Das Leben ist eine Kleinstadt

DONNERSTAG, 9. JUNI 2016



Jeder mag was. Die Schokobrocken im Stracciatellaeis oder das Leben in der Kleinstadt, zum Beispiel. Und wenn das aus ist, was man begehrt, gibt es noch das Kino. Diese Woche läuft “Everybody wants some” mit zwei Ausrufezeichen. Ist der Film die wert?

Ich mag Richard Linklater. Er hat mir einige Lieblingsliebesfilme geschenkt, alles was vor, nach oder während eines Sonnenaufgangs passiert und mit Julie Delpy und Ethan Hawke vertont wurde. Er erfand den Slackerfilm und zuletzt setzte er sich selbst ein Denkmal mit dem Mammutprojekt „Boyhood“.

Es brach mir demnach ansatzweise das Herz, dass ich im curt-Kinoprogramm aufgrund der Tatsache, dass das Leben kein Schneeleopardenbaby ist, auf diesen Film verzichten musste. Jetzt habe ich ihn nachgeholt, auch wenn es um Baseball geht, das Spiel, das ich niemals verstehen werde und um das Jahr 1980, was ich ebenfalls nicht verstehe, da es sich meines Erachtens nicht zu bebildern lohnt. Es wundert mich nicht, dass alle irgendwie aussehen wie Matt Dillon der Hauptdarsteller insbesondere. Er ist „ein Scheiß-Pitcher“, so wird er jedenfalls in seiner Studenten-WG begrüßt, in der Miracle Whip im Kühlschrank thront, neben Bier und nix. Man verarscht den Bartwuchs des anderen, spricht über Sex und betrinkt sich bei Partys aller Art. Ansonsten wetten die Spielerbuben über alles, was sie drei Tage vor Studiumsbeginn interessiert.

Linklater (Jahrgang 1960) feiert die Siebziger, auch wenn das neue Jahrzehnt gerade angebrochen wurde. „Everybody wants some!!“ ist sehr detailverliebt und hat ein Problem mit der Synchro. Das geht gerade am Anfang oft gar nicht und verdichtet den gekünstelten Eindruck. Es gibt nicht viel zu erzählen, weswegen ich fast das Interesse verliere. Doch dann kommt ein halbwegs geschickter Schachzug, das Geschehene wird analysiert. Das funktioniert besser. Trotzdem sicher kein Film der bleibt und der Begriff der Fingerübung ist hier angebracht. Das Einzige, was man mitnimmt ist die Erinnerung daran, dass früher Punk und Disco, Countrykneipe und Künstlerparty Hand in Hand gingen. Heute leben wir in Nischen, kommen nicht raus, spalten uns ab, je kleiner desto besser. Aber früher, da war das Leben eine Kleinstadt.
 
 




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