Im Jetzt, Im Danach, In der neuen Zeit

DIENSTAG, 13. SEPTEMBER 2022, KREIS GALERIE

#Buch, #Dr. Marian Wild, #Hjalmar Leander Weiss, #Keine Retrospektive, #Kunst, #Malerei

Eine späte Buchbesprechung von Marian Wild

„Könnte man das, was du tust, bezeichnen als einen Versuch, Stille zu schaffen, oder vielleicht als den Versuch, Inseln zu schaffen inmitten dieses Ozeans voller Lärm und Gebrabbel?“ (Ralph Huwendiek)

Seit Monaten habe ich ein schlechtes Gewissen. Anfang des Jahres fasste ich den Entschluss einen Review über das Buch „Hier und Jetzt“ mit Werken des Malers und Zen-Künstlers Hjalmar Leander Weiss zu schreiben. Es gelang mir nicht, denn das wirklich zauberhaft und einfühlsam von Nina Metz herausgegebene und gestaltete Buch lieferte mir scheinbar einfach keine Leerstelle, die ich sprachlich hätte füllen können. Aber die Welt ist eine andere als vor sechs Monaten, der Krieg ist zurück in Europa, die Geschichtswissenschaft hat einen kollektiven Nervenzusammenbruch; die Frage, was Kunst aktuell bewirkt, muss wohl neu gestellt werden. Hjalmars Buch ist ausdrücklich keine Retrospektive, denn das würde seinem Begriff von Zeit als auch der Tatsache zuwiderlaufen, dass er ausgesprochen lebendig ist und sehr produktiv kunstet.

Aber womöglich ist das Buch ein Argument.

„Ein Künstler erweitert unseren Freiheitsraum auch, indem er uns heimisch macht in den Formen der Jetzt-Zeit.“ (Heinz Neidel)

Heinz Neidel, der das Institut für moderne Kunst und die Nürnberger Kunstszene viele Jahre lang als Direktor und Autor prägte und 2020 viel zu früh verstarb, steht mir nah, ohne dass ich ihn je persönlich kennengelernt hätte. In meinem Bücherregal stehen wundervolle Bücher von ihm, letztes Jahr stellte ich fest, dass wir mitunter Texte über dieselben Künstler geschrieben haben, da hatte ich bereits die Ehre, erster Träger des Heinz-Neidel-Forschungsstipendiums zu sein. Dass in Hjalmars Buch unter anderem ein ebenso reicher wie präziser Schatz an Texten zwischen ihm und Heinz Neidel veröffentlicht ist, hat mich also persönlich angefasst und womöglich auch blockiert. Da wurden einige kluge Dinge gesagt, und die sind womöglich relevant für unsere neue Welt.
„Als Tat gesellschaftlicher Einbildungen ist das Imaginäre der Horizont, vor dem sich die Gesellschaft immer wieder neu entwirft.“ (Heinz Neidel)
Im Buch war es der Text, der mich zu den Werken geführt hat, Hjalmars urgewaltige Denkräume beinhalten scheint mir auch manchmal das, was uns aktuell an Bildern für die neue Zeit fehlt. Bilder der Trauer, ein Erdkreuz, aufgeschüttet in einer Kirche. Ein blutrotes Herz, in einer Tabakfabrik im Dunkeln ertanzt. Bilder der Ratlosigkeit, durchgestrichene Malereien an weißen Wänden. Metallsachen, zu einem gewaltigen Pfeil vergossen, der auf nichts zeigt. Hier und jetzt fehlen mir Metaphern um zu verarbeiten, was gerade um uns herum passiert. Das habe ich durch das Buch besser verstanden, in diesem Manifest der Stille.

„… Manifest der Stille? Man unterstellt Künstlern oft einen politischen Anspruch, weil sie zum Beispiel unter der Welt leiden. Ich leide aber nicht unter der Welt und male dann deswegen solche Bilder. Ich genieße die Welt, so wie sie ist. Allerdings ist Stille oft die Voraussetzung dafür. …“ (Hjalmar Leander Weiss)

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Das Buch „Hier und Jetzt. Keine Retrospektive“ von Hjalmar Leander Weiss ist im Bartlmüllner Verlag erschienen (ISBN: 978-3-942953-81-8) und ist erhältlich bei der Herausgeberin und Gestalterin Nina Metz, bei dem Künstler Hjalmar Leander Weiss und in der Buchhandlung Walther König im Neuen Museum in Nürnberg.

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14. September bis 15. Oktober
HJALMAR LEANDER WEISS – MALEREI UND OBJEKT
KREIS GALERIE
Kartäusergasse 14, Nbg.
kreis-nuernberg.de




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