Mias König | Die Szene und der Apparat

FREITAG, 25. SEPTEMBER 2020

#Dr. Marian Wild, #Film, #Im Gespräch mit, #Interview, #Kunst, #Locked in, #Mias König

Locked in | 028 – Die Mediothek ist für Filmliebhaber das, was eine Bibliothek für Bücherfreunde ist. Ein Archiv aus alten und neuen Filmklassikern, manche damals 2010 noch auf VHS, manche schon auf DVD, das Handwerkszeug der Medienwissenschaftler an der Universität.

Der Filmemacher Mias König hat einen wunderbaren Film über seine Arbeit in so einer Einrichtung gedreht, der Film „Mediothek“ zeigt viele Aspekte seiner Art zu beobachten: Er ist still, kein Wort wird gesprochen, unterlegt sind die Sequenzen nur mit unaufdringlichen Melodien bekannter Serien und Filme, als Trompetensolo, das Mias selbst eingespielt hat, überhaupt ist erwähnenswert, dass der gesamte Film in allen Bearbeitungsstufen von ihm selbst geschaffen wurde. Man beobachtet zehn Minuten lang den Regisseur selbst, bei seiner Arbeit in der Mediathek, beim Verrichten sinnfälliger und rätselhafter Tätigkeiten, beim Kaffeetrinken und Zurückspulen. Es sind lakonische Miniaturen, die sich aneinanderreihen, man wird Teil des Ortes, der mit sanfter Ironie und viel Sympathie ins Bild gesetzt wird, eine Liebeserklärung an einen sicher mitunter skurrilen Lebensabschnitt. Für solche Situationen muss man ein Gefühl haben, muss sie aufspüren im Alltag, und das kann Mias offensichtlich. „Der Archivar“, eine Dokumentation über einen langjährigen technischen Mitarbeiter in der „Stiftung Deutsche Kinemathek“, ist rührend und menschlich, die Skurrilität des Ortes und der Situation ist allen Beteiligten bewusst, die freundschaftliche Atmosphäre springt über. Es gibt die aberwitzigsten Szenen und Figuren im Werk von Mias, der Superheld „Kondomion“ beispielsweise, aber immer bleibt der Blick auf die Szene ruhig, selbstverständlich und schnörkellos. Es sind Filme, die man sich gerne ansieht.
 


Im Interview erzählt Mias vom Entdecken eines Filmmotivs und der Magie der großen Leinwand.

Marian Wild: Deine Sequenzen wirken direkt und spontan, aber man kann an einigen kleinen und großen Details erahnen, wie viel Arbeit in dieser Präzision liegen muss. Wie lange dauert es, bis eine Folge von „Kondomion“ publikationsreif ist?
Mias König: Die „Kondomion“-Teile sind alle an einem Tag entstanden. Stephan, der Hauptdarsteller und einer meiner besten Freunde aus Schultagen, und ich hatten uns jedes Mal vorgenommen, irgendetwas von Anfang bis Ende fertig zu drehen. Dafür haben wir uns meist um die Weihnachtszeit in unserer alten Heimat getroffen. Da dann meist auch Verwandtenbesuche anstehen, war die Zeit recht begrenzt und wir hatten in der Regel nur einen Nachmittag, an dem wir uns etwas überlegt und drauf los gefilmt haben.

Aus dieser lakonischen Erzählweise entsteht ein unterschwelliger Humor, weil du ja fröhlich die verschiedensten Filmgenres zitierst, wie Superheldenfilme oder das Kunstkino. Welche Filme schaust du privat, gibt es Regisseur*innen, die du als Vorbilder gelten lässt?
Ich bin da eigentlich ziemlich offen für alles. Allerdings gehören Superheldenfilme à la Spiderman tatsächlich eher nicht zu meinen Lieblingsfilmen. Im Studium habe ich eine kleine Videothek an der Uni betreut, was eine super Gelegenheit war, mir alle möglichen Klassiker anzuschauen. Ich hatte und habe immer wieder Phasen, in denen ich alle Filme einer/s Regisseur*in studiere, wenn mich ein Film angefixt hat. Zum Beispiel begeistern mich Stanley Kubrick, Danny Boyle, Werner Herzog und Terrence Malick. Aber mindestens genauso faszinieren mich Filme von Jared und Jarusha Hess und Wes Anderson – ich mag diesen Humor einfach. Es fällt mir allerdings schwer, mich auf einzelne Filmemacher*innen festzulegen. Ich will offen bleiben für Neues, das mich auch für meine eigenen Filme inspiriert.
 

Man spürt in den Filmen, besonders dem "Archivar" deine persönliche Neugier, auch wenn du nie im Bild auftauchst. Bei einigen Filmen bist du auch vor der Kamera. Mir kommen die Filme dadurch immer sehr persönlich vor, als wenn ich dir dabei zusehen würde wie du gerade Dinge entdeckst. Wie entdeckst du Dinge?
Das ist jetzt vermutlich etwas offensichtlich. Aber ich entdecke Dinge über die Menschen, die sie machen bzw. erleben. Ich finde es total spannend, Menschen genauer kennenzulernen, eine Ebene zu ihnen zu finden – möglichst wertschätzend. Die Akribie, mit der jemand beispielsweise seinen Job ausübt und die Authentizität, die jemand ausstrahlt, faszinieren mich.

Du präsentierst deine Arbeiten schon recht lange auf digitalen Plattformen, die ja jetzt während der Quarantäne zunehmend ein Ersatz für analoge Filmvorführungen geworden sind. Was verändert sich an den Filmen, wenn man sie vorrangig digital ansieht?
Ich nehme mal an, du meinst mit „digital“, dass Filme nicht auf einer Kinoleinwand projiziert werden, sondern im Netz über Endgeräte abrufbar sind. Im Gegensatz zum Kino werden Filme als digitale Medien ja meist in kleinerem Kreis oder allein rezipiert. Hinzu kommt, dass man sich die Videos über digitale Kanäle in der Regel auf einem wesentlich kleineren Format als der Kinoleinwand anschaut – und oft mit schlechterem Sound. Ich gehöre eigentlich zur Fernsehgeneration und habe die absolute Mehrheit der Filme auf einem kleinen Röhrenfernseher oder über einen Laptop gesehen. Außerdem schneide ich meine Filme an einem Laptop. Kleine Bildformate sind also eigentlich der Normalfall für mich. Aber als das erste Mal einer meiner Filme anlässlich eines kleinen Festivals in einem Kino lief, war ich total begeistert. Und auch die Vorführung vor einem Publikum, dessen Reaktionen man live mitbekommt, ist etwas Aufregendes. Ich freue mich schon sehr darauf, wenn irgendwann wieder die Kinos öffnen.

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