10 Jahre Z-Bau: Erinnerungen, Befürchtungen & freudige Erwartung
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Wie man alte Nazi-Immobilien langfristig für die Kultur nutzbar machen kann – das bleibt eine vieldiskutierte Nürnberger Aufgabe. Als gäbe es nicht das Best-Practice-Beispiel in der Nachbarschaft! Von den Nazis als Kaserne errichtet, ist der Z-Bau heute eine Pilgerstätte für Freund:innen der (Sub-)Kultur, der alternativen Livemusik, der durchtanzten Nächte, der Gegenwartsliteratur, der Theaterfestivals, ... Und garantiert und mit Ansage nazifrei – seit zehn Jahren.
Hallo Steffen. Als du vor zehn Jahren die Z-Bau-Geschäftsführung übernommen hast, wie optimistisch warst du, dass es ihn zehn Jahre später noch geben würde?
Damals war ich vor allem erleichtert, dass wir die Eröffnung geschafft hatten. Für großen Optimismus oder einen langfristigen Blick blieb da zunächst gar keine Zeit – es ging darum, den Betrieb überhaupt erstmal ins Laufen zu bringen. Gleichzeitig war ich aber schon auch zuversichtlich, weil wir die richtigen Leute für die Anfangszeit gefunden hatten, die den Z-Bau geprägt und ins Rollen gebracht haben. Jetzt, nach zehn Jahren, bin ich allerdings schon optimistisch, dass es den Z-Bau noch länger geben wird.
Wie erinnerst du dich an diese ersten Tage und Wochen im sanierten Z-Bau 2015? Was war euer größter Fauxpas?
An die ersten Wochen denke ich sehr gerne zurück und kann mich auch noch sehr gut an die ersten Veranstaltungen nach der Eröffnung erinnern. Es war eine intensive Zeit, voller Sorge und Euphorie. Wie ein Strudel, der alles mitgerissen hat: wenig Schlaf, aber viele bewegende Momente, kleine und große Erfolge, aber auch Rückschläge. Natürlich sind in dieser anstrengenden und chaotischen Anfangsphase Fehler passiert, das Team war aber gut aufgestellt und hat es meistens geschafft, gemeinsam diese Fehler auch wieder zu beheben. Insofern gab es nicht den einen großen Fehler, den ich als den größten bezeichnen würde.
Wie hat sich der Z-Bau inhaltlich seitdem verändert, welches Profil hat sich herausgeschält?
Im Laufe der Jahre hat sich gezeigt, welche Formate im Z-Bau gut funktionieren, welches Publikum uns schätzt und wer sich hier wohl fühlt – diese Menschen und Veranstaltungen prägen unser Profil. Inhaltlich hat sich immer wieder automatisch was verändert, weil es ja von vornherein das Ziel war, die Räume Anderen zur Verfügung zu stellen. Dieses Zusammenspiel von Kooperationen, Vermietungen und eigenen Veranstaltungen hat sich inzwischen gut eingespielt und sorgt immer wieder für neue Impulse.
Trotzdem hat sich Musik als Schwerpunkt herausgebildet. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass es nicht nur um das „Was“ sondern auch um das „Wie“ geht – also darum, wie wir mit Themen umgehen, nicht nur darum, welche Veranstaltungen stattfinden. Über die Jahre sind es vor allem auch Werte und Haltung, die das Profil des Z-Baus ausmachen und unsere Arbeit, die Außenwahrnehmung und unser Miteinander geprägt haben.
Der Z-Bau ist zu rund 40 Prozent auf öffentliche Förderung angewiesen. Angesichts der Lage und des Sparzwangs in Nürnberg – habt ihr Befürchtungen oder ist eure Förderung in ausreichendem Maße gesichert?
Mir ist bewusst, dass es heikel wirken kann, wenn eine geförderte Einrichtung über fehlende Mittel spricht – gerade im Vergleich zu Häusern, die rein privatwirtschaftlich arbeiten. Trotzdem gibt es natürlich Befürchtungen, dass unsere Förderung nicht dauerhaft in ausreichendem Maße gesichert ist. Gleichzeitig können wir die Wirtschaftlichkeit des Z-Baus nicht beliebig optimieren, ohne unseren Förderauftrag, unsere Niedrigschwelligkeit und unsere Gemeinwohlorientierung zu gefährden. Deshalb werden wir auch in Zukunft auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein.
Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die kommenden Kommunalwahlen – nicht nur für den Z-Bau, sondern für die Kulturszene in Nürnberg insgesamt.
Wie viele Veranstaltungen im Z-Bau besucht der Geschäftsführer selbst, welche sind dir aus zehn Jahren besonders präsent geblieben?
Ich wäre tatsächlich gerne öfter bei Veranstaltungen dabei, aber im Alltag lässt sich das nicht so oft umsetzen, wie ich es mir wünschen würde. Der Z-Bau ist ein Vollzeitjob, und manchmal tut es auch gut, abends Abstand zu gewinnen, wenn man schon den ganzen Tag hier verbracht hat.
Was Veranstaltungen angeht, fällt es mir schwer eine Auswahl zu treffen. Musikalisch sind mir die Konzerte von Khruangbin, Los Bitchos, Team Scheiße, Monika Roscher Bigband, Motorpsycho, Ezra Furman, 8 Eimer Hühnerherzen und Fortuna Ehrenfeld sehr gut in Erinnerung geblieben. Das allererste Konzert nach der Eröffnung mit The Hirsch Effekt bleibt natürlich auch in Erinnerung. Aber auch die Biergarteneröffnung oder das Fahrradrennen „16-Inch-Race“ von Schleudergang im Saal waren ziemliche Höhepunkte. Dann war da noch die große Himpfelshofer Schlagernacht, das jährliche Stärke-antrinken, die letzte Weihnachtsfeier und noch einiges mehr ...
Wir haben zuletzt mit David vom Club Stereo viel über das veränderte Ausgehverhalten nach Corona gesprochen. Wie viel spürt ihr davon im Z-Bau? Und was kann man tun?
Dass sich das Ausgehverhalten verändert hat, spüren wir im Z-Bau natürlich auch. Weniger Ticketkäufe im Vorverkauf, mehr Konflikte oder auch respektloses Verhalten gegenüber dem Tresenpersonal – all das hat zugenommen. Besonders schwer tun sich kleinere Veranstaltungen, weil viele Menschen ihr knappes Geld eher für große Events sparen. Insgesamt spielt Corona da sicher eine Rolle, aber mindestens genauso prägend sind Inflation, steigende Preise und die politische Lage. Welche Maßnahmen helfen können, ist nicht leicht zu beantworten. Unser Job ist es in erster Linie, nicht zu resignieren, sondern alles zu versuchen, um das Publikum weiterhin zu erreichen und mit niedrigschwelligen Angeboten für Kultur zu begeistern. Das reicht von Preisgestaltung und Aufenthaltsqualität bis hin zu mehr Mitbestimmung und Teilhabe. Gleichzeitig müssen wir auch unsere eigene Erwartungshaltung anpassen und flexibel, vor allem aber offen, auf die Veränderungen reagieren. Schwierig bleibt dabei, dass der wirtschaftliche Druck in dieser Situation eher größer wird.
Welche Herausforderungen stehen euch bevor?
Finanzen beeinflussen natürlich vieles, aber auch abseits davon stehen uns große Veränderungen bevor. Unser direktes Umfeld wandelt sich gerade massiv: Hinter dem Z-Bau entsteht mit Lichtenreuth ein neuer Stadtteil mit mehreren tausend Bewohner:innen, dazu kommt die UTN mit ihren Studierenden. Das bedeutet neue Nachbar:innen, ein erweitertes Einzugsgebiet und durch die geplante Straßenbahnverlängerung sowie neue Fuß- und Radwege eine deutlich bessere Anbindung und Öffnung des Z-Bau Areals. Gleichzeitig stellt sich für uns die Frage, welchen Beitrag wir im neuen Stadtteil einnehmen können, welche Rolle wir einnehmen können – und damit auch, welche neuen Aufgaben und Verantwortungen auf uns zukommen. Auch die Planungen zur Kongresshalle werden Einfluss auf uns haben. Dazu kommen die Kommunalwahlen 2026, deren Ausgang mit Sicherheit Folgen für die Kulturpolitik in Nürnberg haben wird – nicht zuletzt, weil die Zukunft des Kulturreferats anscheinend derzeit noch offen ist. Und schließlich betrifft uns eine Herausforderung, die weit über den Z-Bau hinausgeht: der zunehmende Rechtsruck, der auch Auswirkungen auf den Kulturbereich hat.
