Hubertus Hess | Vom Suchen und Finden des Bambusstocks

FREITAG, 28. AUGUST 2020

#Dr. Marian Wild, #Hubertus Hess, #Im Gespräch mit, #Interview, #Kunst, #Locked in, #Malerei

Locked in | 024 – Mit seinen Japan-Arbeiten hat er mich bei unserer ersten Begegnung nachhaltig fasziniert. Es war eine Gruppenausstellung zusammen mit Ludwig Hanisch und Thomas May in der KREIS Galerie, Anfang 2018, in der Hubertus Hess mit mehreren seiner großformatigen Collagen vertreten war. Die Basis waren altmeisterliche ukyo-e, japanische Holzschnitte, klassisch waren die Arbeiten aber nur auf den ersten Blick.

Auf den zweiten waren die Collagen ein Manifest, eine subtile Mischung aus alten Holzschnitten und modernen Mangacomics. Da gibt es 400 Jahre Differenz in der Entstehung, die man aber nicht sofort erkennt, weil die Figuren räumlich so geschickt ineinander montiert sind, das sie optisch nicht im Geringsten auseinanderfallen. Nebenher sind die Arbeiten eine vollwertige kunsthistorische These: Holzschnitt und Manga, das kommt in Japan aus dem gleichen Schoß. Es sind Beobachtungen wie diese, für die Hubertus ein unbestreitbares Talent hat: Er findet Dinge, transformiert sie, beobachtet ihr Umfeld und stößt so zu einem inneren Kern der Objekte vor, der einmal gesehen für die Betrachter fast augenblicklich selbstverständlich wird. So entstehen Bronzebambusstöcke, Fundobjektplastiken und übergroße metallene Plaketten. Und, für „Locked out“, ein metergroßer, metallener Mundschutz, das wohl gegenwärtigste inoffizielle Symbol unserer aktuellen Zeit.

Im Interview erzählt Hubertus von riesigen Atemmasken, der Renaissance des Hochstands und dem Umgang mit Fundstücken.

Marian Wild: Alles ist momentan geschlossen, die Kulturszene ist weggesperrt, die Veranstaltungsorte sind leer. Wie singulär empfindest du als langjähriger freischaffender Nürnberger Künstler den aktuellen Zustand? Wie schwer ist die Zeit?
Hubertus Hess: Für mich hat sich zu Beginn gar nichts geändert, im Gegenteil, ich habe ganz normal und in aller Ruhe im Atelier weitergearbeitet. Mittlerweile, vor allem je länger die Sperre dauert, ist die Situation nicht mehr so entspannt. Man ist verunsichert und macht sich Gedanken wie es weiter gehen soll. Ich denke die eigentlichen Probleme für uns bildende Künstler werden erst noch kommen.

Deine Arbeiten wirken auf mich oft, als würdest du auf ein ganz bestimmtes Phänomen in der Welt stoßen, dann ein oder zwei Schritte zurücktreten, darüber nachdenken, und dann einen künstlerischen Kommentar dazu formulieren. Das ist manchmal sehr poetisch, wie dein bronzener Bambusstock, manchmal subversiv, wie die Serie der Manga-Collagen, manchmal auch sehr lustig, wie die kleinen Soja-Fischchen im Netz. Was braucht es, damit in deinem Kopf ein künstlerisches Projekt entsteht?
Glück und Zeit! Oft lasse ich mich in meiner Arbeit vom Zufall leiden, das heißt, Auslöser sind Fundstücke und Gegenstände die mir über den Weg laufen, mich faszinieren und zu einer Idee anregen. Bis zu ihrem Einsatz liegen sie meist über Jahre in meinem Atelier. Ein Beispiel ist der Bambusstock, er stammt von meinem ersten Japanaufenthalt 1993, erst 2018 entstand daraus die Arbeit mit dem Fächer. Die Serie „im Dialog mit Hokusai“ war dagegen geplant. Der Ursprung sind Reproduktionen von alten Holzschnitten von Hokusai die ich mit nach Japan brachte und sie dort mit aktuellen Mangas zu meinen Collagen verarbeitete.

Für „Locked out“ hast du ein ausgesprochen präzises Werk geschaffen: Zwei Atemmasken, eine in Stoff und eine in Bronze, die eine ein Symbol des Mangels, die andere unbenutzbar und gleichzeitig ikonisch. Ist die Atemmaske das Symbol dieser Zeit?
Natürlich, die dauernde Debatte über das Tragen von Atemmasken hat mich dazu animiert. Nach einigen Versuchen in Originalgröße, ist die 1,20 m große Atemmaske aus Stahl entstanden.

Du gehörst zum Vorstand der KREIS-Künstlergruppe, und auch in der KREIS-Galerie hat die Schließung ja die neue Ausstellungseröffnung verhindert. Wie ist dein Blick von dieser Seite auf diese ganze Krise und wie gehst du mit ihr um?
Wir hatten Glück, fünf Tage vor Schließung der Galerie konnten wir noch unsere Jubiläumsausstellung „Beste Gäste“ zum 20 jährigen Bestehen der KREIS-Galerie eröffnen. Die lief dann noch bis 17. Mai, wie es dann weiter ging, vor allem mit den folgenden Ausstellungen, stand in den Sternen. Für Juli wurde dann von mir die Ausstellung „Hochstand“ geplant. Die Idee stammte von dem Fotografen Paul Mayer, weitere Teilnehmer sind Jan Gemeinhardt, Norbert Nolte und Christian Rösner, als besonderer Gast und „Nachbar“ wurde noch Daniel Hess, der neue Generaldirektor des GNM, eingeladen. Ich hoffte damals stark, dass sich bis Juli die Lage etwas beruhigen würde und die Ausstellung stattfinden kann, was jetzt ja glücklicherweise auch geklappt hat.

Weitere Informationen zum Künstler (KLICK!)




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