Staatstheater Jugendclub: Die Exzellenz-Ausbildung für Theatermacherinnen

SONNTAG, 1. JUNI 2025, STAATSTHEATER

#Anja Sparberg, #Interview, #Jugendclub, #Lene Grösch, #Staatstheater

Das Schauspiel am Nürnberger Staatstheater hat eine neue Direktorin: Lene Grösch, zuletzt Geschäftsführende Dramaturgin am Theater Heidelberg, ist die erste Frau in dieser Leitungsposition – und kommt einigen Nürnberger:innen noch ganz bekannt vor. Es ist eine Rückkehr in ihre Heimat, wo Grösch vor 25 Jahren den neu gegründeten Jugendclub des Staatstheaters besuchte. Genauso im übrigen wie Friederike Engel, jetzt Leiterin der Tafelhalle, und Christine Haas, künstlerische Leiterin am Gostner Hoftheater ... Da wurde anscheinend tolle Ausbildungsarbeit geleistet. Wir fragen nach bei der Erfinderin und Leiterin des Jugendclubs, Anja Sparberg.

Frau Sparberg, wie haben Sie die Berufung von Lene Grösch verfolgt, waren Sie in den Prozess eingebunden oder tauchte irgendwann der Name auf und sie dachten: Der kommt mir doch bekannt vor …
Eingebunden war ich überhaupt nicht, aber ich bekam irgendwann mit, dass über sie gesprochen wurde. Da war ich sehr aufgeregt und dachte: Das wäre doch unglaublich! Als es dann feststand, dass sie ans Staatstheater zurückkommt, habe ich mich sehr gefreut. Es fühlte sich komplett richtig an.

Wie erinnern sie sich an Lene Grösch im Jugendclub?
Als ich den Jugendclub 2000 ins Leben gerufen habe, war sie 17 und total neugierig. Sie hat alles aufgesaugt, was Theater so zu bieten hat, nicht nur im Jugendclub, sondern auch in der Theaterwerkstatt am BZ. Ich erinnere mich an diese Lust, sich da reinzuschmeißen, die Lust am Spielen und Erfinden, sich Texte draufzuschaffen, die sie auch gut performen konnte … Theater war einfach ihres. Wie so viele im Jugendclub kam sie vom Schultheater und wollte einfach ein bisschen mehr in die richtige Theaterwelt eintauchen und herausfinden, wie das die Profis machen.

Hatten sie in den Jahren danach Kontakt?
Bei uns ist ja Schluss, wenn die Mitglieder mit der Schule oder Ausbildung fertig sind. Danach besteht aber die Möglichkeit, ein Praktikum zu machen. Das war damals noch nicht so institutionalisiert. Ich dachte aber, das wäre eine gute Gelegenheit, denn danach können die an jedem Theater schnell Fuß fassen. Lene hat dann direkt ein Jahrespraktikum gemacht. Danach haben wir uns auch immer wieder mal gesehen, beim 10. oder 15. Jubiläum. Ich habe ihren Weg im Blick behalten und gesehen, was sie über die Jahre geleistet hat.

Jetzt kommt auch die Leiterin der Tafelhalle, Friederike Engel, und des Gostner Hoftheaters, Christine Haas, aus dem Jugendclub, überrascht Sie das oder im Gegenteil gar nicht?
Gar nicht! Es gab ein initiales Ereignis: Im zweiten Jahr haben wir Creeps inszeniert. Da stehen drei Mädchen im Mittelpunkt, das waren Friederike Engel, Lene Grösch und Barbara Stößel (heute an der Musikhochschule in Mainz). Christine hat die Regieassistenz gemacht und das super im Blick behalten und organisiert, das ist voll ihre Welt. Friederike genauso. Das waren von Anbeginn starke, junge Frauen, die alles mitgenommen haben, was ich ihnen bot. Christine hat dann auch hospitiert und assistiert, sich in alles, in jeden Theaterbereich bis in Vorderhaus eingearbeitet. Friederike hat auch hospitiert und ist dann zum Theatermachen nach Frankreich, Hamburg und Münster, hat währenddessen aber auch in Nürnberg ihre Kontakte gepflegt und wurde leitende Dramaturgin am Staatstheater. Es war meine persönliche Erkenntnis, dass die Begegnungen am Theater für das weitere Leben total wichtig sein können, dass man da seine Teams findet, die Menschen, mit denen man weiter Kunst machen möchte. Das war mein Ratschlag und es war klar, dass wir eine Form von Förderung anbieten.
In ihrem Artikel zum 10. Jubiläum haben Friederike, Christine und Barbara geschrieben, nach der Premierenfeier von Creeps hätte ich gefragt: Wo seht ihr euch in zehn Jahren? Das war schon mein Hintergedanke: Es gibt so wenige Frauen in Leitungspositionen am Theater. Das wäre jetzt doch mal die Generation, die das angehen könnte. Es ist schon verblüffend, dass sie alle drei das Durchhaltevermögen hatten. Die Theaterwelt ist hart. Aber sie hatten nicht nur das, sondern alle auch so einen Witz und eine Schnelligkeit im Denken.

