Stage for Peace: Der Wohlfühlrahmen hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt

SAMSTAG, 3. DEZEMBER 2022, Z-BAU

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Am 3. Dezember findet im Z-Bau erneut die Charity-Veranstaltung „Stage for Peace Festival" statt, bei der wiederholt finanzielle Spenden für die Geflüchteteninitiative Collective Aid in Serbien gesammelt werden. Jüngst wurde das Projekt deshalb mit dem 1. Preis des „Mosaik Jugendpreises – Mit Vielfalt gegen Rassismus" ausgezeichnet. Einer Würdigung der Städte Nürnberg und München für antirassistische und interkulturelle dialogfördernde Projekte.
Im Interview erzählen uns Initiatorin Maria Bahn und Supporter Max Pfeifer, wie sich seit dem ersten Festival 2016 ihr Blick verändert hat – und warum der Antrieb weiterzumachen heute ein anderer ist.

Nadine: Maria, in einem früheren Interview meintest du über die Festival-Entstehungsgeschichte „Es war vermutlich eine Mischung aus sehr viel Bock, 18-jährigem Größenwahn und Naivität." Siehst du das heute auch noch so? Und was hat sich seitdem für dich verändert?
Maria: Ja, das stimmt. Ich war damals sehr jung und wollte einfach etwas tun, nachdem ich 2015 durch den Balkan gereist bin und dort das Chaos an den Bahnhöfen gesehen habe. Während ich mich frei über jede Grenze bewegen konnte, blieben sie für andere Menschen wiederum einfach verschlossen. Das hat mir die absurde Macht meines deutschen Passes gezeigt. Ich dachte, dass sich das bestimmt bald wieder ändern wird. Heute weiß ich: Dem ist nicht so! Und dadurch haben sich auch mein Blick und mein Antrieb auf das Ganze verändert. Ich möchte die Situation als Solche viel mehr in den Fokus rücken und nicht mehr nur ein „Happy happy Musikfestival" abliefern, bei dem sich hinterher alle gut fühlen, weil sie etwas gespendet haben. Wirkt vielleicht ein wenig hart, aber rückblickend war es ein bisschen zu viel White Saviorism*. Diesen kritischen Blick musste ich allerdings erst noch entwickeln.

Wie genau meinst du das?
Maria: Wir alle sind Teil eines Systems. Und nur weil wir ein Festival veranstalten, retten wir noch keine Geflüchteten. Der abgeschirmte Wohlfühlrahmen, in dem sich das Ganze bewegte, hat sich einfach nicht mehr richtig angefühlt. Es war zu einfach und hatte nicht die richtige Symbolwirkung. Deshalb setzen wir heute darauf, noch viel mehr Diskurs und aufklärerische Formate auf die Bühne zu bringen. Sie informieren über die brutalen Pushbacks und zeigen systematische Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen.

Wie sehen diese Aufklärungsformate aus?
Maria: Es handelt sich dabei z.B. um Vorträge der Refugee Law Clinic über Asylrecht oder um moderierte Beiträge von der NGO Collective Aid, die Einblick in die immer noch anhaltende schlimme Situation an den serbischen Grenzen liefern wird. Aber auch beim musikalischen Programm sind wir achtsamer geworden.

Du spielst dabei z.B. auf „House of Worship" an. Das Klanginstallationsprojekt ist ein Zusammenschluss aus Leuten, die für mehr Achtsamkeit beim Musikhören und hochwertigen Sound plädieren. Max, als Mitbegründer des Projekts – worum geht es euch genau?
Max: Nur wenige Menschen treffen sich privat, um einfach nur Musik zu hören. Sie ist ein Konsumprodukt geworden, das häufig eher beiläufig passiert oder aber in unmittelbarer Konkurrenz zur sozialen Interaktion steht. Unserer Meinung nach geht auf diese Weise aber manchmal das Hörerlebnis verloren. Wir möchten die Menschen deshalb durch unsere Klanginstallation darauf sensibilisieren, Musik in all ihren Facetten wahrzunehmen. Es wird ein intimer Listening-Space entstehen, bei dem vor allem Raum für die Emotionen geschaffen werden soll, die Musik in uns allen auslösen kann. Und für die Emotionen, die den Grund für dieses Festival darstellen.

Das Soundsystem für die bevorstehende Installation habt ihr dafür eigens entwickelt und gebaut und an dem Abend ist sozusagen euer Debüt. Wie kam es dazu, dass ihr bei „Stage for Peace" mitwirkt?
Max: Maria und ich kennen uns schon eine ganze Weile und ich hab früher schon bei ihren Festivals mit angepackt. Ähnlich wie Maria hab auch ich den Wunsch nach mehr Achtsamkeit und Aufklärung im Gesamten. Auch gegenüber dem musikalischen Erleben. „House of Worship" passt da perfekt rein. Zudem ist uns beiden wichtig, eine möglichst geringe Einstiegshürde für das Ganze zu schaffen. Das Festival ist kostenlos, sämtliche Beteiligte verzichten auf Gagen, Honorare oder Miete. Jedes Individuum hat somit – erst mal unabhängig von Einkommen und Spendenkapazität – Zugang zur Veranstaltung. Und dadurch auch die Möglichkeit, Neues zu erfahren. "Stage for Peace" wird noch vielschichtiger und tiefgründiger. Das ist toll.

Die Spenden, die bei dem Festival zusammenkommen, gehen erneut an Collective Aid in Serbien. Wie entscheidet ihr, wem ihr spendet?
Maria: Wir achten dabei vor allem darauf, wo der Bedarf hoch und die Aufmerksamkeit gering ist. Wer denkt heute noch an die Menschen, die vor den EU-Außengrenzen in Serbien ohne Obdach und Versorgung festsitzen? Die NGO Collective Aid hat dort seit Jahren viele hilfreiche Projekte und bewirkt damit einiges. Zum Beispiel die Bereitstellung von Dusch- und Waschmöglichkeiten für die Geflüchteten. Aber auch die Verteilung von Hilfsgütern wie warme Kleidung, Hygieneartikel oder Schlafsäcke. Gerade jetzt im Winter wird es wieder eine große Herausforderung sein, die Situation und Kälte irgendwie erträglich zu machen. Deshalb hoffen wir natürlich auf sehr viel Spendenbereitschaft.

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STAGE FOR PEACE FESTIVAL 2022
Samstag, 3. Dezember im Z-Bau. Eintritt auf Spendenbasis.
Mit: Refugee Law Clinic, Collective Aid, House of Worship, Senga Maria, Lisa Closer, tenderpeaks, Maurice Schirm, RIIVA, Elena Steri, Figure Beach, Philadelphia Gaus, Jamera



 




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