Janos Schäfer | Die Ausleuchtung des Totalen

FREITAG, 20. NOVEMBER 2020

#Dr. Marian Wild, #Im Gespräch mit, #Interview, #Janos Schäfer, #Kunst, #Locked in

Locked in | 036 – Schon das Portrait ist ein Statement: Janos Schäfers Blick ist hinter der Sonnenbrille weit in die Ferne gerichtet, ernst und versonnen nach einer Lösung für das selbstgestellte Problem suchend: Zwischen Gartenpflanze und Weißbier versteckt sich etwas Autoritäres, Antiaufklärerisches in der Welt, und es zu beleuchten ist ihm wichtig.

So entstanden aus seiner Hand Symbole für diese versteckten Bezüge, manchmal einzelne Objekte, manchmal ganze Räume. Janos‘ Raum in der Ausstellung „Muff, Wurzelfurnier und Science-Fiction“ konzentriert diese Suche gut: Ein runder Holztisch mit Dreibein und dreieckiger Intarsienarbeit ist vor einer opulent gerahmten, abstrakten Malerei aufgebaut. Auf dem Tisch finden sich ein kleiner Obelisk und ein Würfel. Man könnte die Szene für die Kulisse einer okkulten Zeremonie halten, spräche der verfallene Raum selbst nicht so klar dagegen. Neben den starken Materialien und ihren Bezügen findet also auch eine Erzählung von etwas Geheimem, Magischen und Unheilvollen statt. Diese Ebene findet man auch in Werken wie „Ohne Titel“, eine Reihe von fünf Bierdeckeln, die in die untere linke Ecke der Wand gesetzt sind, auf den ersten Blick wie eine Steckdosenleiste. Auf den zweiten Blick lenkt die irritierende Anbringung auf das reaktionäre Motiv: Die Bierdeckel der Bürgerbräu Hersbruck sind in einer an altdeutsche Buchstaben angelehnten Type geschrieben, in der Mitte des rot-weißen Hintergrunds prangt ein mittelalterliches Wappen mit Burgtürmen und steinerner Bekrönung. Zeitlich gesehen geradezu in die andere Richtung weist die Treppeninstallation mit grünen Plexiglasplatten, eine eingebrochen und von einem Star-Wars-XFalcon durchflogen. Das inzwischen neunteilige Filmepos beschreibt unter anderem den Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Republik, Imperium und den Akteuren dazwischen. Unsere Welt ist voll von Geschichte und Zukunft, scheinen die Arbeiten zu sagen, der Kampf der Weltanschauungen ist aber immer derselbe.

Im Interview erzählt Janos von verbrauchten Orten, der Verpuppung in der Krise und vernetzten Artefakten.

Marian Wild: Dein Portraitbild ist aufschlussreich: Gartenpflanze, Sonnenbrille, Hefeweizen, Clogs, eine Mischung aus bayerischer Wirtschaftskrise und James Dean. Wie hat dir der Corona-Lockdown so allgemein bekommen, wo hast du ihn verbracht?
Janos Schäfer: Naja ich saß einfach die ganze Zeit Zuhause. Anfangs habe ich es noch genossen, mehr Zeit zu haben, mir selbst Dinge die ich schon immer lernen wollte beizubringen aber nach ziemlich kurzer Zeit ist diese Freude verflogen. Ich habe zum Beispiel anfangs noch aus alter Elektronik einen neuen Router gebaut und das alles auch zu verstehen versucht. Dann hat es aber leider nicht sehr lange gedauert bis ich in absolute Untätigkeit versunken bin und vom ganzen Zuhause sitzen auch die Lust an allem verloren habe. Der Router funktioniert noch immer nicht richtig und ich habe eigentlich bis jetzt gebraucht, um wieder komplett aus meinem Schneckenhäuschen herauszukommen. Ich hatte in der Zwischenzeit immer die Hoffnung, dass man wie eine Raupe in ihrem Kokon, durch das permanente auf sich selbst zurückgeworfen sein, wie ein Schmetterling wiedergeboren wird, aber wahrscheinlich ist das ja auch eher nicht.

Deine Arbeiten sind manchmal Interventionen in einem bestehenden Raum, manchmal auch Ergänzungen. Dadurch entwickeln sich mitunter rätselhafte Umgebungen in stark verbrauchten Orten. Worum geht es dir bei deinen Arbeiten, wann wirst du an einem Ort aktiv?
Das Schöne an Orten mit Charakter ist, dass sie meist etwas mitbringen, worauf man künstlerisch eingehen kann. Ich versuche ja in Ausstellungen immer ein Netz zu spinnen, in dem sich die Arbeiten mit allem um sich herum in Bezug setzen können. Abgesehen davon habe ich mit meiner seltsamen Sehnsucht nach Beschaulichkeit und Bürgerlichkeit auch einfach eine Schwäche für sowas.

Dein Werkspektrum reicht ziemlich breit von Plexiglas, altertümlichen Relikten und elektronischen Devices über Wand- und Glasmalereien und Beschriftungen mit Filzstift. Du scheinst in deinen Arbeiten nach etwas Bestimmtem zu suchen. Kannst du das in Worte fassen, falls es so ist?
Ich habe den Eindruck, mein künstlerisches Arbeiten dreht sich seit einiger Zeit um das Totalitäre in seinen unterschiedlichsten Gewändern. Der Rechtsruck in der gesamten Weltgemeinschaft liegt ja auf der Hand, aber wenn man genau hinsieht kann man an so vielen Stellen im Alltag und in der Geschichte unserer Gesellschaft totalitäre Motive, Gedankenfiguren und Konzepte erkennen. Denen spüre ich in meiner Arbeit nach, versuche sie zu verstehen und setze sie dann in Bezug zueinander. Wie hat sich was wohin entwickelt? Wo steckt was drin und wie sind die Zusammenhänge? Da tritt dann der abstrakte Expressionismus mit seinen seltsamen Vorstellungen von der „reinen“ Malerei neben kolonialistische Science-Fiction Artefakte und so weiter. Ich versuche sozusagen die Galaxie der Totalitarismen zu erforschen, zu verstehen und zu entlarven. Das schaff ich natürlich nicht, aber ist ja auch egal. Ich gebe mir dabei zumindest Mühe.

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