Die Spuren des Eisens im Feuer: Loci und das Tafelwerk / Interview

SONNTAG, 29. JUNI 2025, TAFELHALLE

#Impulsförderung, #Loci, #Museum für Industriekultur, #Tafelhalle, #Tafelwerk, #Teppich aus altem Eisen

Wo einmal Deutschlands größtes Schweißeisenwalzwerk stand, ist davon heute kaum noch etwas zu sehen: Die ehemalige Schraubenhalle teilen sich die Tafelhalle und das Museum für Industriekultur, auf dem Gelände ist neuer Wohnraum entstanden. Die Geschichte des Tafelwerks liegt aber gar nicht lange zurück, sie dauerte bis in die 70er-Jahre. Das mit den Mitteln des multimedialen Doku-Theaters arbeitende LOCI Kollektiv will sich in den kommenden drei Jahren in die Zeitebenen dieses Geländes einarbeiten. Dafür gab es von der Stadt die Impulsförderung. Wir fragen nach bei Maria Pfeiffer, Bühnenbildnerin, Szenografin und Teil von LOCI – online exclusive.

Hallo Maria, wie kriegt man eigentlich die Impulsförderung?
Das ist eine Ausschreibung, auf die man sich alle drei Jahre bewerben kann. Bisher waren es immer Choreografinnen, die das bekommen haben. Und jetzt wir! Juhu! Wir waren vorher schon im Gespräch mit der Tafelhalle über diese Idee und jetzt darf sie sich über drei Jahre entwickeln. Ich sehe das als Artist in Residence Programm an, mit der Möglichkeit, sich auszuprobieren.
 
Seit wann wisst ihr vom Tafelwerk?
Mir war schon länger bewusst, dass das ein ehemaliges Industriegelände ist. Eine gute Fügung war, dass Monika Dreykorn vom Museum Industriekultur „Das Haus der Frau L“ gesehen hatte und danach meinte, es wäre doch toll, mal etwas gemeinsam zu machen. So sind beide Seiten – Tafelhalle und Museum – unabhängig voneinander auf uns zugekommen und freuen sich, jetzt als Nachbarn endlich mal zusammenzuarbeiten. Das Gebäude der beiden Institutionen ist die alte Schraubenhalle. In der Dauerausstellung des Museums hatte die Geschichte des Tafelwerks seinen Platz und soll ihn auch nach dem Umbau wieder bekommen. Simon Schütz und Jana Schmid setzen sich von der Museums-Seite gerade wieder intensiver damit auseinander und geben ihre Ergebnisse an uns weiter.
 
Was interessiert und fasziniert euch an dieser Geschichte?
Uns interessiert eigentlich immer, wenn sich an einem Ort mehrere Zeitschichten übereinander lagern, wobei bestimmte Themen immer gleich bleiben. Das versuchen wir herauszuholen: Welche Themen schlummern in der Geschichte, die jetzt wieder spannend für uns werden? Ganz viele Spuren sind verschwunden. Wo das Tafelwerk war, ist ein ganz neues Viertel mit Wohnhäusern und Seniorenresidenzen entstanden. Das Thema Wohnen und Fürsorge zieht sich aber durch, auch damals haben die Arbeiter teilweise auf dem Gelände gewohnt. Wir wollen herausfinden, ob  die Menschen zum Beispiel wissen, dass da, wo sie leben, mal ganz schön viele Eisen im Feuer waren. Wir wollen die Spuren suchen, die die man sieht, und die, die man nicht mehr sieht, von denen man nur berichtet bekommt.
 
Seid ihr schon in Kontakt mit Menschen, die sich an die Zeit erinnern als das Tafelwerk noch in Betrieb war?
Noch nicht, das sind jetzt die nächsten Schritte. Beim Nachbarschaftsfest im vergangenen Jahr hatten wir einen Stand, da ist Niklas bereits mit zwei älteren Personen ins Gespräch gekommen, die Anknüpfungspunkte hatten. Eine ganz spannende Interviewpartnerin ist auch eine hundertjährige Frau, deren Verwandte auf dem Areal gelebt haben. Sie erinnert sich daran und wir hoffen, dass wir mit ihr sprechen können. Mehr Menschen zu finden, die uns von dieser Zeit erzählen können, ist hoffentlich auch ein Output der fünf „Tafelrunden“-Spaziergänge durchs Tafelwerk-Gelände mit anschließender Brotzeit, die wir immer dienstags im Juli anbieten. Dafür verteilen wir jetzt Flugblätter in die Briefkästen, damit ein paar Leute Lust bekommen, sich mit uns auf den Weg zu machen.
 
