3 Jahre Elektronisch Rocken
Wie in der aktuellen Printausgabe angekündigt, kommt hier das Interview mit Jool und Paluka von Elektronisch Rocken passend zur Dreijahresfeierei am kommenden Freitag (7.11.) in voller Länge.
Am 7. November feiern Jool, Paluka und ihre gemeinsame Sache Elektronisch Rocken im Zentralcafe des K4 dritten Geburtstag. Eine Partyreihe, die viel bewegt hat in Nürnberg und getrost zu den Aushängeschildern in Sachen Innovation gezählt werden darf. Anlässlich des Jubiläums haben wir uns die Herrschaften natürlich mal eingehend vorgeknöpft. Viel Spaß euch mit Indie-Teufeln, fünfarmigen DJs, süß-sauren Zipfeln mit Musik, heimlichen Qualmereien und dem Talentscout von Sven Väth. Nicht zu vergessen: ein herzliches curt gratuliert! den Machern.
(Übrigens und zum weitersagen: Wer sich dieses Stück Weltliteratur ganz bis zum Ende einfährt, den erwartet unten dran noch ein extra special special extra Bonbon)
DREI JAHRE
Jool: Time runs when we have fun...kann mich noch an die Vorbereitungen zur allerersten ER erinnern. War schon vor vier Jahren, hab alleine damit angefangen noch ohne den Kollegen Paluka. Auf einem Rastplatz zwischen Hannover und Bremen hab ich mit Maggie vom Zentralcafé die Presseinfo besprochen. Damals schon immer zu spät dran gewesen. Namen gab’s auch noch keinen. Hab Ihr noch mal erläutert wie die Veranstaltung musikalisch aussehen soll. Da hat sie „Elektronisch Rocken“ vorgeschlagen. Gute Idee fand ich. Johannes hab ich dann just bei einem der ersten ER Abende kennen gelernt. Da hat’s gefunkt! Haben dann im Stereo zum ersten Mal zusammen gespielt und später wurde er feierlich bei einem Frühstück im Regina in die Crew aufgenommen. Blöd für ihn, jetzt musste er auch Flyer austragen und ähnlich prickelnde Tätigkeiten verrichten. Somit also 3 Jahre seit Anbeginn unserer fruchtbaren Zusammenarbeit.
Paluka: Ja, im Regina gab’s damals schon die unschlagbare Kombi aus roten Backen und blauen Händen, weil doch die Jeans wegen dem Angstschweiß abgefärbt hatte...Jesus, das war ganz schön aufregend. Aber eigentlich glaube ich, war mein Jägermeister-Fläschchen-Slalom mit der Nicole und dem Ioakeim - beim ersten oder zweiten Mal wo du noch alleine aufgelegt hast - ausschlaggebend für unsere jetzige Liaisons Dangereuses. Ach, beim ersten Mal gemeinsam Plattendrehen im Stereo hab ich sogar noch Bugz in the Attic gespielt...Mann ist das lange her...
ELEKTRONISCH
Jool: Auch wenn der Indie-Teufel während meiner Zeit bei Go Gitarre! Go! unbarmherzig seine Klauen nach mir ausgestreckt hat...meine alte Vorliebe für elektronische Musik konnte er mir dann doch nicht austreiben. Ging ja auch schon seit Anfang der 90er.
Vor 3 oder 4 Jahren waren ja die Grenzen zwischen Indie und elektronischer Musik längst und endgültig verwischt. Der Plan war halt, eine elektronische Party zu machen, die offen für viele Stilrichtungen ist. Damals stand noch CowbellDiscoPunk als Beschreibung auf unseren Flyern. An NuRave war nicht mal zu denken, egal wie eng die Hosen auch sein mochten.
ROCKEN
Paluka: Auch wenn der Techno-Dave-Angel in mir wohnt, mag ich eben auch gerne mal einen handgespielten Bass als Abwechslung zur MS-20 Bassline. Aber Rocken hab ich jetzt nie so im Sinne von Anastacia oder Fedde Le Grand verstanden.
