So waren: Turin Brakes im 59:1

MONTAG, 26. APRIL 2010



Erster Auftrag für unseren Musikredaktions-Neuzugang Claus: Nach München fahren und sich anschauen, ob die ehemals so großenTurin Brakes auch im beschaulich-kleinen Club-Rahmen bestehen können. Hier sein Nachbericht:

++ Turin who? Gran Torino brakes? Turin Brakes, die beidenen Londoner Olly Knights und Gale - herrgott, wie zum Henker spricht man den eigentlich aus? - Paridjanian, waren einmal für den Mercury Prize nominiert. Das war 2001, als das New Acoustic Movement mit ihrem Debutalbum „The Optimist LP“ und dem Debutalbum der Kings of Convenience, „Quiet Is The New Loud“, am Höhepunkt seiner Medienwirksamkeit war. Danach kam noch ein opulent durchproduziertes „Hitalbum“ namens „Ether Song“ und dann waren die beiden sympathischen und ziemlich kleinen Engländer aus dem öffentlichen Interesse weitgehend verschwunden.

Doch sie sind immernoch da. Nach vier Alben auf Source und einer Greatest-Hits-Sammlung, haben Turin Brakes laut eigener Aussage zu ihren Anfängen zurückgefunden, dorthin wo sie hingehören, mit ihrem neuen Album „Outbursts“, „unser wichtigstes Album“, wie Olly Knights auf der Bühne betont - einige lachen. Und so sind die Clubs wieder kleiner geworden in denen sie spielen und die Setlist ist vollkommen dominiert von den ganz neuen Songs und den Songs aus dem ersten Album „The Optimist“. Im Münchener Club 59:1 spielen sie zwar vor vollem Haus, doch das sind dann so an die 100-150 Menschen. Doch die Turin Brakes, die mit Schlagzeuger Rob Allum und Bassist Eddie Myer angereist sind, machen eine Tugend daraus. Für zwei Songs des neuen Albums stellt sich die vierköpfige Band an den vordersten Rand der Bühne, jeder mit einer Gitarre oder Mandoline bestückt und singen und spielen (fast) komplett unverstärkt.

Ausgerechnet der pompöseste Song der neuen Platte, „Rocket Song“, wird so zu einem akustischen Lo-Fi-Kammerspiel. Auch die E-Gitarren haben Knights und Paridjanian weggepackt. Letzterer spielt seine akustische gelegentlich durch ein paar Effekte und einen E-Gitarren-Amp, in nur einem einzigen Song wird das rote Keyboard am Rand der Bühne bemüht.
Bemüht wirkte auch zunächst der Auftakt des Auftritts. Nachdem die Songwriterin Kate Walsh im letzten Song mit einem sichtlich beseelten Olly Knights im Duett gesungen hatte, wirkte der Beginn des Turin Brakes Sets noch etwas nervös und unausgegoren. Die Akustikgitarre klang zu scharf, der Bassist konnte wohl seine Stimme nicht hören und ein paar Menschen im Publikum wirkten wohl befremdend auf die Engländer, der Blick von Olly Knights sah jedenfalls nach „Oje, naja das kriegen wir schon auch noch rum“ aus. Vor dem vierten Song, „Mirror“, der wie „Rocket Song“ rein akustisch gespielt wurde, sagte er „We've been warned that Munich crowds are noisy. ... Which is perfectly fine. But for the next three-and-a-half minutes we'd like you all to shut the fuck up.“ Überhaupt war das Publikum merkwürdig gemischt. Viele ältere Pärchen zwischen den Jungen Hippen, die sich auch mal was Uncooles anschauen wollten.

Erst mit ihrem Karriere-Tiefpunkt-Verarbeitungs-Song „Never Stop“ kommt langsam Laune auf der Bühne auf und der Funke springt über. Danach funktioniert das Konzert und die Chemie stimmt zwischen Bühne und Bürger, die Band groovt ordentlich und die leisen Momente sind ganz leise. Auch im notorisch geschwätzigen 59:1-Publikum. Erstaunlich, wie die Turin Brakes das Material der drei mittleren, mehr auf Erfolg getrimmten Alben, fast völlig links liegen lassen. Aus dem letzten, doch sehr softrock-pompösen „Dark On Fire“ spielen sie gar nur den gar nicht softrock-pompösen Titeltrack, ein Highlight des Abends. Als sie im zweiten Zugabenblock auch noch Chris Isaaks „Wicked Game“ covern, hat die Begeisterung keine Grenzen mehr.

Die sind schon gut, die Jungs. Songs die größer sind als sie auf ersten Blick erscheinen und zwei bescheidene, normale Jungs, von denen einer mit einer herausragenden Stimme gesegnet ist, die das eingestreute Pathos so erfreulich unangestrengt klingen lassen kann. Ganz so bescheiden sind sie dann aber doch nicht. Auf meine kühne Behauptung, bei „Ether Song“ handle es sich wahrscheinlich um den besten Hidden Track der Musikgeschichte, sagt Olly Knights nur „Oh yeah, I agree.“

Claus Friedrich

www.myspace.com/turinbrakes




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