Musik aus der Zapfenstreich-Zeit: Comedy Academy im Interview

MONTAG, 1. SEPTEMBER 2025, NüRNBERG

#Band, #Comedy Academy, #EP, #Indie, #Interview

Es beginnt ganz zaghaft. Erst eine Gitarre, dann die zweite, die einander tasten umgarnen und schließlich, begleitet von suchenden Drums, harmonisch zueinander finden. Tom Karl und Geo Arwani haben sich mit Frido Huschka zusammengetan und eine EP aufgenommen, die gängigen Hörerwartungen erstmal zuwiderläuft: Comedy Academy, das ist Instrumental Indie-Jangle-Pop, jammige verspielte Songs ohne Vocals, die sich peu a peu auffalten, auffächern. Eine EP, in die man, idealerweise mit Kopfhörern, wunderbar eintauchen kann. Und: Eine neue Nürnberger Band, deren Geschichte aber 25 Jahre alt ist und deren Songs wie kleine Nuggets aus der Coronazeit herübergerettet wurden. Auf einen Kaffee und ein Schokocroissant mit Tom und Geo von Comedy Academy.  

CURT: Ihr habt eure EP zu zweit aufgenommen plus Friedrich Huschka (schubsen) an den Drums. Woher kennt ihr beide euch denn?
TOM: Wir kennen uns seits 25 Jahren. Ich hab vorher auch schon Musik gemacht, aber eher so Hip-Hop-Zeug. Geo kam aus einer komplett anderen Ecke, in die ich dann durch ihn eingetaucht bin. Irgendwann habe ich diese ganze Hip-Hop-Gangster-Geschichte hinter mir gelassen und bin nach Nürnberg gezogen. Was ich bis dahin musikalisch gemacht habe, hat für mich erstmal keinen Sinn mehr gemacht. Durch die Gitarrenmusik und durch Geo habe ich einen ganz anderen Blickwinkel auf die Welt bekommen und dann haben wir relativ schnell angefangen, miteinander Musik zu machen. Wir hatten einfach einen Draht zueinander.
GEO: Ich mache auch schon ewig Musik und hatte den Vorteil, dass ich relativ früh, also Ende der 90er, angefangen habe, auch am PC zu produzieren. Dadurch konnten wir relativ schnell aufnehmen, ohne dafür in ein Studio zu müssen.
 
Das heißt, unter welchen Bandnamen oder Projektnamen habt ihr bisher Musik gemacht?
TOM: Das erste, wo wir wirklich produktiv zusammen gearbeitet haben, war The Alien And The Cow. Auch ein kleines Projekt von uns beiden mit Schlagzeug.
GEO: Wir machen seit 24,5 Jahren zusammen Musik, aber nicht immer konstand als Band. Ich produziere viel allein daheim vor mich hin, Tom hatte verschiedene Bands, aber jeder mischt immer irgendwie beim anderen mit. Das meiste, was wir gemeinsam gemacht haben, basierte auf Humor als gemeinsamem Nenner. Humor um das Leid des Lebens zu ertragen. Als The Alien And The Cow haben wir zwei Alben aufgenommen, die aber auch nur unter uns veröffentlicht wurden. Wir waren nie gut darin uns zu vermarkten. Dieses Interview ist das Professionellste, was wir bisher gemacht haben.  
TOM: Ich habe damals noch gar nicht Gitarre gespielt. Auf dem ersten Song, den wir gemeinsam aufgenommen haben, spiele ich noch mein Saxophon. Das habe ich dann komplett aufgegeben, weil ich Gitarre so geil fand.

Das hast du dir selbst beigebracht?
TOM: Ja, mit 20 ungefähr. Viel vom Geo abgekuckt natürlich, aber im Grunde war das effortless, weil es einfach immer Spaß gemacht hat.
GEO: Für 50 Euro habe ich ihm vom Conrad seine erste Gitarre geholt, eine klassische Gitarre.
TOM: Eigentlich eine scheiß Gitarre, aber die habe ich einfach ewig gespielt.
 