Welche künstlerischen Formate werdet ihr bedienen?
Am 18.10. wird es einen mit der Community gestalteten Stadtteilspaziergang geben, bei dem es kleine theatrale Momentaufnahmen aus der Recherche geben wird. Fürs nächste Jahr ist ein theatraler Erinnerungsparcours im Stadtraum geplant, evtl. wieder in Form eines Video Walks, aber vielleicht auch mit etwas anderen Tools als beim Haus der Frau L. Im dritten Jahr sollen die Ergebnisse dann für die Bühne der Tafelhalle zu einer Inszenierung verarbeitet werden. Dabei soll dann auch Choreographie eine Rolle spielen, was ja gut zum Profil der Tafelhalle passt. Vielleicht wird es dabei aber weniger um Tanz gehen als um Wege, Begegnungen und Bewegungen an sich.
 
Jetzt, ganz am Anfang stehend, seid ihr total zuversichtlich oder auch unsicher: Was wenn wir gar keine spannenden Geschichten finden?
Wir sind total zuversichtlich, weil wir wissen, dass es da Menschen mit interessanten Geschichten gibt. Die Frage ist nur, wann man sie trifft. Ich glaube eher, dass wir wieder an einen Punkt kommen werden, wo wir zu viel Material haben und aufhören müssen. Es ist ja alles so spannend: Selbst wenn man nur einer einzigen Person folgen würde. Wir sind also ganz sicher, dass wir viel Erzählenswertes finden werden, weil jeder Mensch diese Geschichten in seinem Leben hat. Die Kunst ist dann zu selektieren und den roten Faden hinzuzufügen. Das werden wir in diesem Jahr noch nicht machen, der Spaziergang darf noch collagenmäßig sein.

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Loci Kollektiv: Teppich aus altem Eisen
Eine künstlerisch-partizipative Auseinandersetzung mit der Industriegeschichte des Tafelwerk-Geländes
Impulsförderung der Stadt Nürnberg

Auftaktveranstaltung im Foyer der Tafelhalle am Sonntag, 29.06., 16 Uhr.
Tafelrunde: immer dienstags im Juli 2025 (01./8./15./22./29.07.2025) 18:00-21:00 Uhr, im Foyer der Tafelhalle.
Eintritt frei!




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TAFELHALLE. Wir haben Tim Steinheimer schon in vielen Rollen gesehen: Als Moderator, als Quizmaster, als curt-Außenreporter, als Musiker. Überall ist er top, in einer Sache, nach Selbstaussage, hingegen mittel: als Gamer. Jetzt wagt er sich in genau dieser Rolle im Kontext von The Showmasters auf die Bühne der Tafelhalle.

Let's Play Showmasters ist ein ausgefuchstes theatrales Konzept mit Fun-Garantie. Die Moderatorin und Gamemasterin Greta Calinescu begleitet ihren unwissenden Kandidaten Tim in ihm bislang unbekannte Gaming-Welten. Die Redaktion wählt im Vorfeld Spiele bzw. Spielabschnitte aus, die sich durch kreatives Gameplay, visuelle Ästhetik oder erzählerische Raffinesse auszeichnen. Während Tim sich also mit irgendwelchen grauenerregenden Viechern rumärgert oder halsbrecherische Rennen fährt, wird das Geschehen live von Greta kommentiert. Dazu improvisiert die Liveband, bestehend aus Julia Fischer, Ferdinand Roscher, Dominik Back und Luna Burkert, den Soundtrack zum Game. Das Publikum wird in Entscheidungen, die Tim treffen muss, mit einbezogen und darf sich lautstark mit Tipps und Fachwissen einmischen. Gäste, Studiospiele, Sketche und Albernheiten machen dieses Late-Night-Let’s-Play-Show-Spektakel komplett. Das ist ein Konzept, das einen wilden und ziemlich unterhaltsamen Abend verspricht.

Das Showmasters-Kollektiv arbeitet seit 2017 an der Schnittstelle zwischen Theater, Medien und Gaming und wurde 2019 mit dem Deutschen Multimediapreis ausgezeichnet. Die DATEV ermöglicht Let's Play Shomasters mit einem exklusiven Titel-Sponsoring.

