Claudias Kinoempfehlungen für Oktober

DIENSTAG, 29. SEPTEMBER 2015



Viel Schönes im Dunkeln – Brüder und Kinder bestimmen den Kinoherbst. Und auch Christoph Maria Herbst. Wer will da noch raus?

ALLES STEHT KOPF
AB 01.10. // CINECITTA
Ich liebe das. Im Kino in eine Welt einzutauchen. Und da darf es auch mal wieder ein riesengroßes Animationswerk aus dem Hause Pixar sein. Die Idee ist super: In unserem Kopf hocken kleine Männchen, der Ärger, die Traurigkeit, die Angst, die Freude und – natürlich – der Ekel. Die lustigen Fünf versuchen uns am Laufen zu halten, einen Konsens zu finden. Wär natürlich prima, wenn wir jetzt immer mit der Freude vorangehen würden. Aber der Quatsch mit dem positiven Denken ist ja nun echt nicht mehr angesagt, abgesehen davon: Wer kann beim Anblick einer dickbeinigen haarigen 9cm-Spinne optimistisch sein? Riley, 11 Jahre, hat dazu noch weniger Grund, ihr Vater nimmt einen neuen Job an und das heißt neue Freunde, neue Schule, neues Eishockeyteam. Wer hat da keine gemischten Gefühle? Ich mag die muffige Kleine und die Eltern, die den Mann-Frau-Klischeekrieg zelebrieren. So ein Blick hinter die Hirnrinde deines Gegenübers kann ja erhellen. Ich mag auch die Innereien, besonders Meister Wut ist ein feines Kerlchen. Und als sich Freude und Traurigkeit verlaufen, fängt's an. Endlich keine Fortsetzung und kein doofer Kinderkram.
 

 


ER IST WIEDER DA
AB 08.10. // CINECITTA
Christoph Maria Herbst spielte an dieser Stelle schon im letzten Heft die Hauptrolle. Vom Bewährungshelfer zu Adolf Hitler, natürlich. Seine Paraderolle! Doch, nein, das war nur der Wunsch vieler. Ist aber nicht so, Herbst ist nicht Hitler, das ist die wichtigste Mitteilung zum Film. Ich finde, das macht nichts. "Er ist wieder da" war so ein Roman, der einem seitenweise von guten Freunden am Telefon vorgelesen wurde, Freunden, die sich vor Lachen bogen beim Zitieren. Ich bin keine, die sich über das Dritte Reich amüsieren kann, bisher. Aber was dieser Timur Vermes in nur einem halben Jahr geschrieben hat, ist - großes Kino. Das sind ja keine platten Witze über Hitler, wenn er in Berlin Mitte 66 Jahre nach dem Ende seines Krieges aufwacht. Der Mann ist völlig verwirrt ob der Veränderungen, aber ein Adolf findet sich überall zurecht. Das gedankliche Action-Feuerwerk hat viele Ebenen, zum wirklich schwer zu widerstehenden Humor kommt die auch im Film nicht kaputtzukriegende schöne Tiefsinnigkeit.
 


FAMILIENFEST
AB 15.10. // CINECITTA
Lars Kraume macht nicht nur fleißig "Tatort"-Folgen, sondern auch sich selbst Konkurrenz. Einerseits kommt sein Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" ins Kino und Kraume am 07.10. ins Metropolis Kino, andererseits hat es der Regisseur einmal mehr mit Geschwistern und Tod. "Familienfest" ist schon beim Aufzählen der Schauspieler eine Freude. Nicht nur, dass Barnaby Metschurat, Lars Eidinger, Marc Hosemann, Jördis Triebel dabei sind, sie spielen meisterlich die angeekelten Gäste beim 70. Geburtstag von Papa Hannes (Günther Maria Halmer). Seine drei Söhne kriegen es gewaltig ab, sind sie doch alle Versager in den Augen des Pianistenvaters, der Schwule, der Geldverbrenner und der Klugscheißer. Selten habe ich so gute Dialoge gehört in einem so privaten Film. Man kommt nie zur Ruhe, dieses Arschloch an Vater hört nicht auf. Er hat seine Ex (Hannelore Elsner) früher geschlagen, und auch dafür eine Begründung. Die Welt dieses Patriarchen kriegt keiner zum Wanken. Atemlos, brutal. Unbedingt sehenswert.
 


KLEINE ZIEGE, STURER BOCK
AB 15.10. // CINECITTA
Geiler Bock sucht dumme Ziege. Wär auch ein schöner Titel, aber eher für Kontaktanzeigen, ... wenn man dort ehrlich wär. Wohin schweife ich? Wotan Wilke Möhring gehört zu den Menschen, an denen ich mich nicht übersehe, egal wie oft er mir begegnet. Und auch hier liefert er sofort eine Überraschung, imitiert eine bekannte Person, die man mit Memphis in Verbindung bringt (wäre heuer 80 geworden). Wotan ist ein Luschi, der sich von Mama Spiegeleier braten lässt und der dem Papa nix recht machen kann. Wie der Schweigers Til vor ihm, erfährt er von einer Tochter, die alsbald am Flughafen steht. Das Mädchen ist, ganz die Mama, ein kleiner Snob und tut sich mit dem Gelegenheitsjob-Vater etwas schwer. Aber zuhause hat sich die Mutter neu verliebt und der komische Typ samt seinen Kindern zieht gerade ein. Also wird erpresst. Beziehungsweise geschaut, ob es anderswo mehr nach dem eigenen Willen geht. Tut es nicht, denn Wotan gibt Contra beim netten Road Movie in einem alten Fiat, in dessen Kofferraum ein Ziegenbock transportiert wird. Warum nicht?
 


IMAGINE WAKING UP TOMORROW AND ALL MUSIC HAS ...
Ab 29.10. // FILMHAUS
Also, stellt Euch vor, Ihr wacht morgens auf und alle Musik ist weg. Gute Idee für einen Film, und anarchische Geister mag ich auch. Müsste also ein Doku-Experiment sein, das Spaß macht. Doch nach kurzer Zeit geht mir Bill Drummond von The KLF auf die Nerven. Er moderiert seine Idee und dirigiert, animiert und findet sich superer als alle Menschen, die er zu Chören zusammentrommelt, um die Musik wiederzuerwecken. Er muss dauernd witzig und stets im Bild sein. Das ist mir zu viel Lärm um wenig Kunst.
 


IM SOMMER WOHNT ER UNTEN
Ab 29.10. // CINECITTA
Zwei Brüder treffen sich mit ihren Frauen im Ferienhaus. Der integre Kiffer versucht es allen recht zu machen und wird immer nur angeschrien, der doofe Geldgeile rüpelt sich durch seinen Urlaub. Der Plan ist, mit der Gemahlin ein Baby zu machen. Doch bei der Lautstärke der anderen kann sich ja keiner konzentrieren. Die Freundin des Kiffers ist nicht zimperlich, nennt den unhöflichen Macho Arschloch und erklärt ihrem Freund, dass er keine Eier hat. Wird Matti seine Eier finden? Werden sich sexuelle Spannungen aufbauen? Wird endlich ohne Petersilie gekocht? Ja. Und ja, das ist schon vorhersehbare Unterhaltung, aber passt schon.
 

 




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