preise gewinnen.“
In dem weiteren Gespräch ging es dann noch um die verschiedenen Leistungsklassen bei den Polizeireitern und die sehr anspruchsvolle Ausbildung von Reitern und Pferden. Lucia führte zudem aus, dass die Berufsreiterei, die es noch im Zweiten Weltkrieg gegeben hätte, jetzt beendet sei, nachdem es kein einziges Staatsgestüt mehr gebe. Dann schenkte sie frischen Kaffee in drei Tassen. Michael Jordan begann nahezu unmerklich zu zeichnen, und der Egersdörfer wollte von der Lucia wissen, wie genau es bei ihr mit der Reiterei angefangen habe.
„Des kannst mei Mudder fragn. Naa, die kannst nimmer fragn, weil die is gstorbn. Mid drei Jahr, oder was, hab ich meiner Mudder erklärt, dass ich edz a Pferd brauch. Ich bin mid diesem Virus scho auf die Welt kommen. Da ham wir in Nürnberg gwohnt. Mei Mudder war ja alleinerziehende Mudder. In Langwasser. So richdich schön in der Trabandenstadt, in so am Hochhaus. Hab dann meiner Mudder erzählt, des Pferdla müss mer aufn Balkong stelln. Des gehd scho.“ Der Satz endet in einem gluckernden, tiefen Lachen. Jordan dachte kurz an Bilder von lachenden Menschen in der Kunstgeschichte und an das Pferd von Pippi Langstrumpf, das gern auch mal in der Küche und auf der Veranda stand. „Mei Mudder had dann gsacht, a Pferd, ja spinnst du. Da had doch keiner a Geld dafür. Und wo solln mers hinstellen? Na, aufn Balkong. So had diese irrsinnige Idee angfangn. Und dann hadd ich des große Glügg … also, ich bin eigendlich a Krüppel. Ich habb so komische Rüggngdiagnosen. Morbus Scheuermann und Skoliose. Morbus Scheuermann, kennst des? Da kriegst irgendwann an Buckel und Skoliose. In die andre Achse schief. Also bin ich in beide Richdungen a grummer Hund. Hahaha. Und des wiederum war eigendlich so a bissla genial, weil ich deswegen voltigieren durfte. Da kommt noch dazu, ich stamm aus einer Ärztefamilie. Spinnerte Götter in weiß. Alles Verrüggte! Und der Großvadder hadd dann gsachd, die brauchd Rückenmuskulatur. Und dann ham sich da meine Eldern informierd und des ging dann in Richdung Pferd. Voltigieren erstmal. Durnen aufm Pferd. Sackdoof gsacht. Also eigendlich is Voltigieren Akrobatik aufm Pferd. Abder da red mer widder von der Leistungsklasse. Des habb ich dann einmal in der Woche gmacht midd der Freigabe, dass ich außerdem einmal in der Woche in den Stall darf. Bin dann nadürlich von derham abkaut und war mehr im Stall ghockt als derham und hab sogar in der Box von dem Gaul genächtigt, bis meine Eldern mich dann da herausgezerrd ham.
Also, subber Gschichde. Midd vier ging des los und midd sechs ging dann des mid der Reiterei los.“
Das ereignete sich dann schon in Eckental. Die Mutter hatte noch einmal geheiratet und war aufs Land gezogen. Haus gebaut und „bla und blubbs“. In Eckental befand sich ein großer Reitstall, aber keine Physiotherapie und Krankengymnastik. Die Muskulatur der Lucia Biermann verbesserte sich durch das häufige Sitzen und Turnen auf den Pferderücken. Ihre Eltern hatten für die Tochter vorgesehen, dass sie ein gutes Abitur schreiben und anschließend studieren sollte. Ein universitärer Abschluss war erwünscht. Wenn Lucia schlechte Noten nach Hause mitbrachte, gab es eine Woche Reitverbot. Die Tochter aber ließ sich nicht beirren. Sie babysittete und fuhr Zeitungen aus, um sich selbst den Reitunterricht zu finanzieren. Außerdem arbeitete sie im Stall fleißig mit. Der Stallbetreiber vertraute der kleinen Helferin einige seiner Pferde an. Dieser Mann machte außerdem den Vorschlag, dass die gerade einmal zwölf Jahre alte Lucia den ganz kleinen Menschen Reit- und Voltigierunterricht geben sollte. Dadurch konnte sie sich den eigenen Reitunterricht leisten. Dienstag Nachmittag Dressurunterricht und Donnerstag Springunterricht waren die großen Highlights in der Woche.