Let's Play Showmasters
am 15. (FSK 12) und 16. (FSK 16) Mai in der Tafelhalle

Achtung: curt vergibt 3x2 Tickets online und via Insta! Schreibt eine Mail Stichwort Show Me Showmasters! an gewinnen@curt.de!  >>
TAFELHALLE. Im Dezember verschmelzen in der Tafelhalle die Erzählebenen auf der Bühne. Die Video- und Choreographin Stephanie Felber möchte mit ihrem Team das Gefilmte und das Live-Bühnengeschehen gleichwertig behandeln, beide Medien interagieren im Rahmen der Aufführung miteinander. Carnal Screen lädt das Publikum dazu ein, sich im Suspense zu erleben, das Auge wie eine Kameralinse zu fokussieren, zu zoomen, und reagierend auf die Dramaturgie der Impulse, sich immer wieder neu auf das Geschehen einzulassen. Die Performer:innen verhandeln mit Muskeltonus und Atemrhythmus eine Situation zwischen Halten und Loslassen, Unsicherheit und Entspanntheit. Ab 19.12. Am 17.01. folgt dann die Premiere von Eva Borrmanns Arbeit über Heim- und Fernweh Nostalgia (ausführliches Interview HIER) und am 30.01. Alexandra Rauhs Curious Space: Eine Tanz-Sound-Performance, die in die Zukunft blickt, in der zwei glänzende, quietschende Wesen die Frage verhandeln, wie ein solidarisches Miteinander trotz unterschiedlicher Bedürfnisse, Befindlichkeiten und Herausforderungen gelingen kann. Rauh erschafft dafür einen Raum, der selbst wie ein lebendiger Körper aus Material und Sound funktioniert.

www.kunstkulturquartier.de/tafelhalle  >>
TAFELHALLE. Es ist ja nicht so, als ob der feine Herr Matthias "Egi" Egersdörfer in der Vergangenheit von den Preisjurys ignoriert und übergangen worden wäre. Das nicht selten unflätige Gebaren dieses grob wirkenden Mannes wird seit 2007 mit verblüffender Regelmäßigkeit ausgezeichnet: Hamburger Comedy Preis, Kabarett Kaktus, Passauer Scharfrichterbeil, Stuttgarter Besen, Böblinger Fingerhut, Hassfurter Warentrenner, Göppinger Beutel, ... Einer fehlte! Und nunmehr endlich hat unser Achill den Olymp erklommen und darf sich den, noch dazu von seiner Geburtsstadt gestifteten und vom dort ansässigen Burgtheater vergebenen, Deutschen Kabarettpreis in seine stets penibel polierte Preisvitrine stellen. Er ist mit 6.000 Euro dotiert, was für einen A-Prominenten aber zweitrangig sein dürfte und wahrscheinlich mittlerweile automatisch an ein Witwen- und Waisenhaus überwiesen wird.
Aber im Ernst! Der curt ist mehr als stolz über ein Wort, das nur aus fünf Buchstaben besteht, weil wir das sagen dürfen: UNSER Egi gewinnt den Deutschen Kabarettpreis 2024. Er ist nicht nur, auch das dürfen wir hoffentlich sagen, ein Freund des Hauses, er ist auch, denn einige Gesichter hat der curt bereits kommen und gehen sehen, er ist, das dürfte korrekt so sein, unser langjährigster Schreiber, der seit hunderten und hunderten von Ausgaben unser schönes Heft einleitet. Der Herr Egersdörfer ist einer, der nicht nur, wie es die Jury beschreibt, mit Mut, Vielseitigkeit und Beharrlichkeit seinen Platz in deutschen Kabarettszene erobert hat und mit seinem Bühnenego auf manchmal verstörende Weise Schmerzgrenzen auslotet, nein, er ist auch einer, der sich trotz hallenfüllender Tourneetätigkeit landauf, landab und einem Millionenpublikum im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen, nicht zu schade ist, mit absoluter Verlässlichkeit sein Textchen für die kleine Kulturpostillenklitsche in der Heimat abzuliefern. Damit unsere Leser:innen sich in jedem Heft wenigstens für die zwei bis vier Seiten auch mit Literatur mit Anspruch auseinandersetzen dürfen. "Im deutschsprachigen Kabarett gehört Matthias Egersdörfer zu den ganz großen Geschichtenerzählern" – und im Nürnberger Kulturmagazinjournalismus erst recht!
Vielen Dank, Matthias, und herzlichen Glückwunsch! Er trifft bestimmt nicht den Falschen, dieser Preis.
www.egers.de