Jool: Dito. Gab zwischendurch schon mal Zweifel wegen des Namens. Aber die GFK-Umfrage hat dann ergeben, dass wir ihn beibehalten sollten.
Glaube in Wahrheit ist der Name zumindest dran Schuld, dass die internationale Karriere noch zu wünschen übrig lässt. Wobei die Amis ja doch eigentlich voll auf so deutschen Kram abfahren. Mal bei Ramstein anfragen wie die das so gemacht haben.
IT´S NICE TO BE IMPORTANT BUT IT´S MORE IMPORTANT TO BE NICE
Jool: Dem kann man inhaltlich nichts mehr hinzufügen. Und überhaupt: Herr Baxxter ist ein weiser und unterschätzter Mann.
Paluka: Äh ja.
JOOL ÜBER PALUKA
Jool: Neben seinen offensichtlichen körperlichen Vorzügen zeichnet sich Johannes durch einen wundervollen Musikgeschmack, Feingefühl beim Auflegen und ein sich stetig weiterentwickelndes Talent fürs Produzieren von elektronischer Tanzmusik nach Art der alten detroiter Schule aus. Abgesehen davon finde ich, dass wir uns sehr gut ergänzen. Egal ob bei der Organisation oder beim Auflegen selbst. Ich bin heil froh, dass wir uns über den Weg gelaufen sind. Dadurch kam der entscheidende Schwung in die Sache. Außerdem ist er im Lauf der Zeit ein echter Freund geworden. Liebst Du mich auch, Johannes?
PALUKA ÜBER JOOL
Paluka: Der Jool ist einfach der bessere DJ von uns zweien, wenn nicht der beste DJ der Stadt. Manchmal sieht es so aus als ob er 5 bis 9 Arme hat, wenn er wie ein Wizzard loslegt. Außerdem kennt der Jool fast jede Platte seit 1980 und mag überbackenen Sauerbraten-Hawai mindestens genau so gerne wie ich. Ja, den Jool, den mag ich wirklich sehr, als DJ und als Freund sowieso.
Jool: Schöner hätte ich’s nicht sagen können.
DIE SCHÖNSTEN LIEDER
Jool:Jetzt wäre es praktisch, wenn es uns schon 100 Jahre gäbe. Also dann ein paar persönliche ER-Klassiker:
Ada – Arriba Amoebae
Namosh – The Pulse (Who Made Who Remix)
Joakim – Fast alles
Rustie – Jackz The Smack EP
MBO – Dirty Talk
Prinzhorn Dance School – You Are The Space Invader (Optimo Remix)
Del Shannon – Gemini (Pilooski Remix)
Phones – Worryin´
Marco Passarani feat. Orlando Occhio – Critizize
Prince – Erotic City
LCD Soundsystem – Get Innocuous (Soulwax Remix)
MU – Let´s Get Sick
Mr. Oizo – Half An Edit
SebastiAn – Dolomi
Phon.o feat. Tintin – Pimpin´Tintin
Mixed Business – Acid Pauli vs. Johnny Cash
James Holden – Lump
Todd Terje – Eurodans
Yeah Yeah Yeahs – Gold Lion (Diplo Remix)
Padded Cell –Signal Failure
Matthew Dear – Elementary Lover (Koze Remix)
Paluka: Schwierig, aber hier ein kleines Exzerpt:
LCD Soundsystem – All my friends (John Cale Version)
Rodney Bakerr – House girl
Warrior Queen & The Heatwave - THINGS CHANGE (DJ C Remix)
Holy Ghost - Hold on
Cathy Diamond - All woman
Dexter vs. Bass-a-rani - Boogie chase
Supersystem – Miracle (The Rapture Remix)
Green Velvet – Shake & Pop
Matthew Mercer – Anathema
Jool: Wie konnte ich die vergessen...?
PEINLICH
Jool: Permanenter Rotbäckchen-Alarm beim Auflegen.