Wie fühlt sich das für Sie persönlich jetzt an, ist das eine Genugtuung, ist es Stolz?
Nee, es ist eine glaublich große Freude, dass diese drei ihren Weg so konsequent verfolgt haben. Alles andere wäre ja vermessen. Am Anfang, wenn die jungen Leute kommen, sagt man: Lasst uns zusammen etwas machen. Dann erkennt man schnell die jeweiligen Stärken und kann sie fördern und begleiten. Ihren Enthusiasmus bringen sie aber selber mit. Wir machen nur die Tür auf und sie haben sich genommen, was sie gebraucht haben. Ich bereite momentan das 25-jährige Jubiläum vor und bin in einer Whatsapp-Gruppe mit über 100 ehemaligen Mitgliedern. Die sind nicht alle am Theater geblieben. Aber wir können von über 25 Schauspieler:innen sprechen, die überall im deutschsprachigen Raum verteilt sind. Wir haben Autor:innen wie Thomas Perle, der hier seine Uraufführung hatte, Rachel Roudyani, die Redakteurin beim BR ist oder Phil Laude, der mit seinen YouTube-Videos berühmt wurde. Worauf ich stolz bin, ist, dass ich damals die Theaterpädagogik nach Nürnberg geholt habe. Dadurch ist ein Stein ins Rollen gekommen. Als wir Creeps in Erlangen gespielt haben, hat der Kulturreferent dort sofort gesagt, wir brauchen auch einen Jugendclub. Der Jugendclub in Fürth, wo dann unter anderem Tim Steinheimer war, wurde von meiner Elternzeit-Vertretung, Johannes Beissel, gegründet. Wir haben gezeigt, dass das etwas ganz Wertvolles ist und haben das nach außen getragen. Heute ist die Pädagogik aus den Theatern nicht mehr wegzudenken. Es macht die Jugendlichen unglaublich stark – und dann gehen sie weiter ins Leben.  

Wer kann und sollte Mitglied werden?
Für die nächste Spielzeit haben wir wieder Plätze frei und man kann sich einfach bei mir melden. Wir sind super divers, das war schon immer so. Diejenigen, die sich zuerst melden, sind dabei, es gibt kein Casting, es ist reiner Zufall. Das Bedürfnis der Jugendlichen, sich künstlerisch auszudrücken, ist sehr groß und wenn es bei uns nicht klappt, gibt es noch andere Adressen: Pfütze, Mummpitz, Gostner Hoftheater Fürth und Erlangen haben super Jugendclubs.

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Staatstheater Nürnberg: PLUS  
25 Jahre Theaterpädagogik: Ein Fest. Mit dem Kinderopernchor, der Jungen Staatsphilharmonie und dem Theaterjugendclub, am 19.07., 19 Uhr

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Anja Sparberg hat in Berlin Theaterwissenschaften und Theaterpädagogik studiert. Erste Stationen führten sie ans Theater in der Tonne Reutlingen und ans Teatro del Sole, Mailand. Nach dem Studium ging sie als Dramaturgin und Theaterpädagogin ans Schlosstheater Celle. Seit der Spielzeit 2000/2001 leitet sie die Theeaterpädagogik am Staatstheater Nürnberg. Die Inszenierung des Jugendtheaterclubs Creeps erhielt 2002 den Jugendtheaterpreis der Bayerischen Theatertage. 2007 gründete sie mit freien Tanzpädagogen das TanzNetzwerk. Ihre theaterpädagogische Arbeit wurde in der Folge immer wieder ausgezeichnet.

 




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