Dem Egers sei Welt #43

DIENSTAG, 1. DEZEMBER 2015

#Comedy, #Egersdörfer, #Kabarett, #Kolumne

GELESEN ODER ABGESCHRIEBEN
Fernstudium der Sehnsucht.
Eine halbwegs unterhaltsame Charaktermaske.
Handwerkerin der Sprache.
Bremsspuren des Lebens.
Unbeabsichtigte, algorithmische Grausamkeit.
Money to go.

MIXED PICKLES

GELESEN ODER ABGESCHRIEBEN
Fernstudium der Sehnsucht.
Eine halbwegs unterhaltsame Charaktermaske.
Handwerkerin der Sprache.
Bremsspuren des Lebens.
Unbeabsichtigte, algorithmische Grausamkeit.
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HINWEIS BEIM TELEFONAT
Ein junger Mann spricht mit leichter Entrüstung in sein Handy: „Ich hab dir doch gestern eine E-Mail geschickt, dass ich dich morgen früh anrufe.“

ONLY LOVE
Der junge Mann trägt die Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf. Ein schwarzgefärbter Schopf Haare schaut unter seiner Kopfbedeckung hervor. Hinter seinem linken Ohr steckt ein Filterzigarettchen. Seine schillernde Trainingshose ist an der Seite aufknöpfbar. Um seinen Hals baumelt ein Silberkettchen mit dem heiligen Christophorus, gefasst in einer Münze als prächtig-goldener Höhepunkt seines Geschmeides. In seinen Armen lehnt ein großzügig gerundetes Fräulein. Ihre barocken Beine sind hauteng bedeckt mit einer Schlangenhautimitat-Hose. An einigen Stellen ist die Hose durchsetzt mit durchsichtigen Stoff und erlaubt verschiedenartige Blicke auf tätowierte Haut: ein brennender Wanderschuh, ein schwarzer Panther, dem ein gelber Wellensittich auf der Nase sitzt, eine Blutwurst im hellen Strahlenkranz. Immer noch innig umarmend öffnet der Galan geschickt ein Fläschchen Sprite. Es spritzt und zischt wie Champag-ner. Die Prinzessin trinkt aus seiner Hand und schluckt und lacht. Dann zaubert der Prinz einen Pappkarton hervor, außen bunt bedruckt mit irisierenden Mustern. Er füttert daraus die Holde, die schon ihr Mündchen öffnet, mittels Plastikgabel mit asiatischen Nudeln. Es duftet nach einem Markt in Marrakesch, 121 Gewürzen, Dattelöl und Ingweressig. Die Sonne geht auf über der Wüste. Ein Nilpferd taucht am Flussufer auf. Viele Vögel singen im grünen Geäst an der Hausfassade. Unser stolzer Romeo küsst seiner glutäugigen Julia schillernde Fetttropfen von den Lippen und dann sausen sie auf einem fliegenden Teppich auf und davon.

DIE JAGD
Der Mann hat es nicht mehr ausgehalten. Die Frau hat nicht mehr aufgehört zu reden. Die ganze Luft war voll mit Buchstaben. Am Rand des Zimmers haben sich die Buchstaben schon gedrängt. Dann ist der Mann aufgestanden. Der Hund wusste schon zwei Momente vorher Bescheid und ist aufgesprungen und hat mit dem Schwanz die Buchstaben verwedelt. Dann hat der Mann sein Gewehr aus dem Waffenschrank geholt, seinen Hut aufgesetzt und ist in die Garage gegangen, hat hinten die Klappe geöffnet, da ist der Hund hineingesprungen. Kurz bevor er das Auto angelassen hat, hat er seine Frau noch hinter der Wand sprechen hören. Dann ist er mit dem Hund in den Wald gefahren. Hinter der dritten Kurve, wo sein Revier beginnt, hat er das Auto abgestellt, hat den Hund aus dem Auto gelassen, das Gewehr um die Schulter gehängt und ist losgelaufen. Er hat ausgeatmet und eingeatmet und der Atem war weiß in der Luft. Unter dem Hochsitz hat sich der Hund ins Gras gelegt. Der Mann ist hinaufgestiegen und hat das Gewehr an die Seite gelegt und lange vor sich auf die Wiese in der Abenddämmerung geschaut. Zwei Hasen sind auf der Wiese aufgetaucht und hüpften immer wieder und fraßen Gras und hüpften. Lange Zeit nur die Hasen. Dann streckte sich der Hase und streckte seine Ohren weit hinauf. Ein Rehkitz trippelte auf die Wiesenbühne und stand und fraß Gras und trippelte wieder. Die Hasen hüpften immer wieder und fraßen und hüpften. Dann streckte sich der Hase und streckte seine Ohren hoch hinauf. Die Mutter des Rehkitz’ stolzierte auf die Wiesenbühne. Dann schaute sie herum und senkte ihren Kopf und äste. Das Rehkitz trippelte und stand und fraß und trippelte. Die Hasen hüpften immer wieder und fraßen Graß. Dann streckte sich der Hase und streckte seine Ohren weit empor. Der Bock schritt auf die Wiesenbühne und schaute nach allen Seiten und senkte seinen Kopf mit dem kleinen Geweih und äste. Die Geis stolzierte und schaute und senkte ihren Kopf und äste. Das Rehkitz trippelte und stand und fraß und trippelte. Die Hasen hüpften immer wieder und mümmelten das Gras. Den Bock hätte er schießen können. Er schoss aber nicht. Er stieg wieder vom Hochsitz und lief mit dem Hund zurück zum Auto. Die Nacht war hereingebrochen und der Mann fuhr zurück zur Frau.