Und über die Jahre hattet ihr immer wieder andere Leute, die mit euch Musik gemacht haben?
TOM: Christop ChilliG (s. KingsTone Club) war von Anfang an mit dabei, der macht mittlerweile viel elektronische Musik, war für mich aber immer ein Gitarrengott, von dem ich mir auch viel abgeschaut habe. Mit dem hatte ich dann auch eine Folkband, mit der wir, als das Katana ganz neu aufgemacht hat, dort gespielt haben. Der war auch bei Alien mit dabei, als wir angefangen haben, als Band zu spielen. Und kurz bevor es soweit war, damit rauszukommen, ist unser Schlagzeuger ausgestiegen. Das zieht sich irgendwie ein bisschen durch meine musikalische Laufbahn, dass die Sachen immer gerade dann zerbrechen, wenn es eigentlich richtig losgehen soll.
GEO: Ich habe es als gebürtiger Grieche eine Zeit lang auch mit griechischen Sachen probiert, da habe ich den Tom dazu gebracht, auf Griechisch zu singen. Das hat ganz gut funktioniert. Wenn er ein paar Wörter Griechisch spricht, hört man keinen Akzent.
TOM: Und irgendwann habe ich das High Water Plants Projekt angefangen, da war Christoph auch mit dabei, und da gab es auch ein paar Auftritte mit Schlagzeuger und Bassist. Auch das hat sich dann leider aus personellen Gründen zerschlagen.
 
Wie ging dann Comedy Academy los?
TOM: Während Corona gab es ja eine Phase mit Zapfenstreich, wo man nach 11 nicht mehr raus durfte. Da habe ich mich dann beim Geo eingenistet und habe die ein oder andere Nacht bei ihm verbracht, in der Zeit sind diese Songs einstanden. Es gab damals noch One Ironaut, eine Postrock-Band zu der ich 2012 gestoßen bin. Die durfte sich als das ganze Lockdown-Ding losging, aber nicht mehr treffen.
GEO: Ich habe gesagt, bevor wir gar nichts machen, kommst du halt zu mir, wir jammen ein bisschen rum und so hat das angefangen. Entweder Tom oder ich kam zuerst mit einem Lick, einer Idee und dann haben wir das ausgearbeitet. Der Gedanke dahinter war: Eigentlich spielen wir immer ganz coole Sachen, wenn wir einfach jammen. Das ist das, was natürlich aus uns herauskommt, ohne Genre-Vorgabe. Irgendwann waren wir soweit zu sagen: Machen wir doch ein Projekt draus.
 
Könnt ihr dieses Projekt ein bisschen einordnen, was sind denn so gemeinsame musikalische Referenzen? Ich musste spontan an die J. Mascis (Dinosaur Jr.)-Solosachen denken…
TOM: Es ist krass, dass du das sagt. Ich kam ja, wie gesagt, aus einer ganz anderen Ecke und Dinosaur Jr. war eine der ersten Sachen, die Geo mir vorgespielt hat und wo ich voll drauf eingestiegen bin.  

Ah, das heißt, du bist wirklich verantwortlich für Toms musikalischen Horizont?
GEO: Ja, am Anfang habe ich ihm viel Input gegeben. Und da ich ein riesen Dinosaur Jr.-Fan bin, waren die natürlich auch dabei.
TOM: Das war die Hand it Over zuerst und dann die Where You Been, Wahnsinn, ein Hit-Album. Das war eine Offenbarung für mich. Unabhängig von Geo habe ich dann Bob Dylan für mich entdeckt und bin mehr in diese Schiene rein. Was meinen musikalischen Horizont auf jeden Fall auch erweitert hat, war die Zeit mit One Ironaut damals. Ich hatte 2011 als High Water Plants einen Solo-Song aufgenommen und dafür einen Schlagzeuger gesucht und bin über einen Kumpel an Friedrich gekommen. So kam diese Connection zustande. Friedrich hat mich dann out of the blue angerufen, ob ich nicht Bock hätte in einer Postrock-Band Bass zu spielen. Ich habe einfach Ja gesagt, ich weiß bis heute nicht warum. Ich habe weder Postrock gehört noch Bass gespielt habe. Aber das war eine sehr gute Entscheidung, weil die Band gab es schon, ich musste nicht kucken, dass alles zusammenhält. Die Band gab es zehn Jahre, wir haben beim Endzeit Festival im K4 gespielt und dann noch ein paar Sachen, vor allem aber im Proberaum, und dann hat das aus Gründen leider nicht mehr funktioniert. Es ist schade um viele coole Songs, die nie wirklich Gehör finden werden.