„Und am Wochenende irgendwelche Ausritte, die dann manchmal gud und manchmal ned so gud geendet ham. Sauwitziges Ding war mal ein Ritt nach Simonshofen. Die Gäule gehn durch und, hahaha, ich hab den Glassiker gmacht. Baum und whupp, also richtig comicmäßig – whupp. Lucia hängt am Baum. Gaul rennt weiter. Und hinter Simonshofen geht´s ja bei Schnaittach auf die Autobahn. Die Pferd warn dann schon in der Nähe von der Fahrbahn und die hams dann sogar kurzfristig gsperrt mit der Vermutung, dass die auf die Strass rennen könnten, weil die halt in Panik waren. Alles ned so lustig. Abber in dem Fall is es halt gut ausgangen.“
Der Jordan zeichnete gerade das Gesicht der Lucia Biermann. Gleichzeitig erschien ihm ein Bild im Hinterkopf von Autos, die sich verkeilten und dazwischen Rössern, die wild auf den Hinterbeinen standen mit wehender Mähne und wie andere über Motorhauben sprangen. Im Hintergrund hing ein junges Mädchen an einem Ast. Fürwahr viele Zeichnungen befinden sich in Michaels Schädel. „Des warn ja Pferde, die 24 oder 23 Stunden in der Box eingsperrt waren. Des war ja nedd wie hier, wo sich Pferde selbstständig bewegen und bespaßen. Sondern die Pferd ham sich underm Sattel bespaßt. Und die Krachgranaten, die keiner reiten wollte – da hab ich immer ‚ja’ gschrien, weil mich des gereizt hat, und diese Biester hast umsonst kricht untern Arsch. Des warn so Pferd – eines is grank worn und is a halbes Jahr im Stall gstandn. Rehabilitation hadd mer des gnannt. Da wern die sackblöd im Kopf. Stell dir mal vor, als Fluchttier stehst du a halbes Jahr im Gästeklo. Da hadd si dann wirklich kanner mer draufsetzen wolln. Außer der Lucia. Die hochwohlgeborenen Döchder vom großen Küchenausstatter wolltn auf den Biestern nedd reidn. Die hams hald in den Arsch geschoben bekommen. Und die Lucia had Scheiße geschippt und is auf dene grittn.“
Mit aller Pferdebegeisterung machte Lucia im Jahre 1989 ihr Abitur in Nürnberg. Anschließend versuchte sie sich in einem Chemie- und darauf folgendem Englischstudium in Nürnberg. Lucia nennt dies heute den „verzweifelten Versuch, in dieser Akademikerfamilie mitspielen zu können.“ Dann brachte sie eine Tochter und einen Sohn zur Welt. Das Studium wurde nicht beendet. Als alleinerziehende Mutter befürchtete sie „einen Vollvogel“, wenn sie sich ausschließlich den ganzen Tag um die Kinder kümmern würde. Lucia besann sich auf ihre Leidenschaft und Fähigkeiten. Mit den kleinen Kindern zog sie zurück nach Eckenhaid zu den Großeltern. Back to the roots. Sie ging dort zum nächsten Bauern und pachtete Land, baute darauf einen offenen Stall und kaufte drei Pferde. Sie begann mit Reit- und Voltigierunterricht. Der Bedarf in Eckenhaid war groß. Der Erfolg stellte sich rasch ein. Lea, die Tochter von Lucia, war auch schon sehr früh von Pferden begeistert. Der Sohn Hannes hatte ebenfalls nichts gegen Pferde einzuwenden. Sein Interesse galt aber mehr dem Bobbycar. Solange Pferde keine vier Räder haben, sind die Tiere ihm weitgehend egal.
