SONNTAG, 23.11.2014 / 18.00 Uhr
Stück von Heinrich Mann als Gastspiel der Württembergische Landesbühne Esslingen.

Diederich Heßling ist einer von vielen. Er weiß das und er will es nicht anders. Der Sohn eines Papierfabrikanten wird im kleinen Netzig groß und lernt schon als Kind, brenzlige Situationen zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Lustvoll unterwirft er sich den Obrigkeiten – ob Vater, Lehrer oder Offizier. Er wird Student im großen Berlin, das ihm Angst macht. Erst als er sich den Korpsstudenten anschließt, wird Berlin erträglich, weil überschaubar. Er dient, macht seinen Doktor. Alles läuft, wie es sich gehört. Denn ohnehin steht fest: Er wird die väterliche Fabrik übernehmen und natürlich heiraten. Zum Glück: reich. Der Hochzeit folgen Kinder. Alle Pflichten sind erfüllt. Und nun? Nichts, und niemand, den das interessiert, weil es allen ähnlich geht. Diederich Heßling ist umgeben von anderen Diederich Heßlings – feigen Menschen ohne Zivilcourage, Mitläufern und Konformisten, die Obrigkeitshörigkeit mit eigener Macht verwechseln.

Mit bissiger Ironie persifliert Heinrich Mann den Prototyp des deutschen Bürgers in der wilhelminischen Gesellschaft. Der nach seiner Veröffentlichung 1919 heftig diskutierte Roman veranschaulicht, welche Geisteshaltung Deutschland zunächst in den verhängnisvollen Ersten Weltkrieg und später in den Nationalsozialismus trieb. „Dieses Buch wurde im Juli 1914 vollendet“, schrieb Heinrich Mann im Vorwort seines „Untertans“ – es hätte wohl auch hundert Jahre später geschrieben werden können. Denn auch heute erfordert eigenes Denken Mut und Fantasie.

Der Regisseur Christof Küster hat eigens für die WLB eine Fassung des am Vorabend des Ersten Weltkrieges entstandenen Romans erstellt. Die Fassung zeichnet die Lebensgeschichte des Protagonisten von dessen Kindheit in Netzig über seine Zeit in Berlin bis zur Rückkehr in die Heimatstadt und Sicherung seiner Stellung in der wilhelminischen Gesellschaft nach. Dabei konzentriert sie sich auf Diederich Heßlings Beziehung zu seinem Vorbild aus Kindertagen, dem 1848er-Revolutionär Buck, sowie dessen Sohn Wolfgang.


MARKGRAFENTHEATER

Theaterplatz 2
91054 Erlangen






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