Quasi Zentrum Europas - Nürnberg ist längst Kulturstadt

MONTAG, 2. NOVEMBER 2020

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MEINUNG - Die fränkische „Stadt der Menschenrechte“ ist schon lange ein Pulsar der europäischen Kultur, unabhängig vom Ausgang der Bewerbung. Es gibt jede Menge zeitgenössischer Kunstvereine und Museen mit internationaler Vernetzung, dazu eine starke Metropolregion im Rücken. Hier ein paar Beispiele.

Dürer damals, Dürer heute
Der Universalgelehrte und europaweit bekannte Maler ist noch keine 50 Jahre alt, als er als Vertreter der wohlhabenden freien Reichsstadt Nürnberg zum 18. Reichstag nach Augsburg reist. Durch seine Aufenthalte in Venedig war er solche Mühen gewohnt, diesmal soll er am Rande der gewichtigen politischen Versammlung auch Kaiser Maximilian portraitieren, und Jakob Fugger, den reichsten Kaufmann seiner Zeit, der bereits rund 40 Jahre zuvor in Nürnberg die zweite Filiale seiner Fuggerbank eröffnet hatte. Albrecht Dürer, der die Renaissance aus Italien über die Alpen brachte, verdankt einen Teil seiner Bekanntheit wohl auch seiner Reisefreude. Nürnberg war also schon früh eine ausgesprochen internationale Stadt, das hat sich bis heute nicht geändert, in diesen Monaten der Kulturhauptstadtbewerbung. Im bereits 1792 gegründeten, ältesten Kunstverein Deutschlands, dem „Kunstverein Nürnberg – Albrecht Dürer Gesellschaft“ wird der Renaissance-Künstler zum Paten für die anhaltend hochwertigen Kunstpositionen, die der Verein in den letzten Jahrhunderten sichtbar gemacht hat. Künstler stellten hier aus und erlangten teils später große Berühmtheit. Zur vorletzten Jahrhundertwende kann man hier Adolph Menzel, Carl Spitzweg und Arnold Böcklin nennen, in der Weimarer Zeit Oskar Schlemmer, Paul Klee und Wassily Kandinsky, 1973, noch zu Lebzeiten, Pablo Picasso. In den letzten Jahren haben Ausstellungen von Phyllidia Barlow, Shahryar Nashat oder – eben erst – Leslie Thornton den Nürnberger Kunstdiskurs bereichert. Nürnberg ist die zweitgrößte Stadt Bayerns, mit 3,5 Millionen Einwohnern in der Metropolregion (das ist die Größe Berlins), und insgesamt 14 Partnerstädten in aller Welt, darunter Prag, Nizza, Atlanta, Glasgow und natürlich Venedig. Mehr als jeder zweite Einwohner hat einen Migrationshintergrund, oder anders gesagt: Nürnberg ist eine der buntesten und weltläufigsten Städte Deutschlands.

Die Welt in Nürnberg
Das wirkt sich natürlich auch auf die vielfältige Kulturlandschaft aus, denn die Großstadt an der Pegnitz ist inzwischen, 500 Jahre nach dem 18. Augsburger Reichstag, am Puls der kulturellen Entwicklung angelangt. Die „Stadt der Menschenrechte“, hat im zeitgenössischen Kunstdiskurs längst zu den Hotspots aufgeschlossen. Der israelische Bildhauer Dani Karavan errichtete bereits vor 30 Jahren eine symbolische Straßenachse mit Triumphbogen und steinernen Rundpfeilern in direkter Nachbarschaft zum Germanischen Nationalmuseum, eingraviert ist pro Pfeiler ein Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Deutsch und jeweils einer weiteren Sprache. Das Kunstwerk hat weltweit Aufsehen erregt, nicht nur weil es formal an Karavans spektakulären „Weg des Friedens“ zwischen Israel und Ägypten erinnert, sondern weil es Nürnbergs Status als weltoffene Stadt in Stein gemeißelt hat. Der Künstler ist in der Jury des seit 1995 vergebenen „Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises“ vertreten. In den 1980er Jahren veranstaltete der nach Nürnberg emigrierte rumänische Maler und Bildhauer Diet Sayler, der bis heute hier lebt und gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, seine zehnteilige Ausstellungsreihe „konkret“ mit heute international geschätzten Kunstschaffenden wie Dan Flavin, Ellsworth Kelly, Vera Molnár, François Morellet oder Jesús Rafael Soto.

Junge Internationale
In der jungen, freien Kunstszene ist diese Weltoffenheit derweil längst eine Selbstverständlichkeit: Die mit über 350 Jahren älteste Kunstakademie im deutschsprachigen Raum, die Akademie der Bildenden Künste, beherbergt traditionell Studierende aus aller Welt und die Absolventen ziehen nach dem Abschluss auch in alle Welt weiter, nicht zuletzt ging einer der aktuellen Träger des Kulturpreises der Stadt Nürnberg aus dieser Ausbildung hervor. Der Maler Dashdemed Sampil, dessen abstrakte Bild- und Grafikkompositionen in ihrer Ausprägung auch die Auseinandersetzung mit seiner mongolischen Herkunft, aber vielmehr mit seiner aktuellen Umgebung reflektieren, setzt sich hier mit einer wahrlich exotischen und seltsamen Kunstströmung auseinander: der zeitgenössischen Malerei.

Natürlich ist es vorhersehbar, Dürers Venedigreisen als Aushängeschild für ein internationales Nürnberg heranzuziehen, aber es ist wie man sieht nur eines von unzähligen Indizien, dass Nürnberg, genauer gesagt, die ganze Metropolregion, den Blick nie an der der Stadtgrenze gesenkt hat. Nicht ohne Grund wurde der städtische, internationale Flughafen vor gar nicht so langer Zeit in „Albrecht-Dürer-Airport“ umbenannt, man ist sichtlich stolz auf die Verbindungen in alle Welt, auf das neue Verkehrszentrum, das Nürnberg wieder geworden ist, heute durch die Handels- und Passagiernetzwerke, wie damals durch die großen Handelsstraßen. Internationale Verbindungen sind in Nürnberg üblich, es war nie zum Schaden der Stadt.




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