Förderpreis LARA ERMER
Der Förderpreis des Deutschen Kabarett-Preises für das Jahr 2024, dotiert mit 2000 Euro, vergeben vom nürnberger burgtheater, geht an LARA ERMER, geboren in Fürth, mittlerweile leider abgewandert, aber immer noch auf den hiesigen Bühnen zu sehen. Lara Ermer besitzt die Gabe aktuelle Zeitgeistthemen so zu beleuchten, dass daraus absurd-komische Miniaturen entstehen. Thematisch führt sie dabei souverän die satirische Pionierarbeit ihrer Vorgängerinnen fort. Den jungen Frauen im Kabarett gibt Lara Ermer eine starke Stimme. Bitte mehr davon!
www.laraermer.com

Sonderpreis SEBASTIAN 23
Sebastian Rabsahl, auf der Bühne bekannt als Sebastian 23, ist ein Pionier der Poetryslam-Szene. Er verbindet gekonnt und zeitgemäß Wortspiel, Musik, literarische Kurzformen und Politik. Mit seinem kabarettistischen Schaffen bespielt er alle aktuellen Formate der öffentlichen Präsenz gleichermaßen. So überwindet er virtuos die Genregrenzen und erweitert den Spielraum für seine Themen.
www.sebastian23.org

Der Verleihung, moderiert von Luise Kinseher, findet am 11.01. in der Tafelhalle statt.
www.burgtheater.de

Am 24.01. präsentiert der Herr Egi dann sein neues Programm im Gutmann am Dutzendteich:
www.gutmann-nuernberg.de  >>
Kultur  01.10.2024
STADTTHEATER FüRTH, TAFELHALLE. Stadttheater Fürth
Die Fürther Theaterleute kommen bzw. kamen ein bissl eher aus ihrer Sommerpause als die meisten Kolleg:innen. Nick Hornbys State of the Union feierte nämlich bereits im September Premiere. Der Lieblingsautor von allen, die in den 90ern jung waren, hat hier nochmal eine geschliffene Beziehungsscheitern-Komödie formuliert, für die Verfilmung gab’s 2019 einen Emmy. Ein arbeitsloser Musikkritiker und eine vielbeschäftigte Ärztin stehen nach mehrfacher Untreue vor einem Scherbenhaufen. Eine Therapie soll helfen, Hornby aber erzählt immer nur die zehn Minuten davor, wenn im Pub die eigentlich fiesen Frage auf den Tisch kommen. Die Inszenierung von Alice Asper findet passenderweise nicht nur im Theaterfoyer, sondern auch in der Fürther Gastronomie statt. Die nächste Premiere folgt(e) dann am 11.10.: Dear Evan Hansen ist ein Tony-Award-prämierts Musical von Steven Levenson über einen Teenager mit Angststörungen, der sich nach dem Suizid eines Mitschülers in ein Geflecht aus Lügen verstrickt. Regie führt Markus Olzinger.  

Tafelhalle
In der Tafelhalle fliegen die Fetzen, das ist eh klar, das wisst ihr schon, das wird aber sozusagen mit Ansage umgesetzt, wenn das Ensemble Oper Plus zum TAMTAM einlädt, Untertitel: Terz, Tenor, Theaterdonner. Bei einen Gruppenworkshop geraten Beleuchter und Souffleuse, Starsolist und Intendantin aneinander. Und auch die großen Figuren der klassischen Opernliteratur mischen kräftig mit. Das fetzt, am 17.10. Gediegener geht es zu, wenn am 20.10. das Ensemble kontraste zum Dichtercafé einlädt. Der Schauspieler Pius Maria Cüppers liest aus Thomas Manns Tod in Venedig, dazu hören wir Musik von Gustav Mahler, bearbeitet für Klavierquartett. Getanzt wird dann wieder am 09.11. auf der Tafelhallen-Bühne. Susanna Curtis' Programm Do you contemporary dance? kehrt zurück. Das Solo-Stück feierte 2019 Premiere, mittlerweile ist Curtis damit deutschlandweit unterwegs. Sie erzählt darin von 35 Jahren als Tänzerin, von tollen Erlebnissen und tiefen Krisen und der ewigen Frage: Was ist das überhaupt, Tanz, und warum schauen wir das an?
   


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