Egersdörfer schnaufte in die Pause hinein, in der keine Worte gesagt wurden. Michael Jordan zeichnete zwei Striche auf sein Blatt. Er blickte kurz zur Zimmerdecke, nahm das Ende seines Zeichenstifts kurz in den Mund und fragte dann: „Und deine Tochter hast du dann im Reiten unterrichtet?“ „Nedd wirglich, nedd wirglich“, antwortete Lucia mit einem Schmunzeln im Gesicht. „Meine Tochter had, aus welchem Grund auch immer, ein unglaubliches Gespür für Pferde und von Anfang an einen nadürlichen Grundsitz ghabt. Die hasd auf a Pferd draufgsetzt und die war einfach logger droom gsessen. Was die Mudder da gsacht hadd, is da immer a weng kritisch bedrachded worn. Midd sechs Jahrn kommt die Dochder dann auf die spannende Idee, sie bräuchd an eignen Gaul. Dann simmer losgezogen und ham uns Pferde angschaut. Und sie hatte sich dann in so a kleine, süße Schimmelstute verliebt ghabt. Der Gaul wor ned ganz dichd auf der Madde. Die Mudder hadd dann gsacht: ‚Dud mer leid, Lea. Aber des kömmer nedd machn.‘ Dann is die Docher abber midd der Oma losgezogen und dann hamm die hinder meim Rückn den Gaul erworben. Hahaha!“
Der Jordan hob die Arme und grinste. Egersdörfer lachte „grad naus“. Lucia schüttelte ihren Kopf. Die Einschätzung der Mutter über das Pferd trifft zu. Bei einem Ausritt der Tochter schießt der Schimmel „aus dem Nichts“ nach Hause. Lucia ist erschreckt und möchte das Pferd erziehen. Vehement wehrt sich die Tochter gegen die Bevormundung. Die Pubertät wurde so zum Teil auch auf dem Pferderücken ausgetragen. „Bis zum heutigen Tag“, sagt Lucia, „bin ich felsenfesd davon überzeucht, dass Pferde Menschn in jedem Alder gud tun. Die Tiere warn für meine Dochder immer ganz wichdich. Abber ganz viel von den Krawallmomenden zwischen Mudder und Dochder wurden hald übber des Pferd ausgetragen.“
Pferde gelten als Flucht-, Herden- und Lauftiere. Deswegen ist es für Lucia unerlässlich, Pferde nicht einzeln in einer Box zu halten. Ihre Pferde dürfen sich frei in der Herde bewegen und können sich bei Bedarf im offenen Unterstand z. B. vor Regen schützen. Insbesondere wenn Pferde mit Kindern und Behinderten arbeiten sollen, findet es Lucia unbedingt notwendig, dass die Tiere ihre Instinkte ausleben können. 23 Stunden in der Box zu stehen macht keinen Sinn. Lucia ist eine der ersten, bei der alle Pferderassen, große und kleine, alle Geschlechter gemeinsam in einer Herde gehalten werden. Wenn der Warmblüter friert, kriegt er eine Jacke an. Aus und fertig. Aber er darf sich bewegen und spielen und tun, was ein Pferd tun muss. Mit der Zeit geben Pferdebesitzer ihre Tiere in Lucias Herde in Obhut. 2005 zieht sie mit ihren Tieren an die Obermühle.
Seit 2016 lebt Lucia mit über zwanzig Pferden und dem Hund Josie auf dem Siglitzhof. Und eigentlich müsste man auch noch die Geschichte von Alfie, dem 37jährigen Island-Pony erzählen. Der darf selbstbestimmt in Siglitzhof und darüber hinaus herumtraben und taucht dann nach Stunden wieder im Obstgarten auf, wenn er Sehnsucht hat nach seinen Kumpels. Aber das erzählt Ihnen der Jordan gerne, wenn er im „Wort und Klang“ in Erlangen sitzt und zeichnet. Oder Sie fragen den Egersdörfer, wenn Sie ihn mal im Café Express antreffen mit einem Export-Bier vor sich auf dem Tisch.
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Lucia Biermann / www.reit-art.de
Matthias Egersdörfer
www.egers.de
Michael Jordan
www.ansichten-des-jordan.de
Der Matthias Egersdörfer und Michael Jordan machen gelegentlich gemeinsame Ausflüge. Dann zeichnet der Jordan den Teil der Welt, den er von seinem Platz aus sehen kann. Und der Egers schreibt, was er hört und erblickt. So entsteht diese Kolumne.
TERMINE Matthias Egersdörfer /
10.01. Tafelhalle Moderation vom Vorjahresausgezeichnetem beim Deutschen Kabarettpreis
Carmen oder Worte, die das Herz berühren – Preview, in Nbg am 21.01. in der Katana und am 22.01. im Bernsteziimmer. Und am 24.01. in Weißenburg, in und auf der Luna Bühne.
TERMINE Michael Jordan
Ausstellungsbeteiligung bei „Metro 999“ im Aktions- und Schauraum des Comicmuseum Erlangen e.V. vom 28.11. bis 25.01.
www.comic-museum.org
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