UND WAS MACHT EGERS SONST NOCH IM DEZEMBER UND JANUAR, AUSSER GUT AUSSEHEN?
Am 8. Dezember und 12. Januar, jeweils dienstags, lädt sich die fränkische Gute-Laune-Inkarnation selbst nebst Gästen zu Egersdörfer und Artverwandte in den Festsaal des Künstlerhauses im KunstKulturQuartier von und zu Nürnberg, wie immer präsentiert von curt. Mit seinem Solo-Programm Vom Ding her ist er unter anderem am 12. Dezember im Münchner Schlachthof, am 16. Dezember im E-Werk Erlangen und am 6. Januar im Gostner Hoftheater zu sehen. Letztgenannte Vorstellung ist aber bereits ausverkauft.

Wichtigeres, Genaueres und Weiteres unter www.egers.de.
 




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Was für ein nicht enden wollender Sommer das heuer gewesen ist. Bis in den Oktober hinein wurde ich immer dringlicher gemahnt: Genieße unbedingt den sonnigen Tag heute! Morgen kommt der Herbst, dann ist alles vorbei. Immer wieder habe ich mich in die Sonne gesetzt und habe die Sonne mit aller Kraft genossen bis zur Langeweile, bis zum vollständigen Überdruss. Das kommt daher, dass ich Befehle stets gewissenhaft und verlässlich ausführe. Da kann man sich einhundertprozentig auf mich verlassen. Meine Zuflüsterer taten immer so, als ob das Himmelgestirn im nächsten Moment unwiderbringlich explodieren würde und man sein Leben fürderhin in lammfellgefütterten Rollkragenpullovern, Thermohosen und grob gestrickten Fäustlingen verbringen müsste – in Zimmern, in denen die Heizung unentwegt auf drei gestellt ist. Aber es hat ja nicht aufgehört zu scheinen. Wenn ich an einem Tag genossen und genossen habe, hat der Leuchtkörper sein blödsinniges Leuchten am nächsten Tag keineswegs eingestellt. Die Dummköpfe aber haben es nicht unterlassen, weiterhin ihre Sonnengenussbefehle auf mich auszuschütten. Die Aufforderungen blieben keineswegs aus, sondern steigerten sich zur Unerträglichkeit. Wenn einer endlich einmal sein dummes Maul gehalten hat, dass ich mich unbedingt bestrahlen lassen muss, hat ein anderer damit angefangen, mich aufdringlich aufzufordern, mein Glück unter dem drögen Kauern unter dem aufdringlichen Glanz des leuchtenden Planeten zu finden. Noch Anfang November saß ich voller Wut auf der Straße und habe Kaffee getrunken und gehofft, dass mir die Sonne ein Loch in die Stirn schmort, dass den Schwachköpfen ihr blödsinniges Gerede leidtut und sie mich um Verzeihung bitten müssen. Die Sonne hat immer weitergeschienen wie ein Maschinengewehr, dem die Patronen nicht ausgehen.  >>
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