Paluka: Beide in Acid-Clown-T-Shirts beim Melting-Pop und nach dem Abend keinerlei Erinnerung an die gespielten Lieder.
Jool: Heimlich unterm DJ-Pult rauchen und alle schauen zu. Und natürlich das Abendessen mit Joakim.
Paluka: Mit 1000 Platten angerückt und dann wieder nur die 5 alten Hits gespielt....
WORÜBER IHR EUCH IMMER WIEDER GERNE WUNDERT
Jool: Dass Leute immer noch gern auf Bass-Boxen tanzen. Dass Leute, die auf Bass-Boxen tanzen gerne auch mal einen Regenschirm dabei haben. Wie musikalisch aufgeschlossen das K4-Publikum ist. Warum Gäste oft so jung sind und ich so alt. Warum wir noch nicht als Vorband von Madonna gespielt haben.
Paluka: Dass es eben doch irgendwie funktioniert, innerhalb von einer viertel Stunde von einer Chicago House Hymne über einen kurzen Dubstep-Abstecher bei Ragga-Twins Originalen zu landen. Um dann wiederum von den 160 bmp über einen Slomo-Electro Schieber zurück zu Gefühlstechnoplatten zu kommen. Und, dass dann eben trotzdem viele schreien und nicht schreiend davon laufen.
DIE WICHTIGSTEN DRINKS DES ABENDS
Jool: Am Anfang: Bier zum locker werden
Paluka: Gepaart mit ein paar Beruhigungsschnäpsen
Jool: Am Ende: Der, den man weglässt.
DER RAUSSCHMEISSER
Jool: Kommt immer zu früh. Erstaunlich, dass manche Leute auch nach „Why“ von Carly Simon nicht nach Hause wollen zum Kuscheln oder Weinen... Zum Glück ist aber noch kein Rausschmeißer in menschlicher Form notwendig. Und warum wird’s eigentlich immer noch später bis endlich was los ist?
Paluka: Oh Mann, Carly Simon! Wäre top, wenn die uns ein Geburtstagsständchen singen würde...Könnt ihr da beim Curt nicht eure weitläufigen Kontakte spielen lassen?
WELCHE FUNKTION HABEN RASSEL UND TAMBOURIN BEI DEN FEIERLICHKEITEN?
Paluka: Folk ist ja gerade wieder/immer/noch/und sowieso in, und da haben wir uns eben trendsicher für eine perkussive Performance additiv zum üblichen Plattendrehen entschieden. Man will den Leuten ja auch was bieten für ihr Geld.
Jool: Auch im Sinne der konzentrativen Bewegungstherapie wirken sich Rhythmus-Instrumente positiv auf das körperliche und geistige Wohlbefinden aus.
GESETZT DEN FALL, DIE STADT LÄGE EUCH SPÄTNACHTS VOLLSTÄNDIG ZU FÜSSEN, WO UND WAS WÜRDET IHR NACH 3 JAHRE ER GERNE DINIEREN?
Jool: ich kann nicht folgen. Ist das eine Fangfrage?
Paluka: Fangfrische Frage, glaube ich. Gerne Zander, weil schwer zu angelnder Fisch.
DER MEISTERPLAN
Jool: Sven Väths Talentscout entdeckt uns und wir kommen groß raus. Oder Frau Merkel auf die Gästeliste schreiben. Das viele Geld, das wir die ganze Zeit einnehmen ins WON investieren und wenn wir dann nächstes Jahr die erste Million voll haben, verbrennen wir den ganzen Zaster. Danke an dieser Stelle an KLF-Consulting.
Paluka: Und das Trio infernale um Jürgen’Jackin’Albert, Martin’Boogie’Hip und Johnny P, hat sich mit Pumping Velvet schon den nächsten Streich ausgedacht. Da solltet ihr mal besser die Äuglein und Öhrchen offen halten...
BECKS ODER FRÄNKISCHES BOCKSBIER?