Mit welchen Gefühlen verfolgst du dich Diskussionen um die Zukunft des Kulturreferats?
Das Thema beschäftigt uns natürlich und sollte aus meiner Sicht eigentlich unabhängig vom anstehenden Abschied der Kulturbürgermeisterin diskutiert werden. Einerseits geht es dabei um die grundsätzliche Frage nach dem Stellenwert von Kunst und Kultur in Nürnberg, bzw. die Anerkennung der Wichtigkeit von Kultur für die Gesellschaft, und damit auch automatisch um die Wertschätzung der vielen Kulturschaffenden. Gleichzeitig geht es auch um die kommunalpolitische Ebene, in der es in jedem Fall eine starke Stimme braucht, die sich ausschließlich für Kunst und Kultur einsetzt, Verantwortung dafür übernimmt, im Idealfall eine längerfristige Strategie (auch über Wahlen hinweg) verfolgt und für ein Gleichgewicht zwischen renommierten Strukturen und freier Szene, aber auch für die Anerkennung der Nacht- und Clubkultur sorgt. Die Aufgaben sind vielfältig und wichtig für eine Stadt, die vor kurzem noch Kulturhauptstadt Europas werden wollte und aktuell in der Kongresshalle das größte Kultur-Bauprojekt Deutschlands umsetzt. Ohne Kulturreferat, oder im Falle einer Aufsplittung des Kultursektors auf andere Referate, sehe ich das alles in Gefahr.
Gleichzeitig ist es aktuell schwer zu prognostizieren, was tatsächlich passiert, weil der Ausgang der Kommunalwahlen entscheidend dafür ist. Dass das Thema aber überhaupt diskutiert wird, ist schon ziemlich frustrierend, weil dabei immer auch mitschwingt, dass Kunst und Kultur keine Pflichtaufgabe ist und damit in Zeiten knapper Gelder eventuell entbehrlich sein könnte.
Und worauf freust du dich momentan am meisten?
Ich freue mich sehr auf die Veränderungen, die mit dem neuen Stadtteil auf uns zukommen. Das bringt neue Aufgaben und Chancen, den Z-Bau weiterzuentwickeln – vielleicht auch mit wieder mehr Raum für inhaltliche Arbeit. Das ist eine große Motivation.
Da das aber noch etwas dauert, freue ich mich im Moment vor allem auf unser zehnjähriges Jubiläum am 3. und 4. Oktober, da wird sich der Z-Bau an beiden Tagen von unterschiedlichen Seiten zeigen – und natürlich auch auf das gemeinsame Anstoßen mit unserem Team.
Dann sehen wir uns vor Ort – auch zum Anstoßen!
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10 Jahre Z-Bau – Jubiläumsfestival am 3. und 4. Oktober.
U.a. mit Megaloh, Pogendroblem, Futurebae, Afar, Ehekrach, Smile uvm, dazu Ausstellung, Dokumentation …
Mehr Infos HIER.
www.z-bau.de
Steffen Zimmermann
Diplom-Sozialpädagoge, war von 2006 bis 2014 war der Musikzentrale Nürnberg e. V. und des MUZclubs. 2014 entwarf er Konzept, Finanzierungsplan und Machbarkeitsstudie für den Z-Bau, dessen Geschäftsführung er im Jahr darauf übernahm.
Er war Mitbegründer des Brückenfestivals und gehört seit 2005 als Todor Bertholini zur Band The Great Bertholinis, die große Erfolge feierte. Jetzt ist diese wilde Truppe endlich wieder da, am 23. und 24. releast sie im Theater Mummpitz ihre Comeback-Platte: ein prächtiges Gewitter zwischen Indierock, Folk und Weltmusik.
www.bertholini.de / Insta: thegreatbertholinis
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