curt Magazin #203

FREITAG, 1. APRIL 2016

#Printmagazin

VORWORT   (… oder doch lieber direkt zum e-Book?)

Diese Ausgabe ist definitiv ein Vorbote für die Sonne. Und die brauchen wir auch dringend, damit sich die Straßen wieder mit Zweirädern und die Plätze mit leicht bekleideten Menschen beleben. Wir ziehen also schnell die Sommerreifen auf unsere Klappräder und die Ledersandalen über unsere bestrumpften Füße, freuen uns über Bräunungscreme mit Glitzer drin, polieren die Sonnenbrillen und üben vor dem Ballettspiegel lässige Flanierposen: Brille ins Haar, Kragen hochgeschlagen, Pullover über die Schultern gehängt und eine Hand in der Hosentasche. We got the Look! Der muss auch hip und kompatibel sein, denn wir bewegen uns im April auf den Geek-Brettern der Nuernberg Web Week ebenso wie auf den Literaten-Latten von Stuckrad-Barre oder den Pinsel-Planken von Jim Avignon.

Bei diesen Aussichten geht auch dieses Mal das Schreiben ganz flott von der Hand. Ein regelrechter Schreib-Flow ist das! Die Finger fliegen im 3-Finger-System über die Tastatur! Klapperdieklapp! Wie die Mühle am Bächlein, so klappern die Tasten! Ich pausiere, lehne mich zurück in meinen Massagesessel, schlürfe laut, genüsslich und selbstgefällig von meinem Ingwerkaffee. Weil ich es kann. Das Schreiben muss kurz warten und der Flow hat Geduld, da bin ich sicher.

Als ich am nächsten Tag aufwache, kann ich mich nicht mehr bewegen. Ich schiele mit meinen Glubschaugen auf die Uhr und stelle fest, dass ich 19 Stunden schlafend in einem immer noch rüttelnden, „massierenden“ Sessel verbracht habe. Ich würde gerne aufstehen, müsste auch mal dringend aufs Lokus amoenus, doch der Körper verweigert. Die Muskeln wurden mir offensichtlich kaputtgerüttelt. Verloren für immer, so mein erster Verdacht. Lediglich am linken Fuß die Zehen machen, was ich mir denke. Bei den anderen Gliedmaßen hilft auch kein Schreien oder Schimpfen. Was würde ich darum geben, wenn wenigstens ein Arm funktionieren würde, dann könnte ich damit die anderen Extremitäten massakrieren. Nicht daran zu denken. Ich wippe ein wenig vor und zurück. Das funktioniert. Wenn ich mich hochschaukle, dann könnte ich mich eventuell in den Stand aufrichten und dann wäre der halbe Weg zur Toilette schon fast erledigt. Als ich mich schnaufend in Position kämpfe, klingelt das Handy, ich flatuliere wie Donnerhall, strauchele, reiße den Stuhl um, mich selbst dazu, das Handy fliegt in weitem Bogen in den - aus welchem Grund auch immer – rotierenden Smoothie-Mixer und wird unterseitig geschreddert, bis sich die Plastiksplitter im Mixer verkeilen. Dieser wehrt sich, verliert, fängt an zu qualmen und wenige Sekunden später züngeln Flammen aus dem Behälter, lecken rüber an die Vorhänge, fressen sich gierig hoch bis zur Zimmerdecke und karamellisieren die Styropordekodeckenplatten. Maximale Rauchentwicklung versus minimale Körperspannung. Ich ahne: es geht dem Ende entgegen. Ich sinniere ein wenig.

Plötzlich fliegt die Tür auf, aufgetreten vom Chef unserer Druckerei! Dieser hat unter dem einen Arm seinen Tennisschläger (er kommt vom Sport), unter dem anderen einen Feuerwehrschlauch. Während er einhändig das lodernde Feuer löscht, streichelt er mir mit dem Tennisschläger beruhigend übers Haar. Flüssiges Styropor tropft von der Decke, es macht ihm nichts. „Wenn‘s brennt, dann bin ich da“, stellt er mit sonorer Stimmer fest. „Das ist gut“, sage ich, „ich esse gerne scharf. Wie finden Sie mein kleines Osterfeuer?“ „Leider habe ich meine Marshmellows vergessen“, murmelt er und klopft sich Asche und Ruß von der weißen Tennishose und reibt sich verbranntes, wieder ausgehärtetes Styropor aus beiden Augen. Dann zieht er den Flow aus seiner Hosentasche und setzt ihn mir auf den Kopf. Ich kann mich immer noch nicht bewegen, weiß aber nun: Druckereien können manchmal die echten Helden sein in unserem komischen Universum.


Viel Spaß bei allem, was Ihr tut - wir haben das auch. Willkommen in unserer Welt!
                                                   
Euer curt-Team


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[Covermotiv: Cycle Cowboys / Sosein. Foto: Cristopher Civitillo www.facebook.com/CRISCivitilloPhotography]
 




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