Zurück zu Comedy Academy. Was ist mit dem Material in der Zwischenzeit nach Corona passiert?
GEO: Wir haben mit diesen Ideen immer wieder gespielt und die Songs zu Ende arrangiert. Und dann kam ein bisschen das Leben dazwischen. Auf meinem Rechner gibt es noch ein paar andere Sachen, aber letztendlich sind es dann diese fünf Songs geworden plus der sechste, der letzte auf der Platte, der sehr schnell entstanden ist.
TOM: Und das mit den Drums kam später, als wir beschlossen haben, wir nehmen das nicht daheim auf, sondern im Bandraum. Frido ist ein sehr guter Schlagzeuger, dem immer getaugt hat, was wir so machen und der hat zum Glück sofort Ja gesagt. Aber er ist natürlich mit schubsen eingebunden plus unsere normalen Treffen im Proberaum mit anderen, sodass sich die Comedy-Aufnahmen nochmal sehr in die Länge gezogen haben. Als es dann losging, ging es aber recht schnell. Die ganze EP ist auch live eingespielt.
 
War für euch von Anfang an klar, dass ihr es instrumental macht?
TOM: Ja, es sollten eigentlich nur Gitarrensongs werden, sodass wirklich die Musik im Vordergrund steht und kein Text, der das wieder überschattet auf eine Art.
 
Wie schaut es aus mit Live-Ambitionen? 
TOM: Ja gute Frage, Bock hätte ich auf jeden Fall, wenn der Friedrich das irgendwie einrichten kann. Und einen Basser bräuchten wir natürlich auch noch. Natürlich könnten wir auch sagen, wir spielen unsere Gitarren im Duo, das würde auch funktionieren,
aber es wäre nicht dasselbe.
GEO: Es war für den Sound wirklich ausschlaggebend, als wir mit Friedo zusammen in den Bandraum gegangen sind. Er hat von uns keinerlei Vorgaben bekommen und die Songs mit seiner Herangehensweise wirklich nochmal verändert.

Wie ist es mit dem Bandnamen, Comedy Academy, eigentlich ein lustiger Kontrast zu eurer ruhigen, melancholischen Musik. 
TOM: Im Grunde ist es so, wie Geo schon gesagt hat, dass der Humor das war, was uns von Anfang an verbunden hat. Wir haben uns kennengelernt und sofort das Gefühl gehabt, der andere weiß, wovon ich rede. Es war uns immer wichtig, einen guten Witz zu machen und als Reaktion darauf ist entstanden: Hast du an der LA Comedy Academy studiert?
GEO: Zumindest, wenn man einen guten Witz gemacht hat, der auch um die Ecke gedacht war. Als hätte man es studiert – eben an dieser ausgedachten Universität. Da hab ich gelernt.
TOM: Und dazu gibt es mittlerweile eigentlich eine eigene Parallelwelt mit Semestern und Studiengängen und so weiter.
GEO: Als wir dann versucht haben, einen neuen Bandnamen zu finden, gab es erstmal verschiedene andere Ideen. Aber letztendlich haben wir uns entschieden: Wir sind doch LA Comedy Academy. Weil das über Jahrzehnte ein Running Gag ist. Es hat weniger mit der Musik zu tun als mit uns beiden.
 
Könnt ihr beschreiben, was so die Unterschiede zwischen euch sind, was das Gitarrenspiel angeht?
GEO: Wir sind beide Autodidakten. Ich komme aus einer härteren Ecke als Tom, weil ich seit meiner Kindheit auch Punk und Metal gehört habe. Ich bin eher der Metal-Gitarrist und Tom …
TOM: Ich bin ein Softie auf jeden Fall. Zum Beispiel kam vor Kurzem die neue Pile-Platte raus. Das ist eine großartige Band, aber die spielen teilweise echt harte Sachen und es wird auch geschrien. Da dauert es für mich auf jeden Fall länger um reinzukommen. Tatsächlich komme ich ja aus dem Soul-Ding, dadurch dass mein Zieh-Vater Amerikaner war und ich mit schwarzer Musik aufgewachsen bin. Das hat auf jeden Fall auch einen Einfluss auf mein Gitarrenspiel, obwohl das wahrscheinlich schwer nachvollziehbar ist. Ich höre auch viel Blues und spiele alleine viel Bluesgitarre. Das hört man auf der Platte nicht unbedingt, aber irgendwo ist es da.

Was mir persönlich sehr gut gefällt ist das Cover …
TOM: Diese Skulptur, die da drauf ist, hat mein Sohn gemacht, in der vierten Klasse. Ich hab verschiedene Sachen ausprobiert und bin letzten Ende bei dem Motiv hängen geblieben. Ich weiß auch nicht, es ist simpel und als Bild einfach schön. Eigentlich sehe ich das immer als Platte, schön groß …

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COMEDY ACADEMY 
Die EP ab sofort hören bei allen gängigen Streaming Anbietern





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