Künftige Kulturleiche Nürnberg

SONNTAG, 23. OKTOBER 2022



Der Stadtrat will sparen, darum steht in Nürnberg jetzt die Blaue Nacht, das Bardentreffen, das Klassik Open-Air, die Kunsthalle und die Kunstvilla zur Disposition. Man täte aus verschiedenen Gründen besser daran sich das Geld an anderer Stelle zu holen.

„Jeder Mensch hat das Recht,
am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen,
sich der Künste zu erfreuen
und am wissenschaftlichen Fortschritt
und dessen Wohltaten teilzuhaben.“

(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 27, Abs. 1)

Nürnberg, seit mehreren Jahrzehnten stolze „Stadt der Menschenrechte“, besitzt drei große, jährliche Kulturevents und drei zeitgenössische, städtische Häuser für Bildende Kunst. Das ist gut so, denn die Freiheit der Kunst, als auch der Meinung und Presse, sind an sehr prominenter Stelle im Grundgesetz (Artikel 5) verankert und umfassend geschützt. Damit diese bürgerlichen Freiheiten zur Anwendung und Wirkung kommen können braucht es eine handlungsfähige, gemeinschaftliche Kulturlandschaft, die zur Meinungsbildung der Gesellschaft ebenso beiträgt wie zum demokratischen Diskurs, und die man davon abgesehen auch vom Menschenrecht auf Kultur ableiten kann, siehe oben. Wenn eine Großstadt zwei ihrer drei zeitgenössischen städtischen Kunsthäuser für Schließungen zur Disposition und die jährliche Ausrichtung der drei großen Kulturevents in Frage stellt, wie es aktuell geschieht, werden demokratische und gesellschaftliche Verständigungsmechanismen geschwächt - und das ausgerechnet in Zeiten von überbordenden, postfaktischen Verschwörungen und ökologischen, ökonomischen und medizinischen Krisen, sowie einem Erstarken rechtspopulistischer bis rechtsradikaler Parteien, und nach Jahren der seuchenbedingten Unsichtbarkeit. Es ist schlichtweg unverantwortlich und obszön, über solche Schritte der kulturellen Verödung in diesen Zeiten laut nachzudenken, während mehrere, in ihrer Summe die mehrfach durch Drittmittel gehebelten Kulturetats um mehrere Potenzen übersteigende, städtische Devisengräber seit Jahren und Jahrzehnten beplant und umgesetzt werden. Das bekannte Streitthema der milliardenteuren Opernhaussanierung soll an dieser Stelle gar nicht in den Fokus gerückt werden, die Angelegenheit ist in der Tat komplexer als die aufgerufene Bausumme von inzwischen inflationsbedingt wohl rund 1,3 Milliarden Euro erahnen lässt. Aber man könnte in diesem Zusammenhang auch über die seit Jahrzehnten so muntere wie in einigen Aspekten fehlgeleitete Planung zum Umbau des Frankenschnellwegs reden, die nicht transparent finanziell einsehbar ist, geschweige denn vorurteilsfrei debattiert wird, aber nach weitläufiger Meinung ein Schritt in die infrastrukturelle Vergangenheit, nicht Zukunft ist.

Die Stadt muss Geld sparen? Dann sollte sie das vielleicht besser bei ihren jetzt schon aus der Zeit gefallenen Verkehrsprojekten tun, nicht bei den überschaubaren Investitionen in den ideellen Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft.




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