Jool: Ich trink generell nur handgezapftes 12 1/2-Minuten-Pils in mundgeblasenen Gläsern aus kleinen familienbetriebenen Traditions-Manufakturen in Zwiesel. Was anderes kommt mir nicht in die Tulpe.
Paluka: Pah, wer mich kennt, der weiß genau: zu Industrie-Pils sag ich nö! Denn nur das gute Grüne aus Becksendorf find’ ich super.
SAURE ZIPFEL ODER ENTE SÜSS-SAUER?
Jool: Süß-saure Zipfel mit Musik. Das Rezept hab ich selbst erfunden. Bin nicht nur beim Auflegen sondern auch beim Kochen recht ambitioniert und geschmacksicher. Frau Wiener, falls Sie das lesen sollten...
ANDERE WICHTIGE BAUSTELLEN IM KÜNSTLERISCHEN SCHAFFEN
Jool: Aquarell-Malerei, Speckstein-Schnitzen, Hornhaut-Raspeln, Pumping Velvet, Suicide-A-GoGo, üben üben üben.
Paluka: Hm, also da gibt’s Erra Love mit Phango Bloch, den Elektrischen Hund sowieso, I.C., bald die Pumping Velvet-Reihe, und nicht zu vergessen: Die Not So Super Sause mit dem Quirin zusammen.
DAS WAS IM NÜRNBERGER NACHTLEBEN FUNKTIONIERT UND SICH GUT DABEI MACHT
Paluka: Das K4 und die DESI funktionieren und machen sich obendrein auch noch ganz gut....Der Stereo auch, hab ich gehört.
Jool: Jawoll!
DAS, WO SICH NÜRNBERG GERNE NOCH VERBESSERN KÖNNTE
Jool: Wird echt Zeit, dass der kreuzungsfreie Frankenschnellweg kommt! Prio 2 hätte dann, dass es mal wieder einen guten neuen Laden geben würde, der die Gradwanderung zwischen ambitionierten und Ich-muss-überleben-Bookings und Veranstaltungen hinbekommt und sich auch über längere Zeit etablieren kann. Man will ja auch mal wo anders hingehen. Ob das funktioniert hängt denke ich stark von der Offenheit des Publikums ab. Und davon wie sich die Rahmenbedingungen für die Subkultur entwickeln. Also Nürnberg...
An dieser Stelle möchte ich außerdem eindringlich an die Stadtoberhäupter appellieren: Tun Sie endlich was, um der voranschreitenden Auswanderungswelle nach Berlin Einhalt zu gebieten!
DER OFFIZIELLE TEIL
Beide: Danke an... Johannes Paluka & Jürgen Albert, Detroit & Chicago, Wolfgang für Dein Vertrauen in meine Indie-DJ-Qualitäten, Eva für das beruhigende Gefühl, Dich tanzen zu sehen, Maggie für die Starthilfe, Tina, Brüderchen, Musikverein, K4, Evi, Tobi, Martin Hip für den Boogie, Otto für wunderschöne Flyer, David fürs Interview, Arno & Ioakeim, Dr. Pummerer, Monoton, Radio Z, die Vinylindustrie, diverse online Recordstores, Alfons Schubeck für das Krustenbraten-Rezept, Copy Factory für Papier und Toner, alle, die uns gerne gebucht haben und buchen werden, und alle Dancing Queens und Kings die ihre Hände auch mal bei einem unerwarteten Masters At Work Remix für Neneh Cherry in die Höhe reißen. Danke für die vielen tollen Nächte!
www.myspace.com/elektronischrocken
EXTRA SPECIAL SPECIAL EXTRA BONBON: curt und Elektronisch Rocken verlosen 3 Gästelistenplätze für das Jubiläum. Mail an
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, Stichwort „Elektronisch Rocken“ und mit einer kurzen Begründung, warum ausgerechnet DU bei den Feierlichkeiten dabei sein MUSST. Einsendeschluss ist morgen, Donnerstag, der 6. November um 18 Uhr. Die Gewinner werden per Mail benachrichtigt. Viel Glück!
Interview: David Lodhi