Rauchverbot: Was nun?
Mit Einführung des Nichtraucherschutzes zum 1. August gehen die Raucher nun endgültig vor die Türe zum qualmen. Die Nürnberger und Erlanger Wirte müssen sich erneut umstellen und fürchten die Folgen der neuen Regelung - nicht nur im Bezug auf ihre Nachbarn.
Nach dem klaren Votum für einen strengen Nichtraucherschutz verschwindet der blaue Dunst nun ab dem 1. August vollständig aus der bayrischen Gastronomie. Während sich die Wirte versuchen, auf die neue Situation so gut wie möglich einzurichten, taucht dieser Tage eine erschreckende Statistik der „British Beer & Pub Association“ in den Medien auf: Auf der Insel haben seit Einführung des Rauchverbotes (1.7.2007) über 2000 Pubs dicht gemacht. Nicht nur beim sozialen Netzwerk Facebook zeigen die Reaktionen auf diese Berichte vor allem eines: Viele Gastronomen fürchten, das hier Ähnliches passiert. Wir haben uns diesbezüglich in Nürnberg und Erlangen umgehört.
„Das Transfer hat keine Alternative.“ Als Chef Volkmar Ziche das sagt, merkt man ihm die Verzweiflung in der Stimme an. In seine Kultkneipe kam nur rein, wer einen Mitgliedsausweis besaß. Klar wollte er einerseits, dass drinnen geraucht werden konnte. Aber die Lage der Bar inmitten eines Wohngebietes machte diese Maßname auch notwendig. Schon wenn im Sommer die Fenster einen Spalt breit offen waren, beschwerten sich die Nachbarn. Und: Jeder konnte frei entscheiden, ob er Mitglied wurde oder nicht. Jetzt muss Volkmar hoffen, dass die neue Regelung seitens der Behörden nicht zulasten der rauchenden Gäste vor den Betrieben ausgelegt wird, aber am liebsten wäre ihm „das dieser Unsinn über das Bundesverfassungsgericht aufgehoben wird.“
Die erste Verfassungsbeschwerde wurde bereits drei Tage nach dem Volksentscheid nach Karlsruhe geschickt. Beschwerdeführerinnen sind eine Münchner Angestellte und zwei ebenfalls aus der Landeshauptstadt stammenden Gastronomen, die Verstöße gegen das Grundgesetz geltend machen wollen und sich zur Unterstützung eine renommierte Kanzlei zu Hilfe genommen haben. Die beiden Wirte fühlen sich ebenso wie viele Kollegen grundsätzlich in ihrer freien Berufsausübung beeinträchtigt. Trotzdem muss solange, bis ein Urteil verkündet wird, die neue Regelung rigoros umgesetzt werden. Ein Problem ist das für alle, für mache mehr, für manche weniger.
Wolfgang Hannika vom Loop hat es da vergleichsweise einfach: „Bis jetzt wurde im Café geraucht, das entfällt jetzt.“ Künftig wird im Garten gequalmt, das ist zwar in Punkto Nachbarschaft unstressig, aber Wolfgang sieht andere Schwierigkeiten auf sich zukommen: „Im Winter sehe ich das problematisch, da sich die Leute immer ihre Jacke holen werden, wenn sie Rauchen gehen. Das wird ein schönes Chaos geben“. Olaf Hermann von der Indabahn schlägt in die gleiche Kerbe: „Das ist natürlich ein Stress für alle. Du hast viel mehr Bewegung im Laden, Gruppen werden zerrissen. Das macht letzten Endes die Stimmung kaputt.“ Auch Oliver Förschner vom Mach 1 ist alles andere als glücklich mit der neuen Regelung: „Im Mach1 hatten wir bisher mit dem Raucherraum eine gute Lösung für alle. Das wird wohl leider so nicht mehr möglich sein. Bleibt zu hoffen, dass als Nächstes nicht das vollkommene Partyverbot kommt...“ Nicht nur die drei sehen sich durch den Volksentscheid in ihrem Hausrecht beeinträchtigt. Der (nichtrauchende) Pfarrer Alois Fuchs konkretisiert das in einem Leserbrief, der am 17. Juli im oberbayrischen Volksblatt veröffentlicht wurde: „Das ganze Gesetz wäre unnötig, wenn man das in der Verfassung geregelte Hausrecht beachten würde. Die Behörden, die Bahn und die Gaststätten sollen selbst Regeln, was in ihren Gebäuden geschieht, und dafür die Verantwortung tragen. Dazu braucht man kein eigenes Gesetz. In diesem Volksentscheid geht es doch darum, dass man dem Wirt das Recht verweigert, selbst zu entscheiden, wie er seine Gäste bewirtet. ...“
Was bleibt, ist letzten Endes die Flucht nach vorne. Caro Lorenz vom Coal Club (früher Starclub), in dem seit der Eröffnung Ende der 1970 Jahre geraucht wurde, baut gerade zusammen mit befreundeten Handwerkern einen bisher unerschlossenen kleinen Außenraum um, in dem geraucht werden darf. Ihre traditionsreiche Bar liegt ebenfalls mitten im Wohngebiet und sie hofft, das so nicht zuviel Lärm nach draußen dringt. „Das ist schon ein großes Problem, die Nachbarn haben uns eh schon länger auf dem Kicker.“ Angst habe sie natürlich, fährt sie fort, „ich befürchte, dass die Stadt rigoros durchgreift.“ Hobbit von der neu eröffneten Zweiundvierzig sieht das ähnlich. Er habe zwar bis jetzt noch keine Anwohnerbeschwerden, aber die Kosten für den Türsteher, den man eigens zur Prävention eingestellt hat, müssen auch erstmal wieder reinkommen.
In der südlichen Altstadt geht man sogar noch einen Schritt weiter und formiert sich zur Gastrogemeinschaft. Die Beteiligten: Bar 77, Mono, Drehort, Wacht am Rhein, Club Stereo und Vorraum. Gemeinsam werden zwei Sicherheitskräfte finanziert, die am Wochenende zwischen den Läden patrouillieren, um die Gäste zu bitten sich ruhig zu verhalten. Außerdem wurde bei Facebook die „Gastrogemeinschaft Nürnberg“ ins Leben gerufen, zu der auch andere Gastronomen eingeladen werden. Damit will man zeigen, dass Nürnbergs Gastronomie zusammen hält und in weiteren Schritten auch auf die Behörden zugehen, um gemeinsam dafür zu sorgen, das die gastronomische und kulturelle Vielfalt in der Stadt erhalten bleibt.
Die Erlanger sind da schon etwas weiter und sitzen mit der Stadt am runden Tisch, um die Lage zu besprechen. Ob es hilft, sei vorerst dahin gestellt. Die nach Meinung der Wirte ziemlich anwohnerfreundliche Auslegung des ersten strikten Rauchverbotes 2007 seitens der Behörden hat ebenso wie die oben genannten Zahlen aus Großbritannien vor allem eines geschürt: Die nackte Angst ums Überleben.
David Lodhi
LINK zur Facebook-Seite der Gastronomiegemeinschaft Nürnberg
LINK zur Seite "Bayern sagt nein" mit Updates in Sachen Klagen gegen den Volksentscheid
LINK zu einem Artikel der NZ über den Wirt einer Shisha-Lounge, der Klage beim Bayrischen Verfassungsgericht eingereicht hat
LINK zu einem Artikel aus der SZ über die Kontrollen der Regelung
LINK zur "British Beer & Pub Association"