Bubi Ware | Ich bin mein eigener Eremit

FREITAG, 1. JANUAR 2021

#Bangkok, #Bubi Ware, #Dr. Marian Wild, #Im Gespräch mit, #Interview, #Kunst, #Locked in, #Thai

Locked in | 042 – Globetrotter, Dandy, Instinktkünstler – viele Namen hat man Bubi Ware im Lauf seiner Karriere gegeben. Ausdruck einer schweren Greifbarkeit der Person, oft scheint er ja förmlich wie ein Phantom durch die Kunstszene zu schweben, überall und nirgends anwesend.

Das hat sicher mit seinem diversen Schaffen zu tun, ein gefühlvolles Werk zwischen einer Street Art in Mr.-Brainwash’scher Prägung und einer Malerei, die – nicht immer im Guten, aber authentisch – an Basquiats Duktus erinnert. Lange hat man wenig von dem vielgereisten, unsteten Geist gesehen, der stets mit besten Absichten Projekte anstößt, die aber mitunter misslingen. Galerien haben den unberechenbaren, gleichsam nicht immer bis zu Ende gedachten Auftritten des ehemaligen Krisenreporters keine dauerhafte Liebe schenken können; Museen auf der anderen Seite werden von ihm kategorisch verachtet: „S̄ī k̄hāw pĕn s̄ī k̄hxng pīṣ̄āc“, „Weiß ist die Farbe des Teufels!“ hat er einst dem Leiter des Museums für zeitgenössische Kunst in Bangkok in bedauernswert schlechtem, dennoch euphorischem Thai entgegengeworfen, als dieser seine Assemblagen nicht als exklusive Einzelausstellung im 2. Obergeschoss des Neubaus ausstellen wollte, ein Objekt pro Raum. Und da war‘s das für Bubi mit der Eintrittskarte in den „inneren Kreis“ der globalen Kunstavantgarde. Die Ausstellungsfläche bekam dann Angkarn Kalayanapong, und wir wissen ja alle, was das für ein internationaler Startschuss einer globalen Karriere war.
Die Welt braucht Bubi Wares, als Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und manchmal das Richtige schafft. Darum sagt die curt-Redaktion: Du bist uns nah, wir kennen und unterstützen dich. Guten Rutsch.

Im Interview erzählt Bubi vom Aufhören zu Essen, dem Readymade als Vehikel und dem Leben im Augenblick.

Marian Wild: Du bist viel in der Welt rumgekommen. Aufenthalte in Beirut, Kalkutta, Paramaribo, Ougadougou und Fugging haben deinen Stil geschärft und verfeinert, sagen manche. Wie ist es dagegen, sesshaft in Nürnberg zu sein?
Bubi Ware: Nürnberg ist ein Ort, an dem ich mich gerade befinde. Nicht mehr, nicht weniger. Ich mache mir Orte zueigen, durch meine Präsenz, durch meine Kunst. Sesshaftigkeit ist ewtas, was ich pragmatisch lebe, aber negiere. Die hier von dir aufgezählten Orte: War ich dort wirklich? Kann ich mich an sie erinnern? Sind sie Teil meines Schaffens? Ich befürchte: nein. Dazu war und bin ich immer zu sehr ich selbst.

Du hast nie eine akademische Ausbildung genossen. In Beirut hast du selbstgemachte Tierlampen gegen deine Miete eingetauscht, in Südamerika dich als Karikaturzeichner für die bolivianische Miliz über Wasser gehalten. In Fugging, Österreich hast du Street-Art-Postkarten vertrieben, die Stadtansichten von Braunau variiert haben. Welchen Bezug hast du persönlich zur Kunst?
Das sind nur Geschichten. Ich habe sie erlebt, lasse sie aber so wenig wie möglich an mich herankommen. Ich arbeite das Erlebte nicht auf, bin kein Beuys. Wenn ich mit Fett arbeite, dann deswegen, weil es gerade da ist, verfügbar ist. Nicht, weil es mal mal mein Leben gerettet hat. Fett ist in der Kulinarik ein Geschmacksträger, in meiner Kunst würde es sich ebenfalls so verhalten. Ich hab übrigens sehr wohl einen akademischen Abschluss, aber das spielt für mich keine Rolle, denn es dient nicht der Sache.

Beim „Heimtoy“ würden sicher manche Leute sagen „Der hat einfach nur seine Kühlschrankreste in Kinderspielzeug eingeklemmt.“ Konzeptionelle Kunst ist ja heutzutage sehr subtil geworden, was ging bei dem Werk in dir vor?
Das war schon immer das Problem konzeptioneller Kunst: Sie bedarf Erklärung. Readymades müssen erklärt werden, sonst kommen sie weg. “Heimtoy” kombiniert Dinge des Alltags und spielt dabei die phallische Karte aus. Auch Bauklötze ordnen sich nicht von selbst an. Das muss man erkennen. Oder es muss dem Betrachter – in diesem Falle ja dir – erklärt werden. Das Werk hat ein klare Botschaft: Sexualität – im guten, wie auch im schlimmsten Sinne – ist überall. Dass hier ein Kinderspielzeug als Vehikel dient, zeigt auch die Missstände in der Gesellschaft, soll anprangern, aber auch sensibilisieren. Kunst darf naiv wirken und naiv sein. Wenn sie dabei eine Botschaft hat: Her damit!

Deine Bilder strahlen oft einen großen Bewegungsdrang aus, Skaten mit einem Fuchs, mit einem weißen Was-auch-Immer auf der Wiese stehen, Kühe angaffen. Der Lockdown muss dich hart erwischt haben, gerade weil du ja so viel rumgekommen bist. Was hast du die letzten Monate getrieben, man hat ja fast nichts von dir mitgekriegt?
Lockdown ist nicht nur eine Situation, es ist ein Zustand. Ihr geht nicht mehr ins Restaurant essen, ich esse einfach nicht mehr. Oder ich esse nur Dinge, die, in welchen Zuständen auch immer, in mein Schaffen einfließen. Das sind gegenständliche Arbeiten, figurative, ikonische Skulpturen. Manchmal Fotos. Oft Zeichnungen. Ich bin mein eigener Eremit, schon immer. Ich muss nicht reisen. Ich tue es, oder eben nicht. Es beeinflusst meine Kunst nicht. Wenn ich Kuhaugen auskreuze, das kennt man ja aus Comics, dann symbolisiert es den Tod. Hier und jetzt. Mit oder ohne Lockdown. Plakativ: ja. Plump? Vielleicht. Und ja, man hat nicht viel von mir mitbekommen. Das ist gut so. Ich reflektiere im Moment noch intensiver, plane erstmalig voraus und erweitere mein eigenes “Kunst-Denken”.

Du hast ja einiges vor und ein paar große Dinge am Laufen.
Gut, dass du das ansprichst. Ich erstelle gerade ein Konzept für meine erste Ausstellung in der Region. Und ich habe demnächst einen Aufschlag mit einem Projekt im öffentlichen Raum: “Enhance Entrance”. Ach ja, es wird auch eine Dokumentation über mich geben, wenn Begegnung und Begleitung wieder sinnvoll möglich sind.
[Die letzte “Frage” und die resultierende Antwort wurden von Bubi Ware eigenmächtig ergänzt. Anm. d. Redaktion]

Weitere Informationen zum Künstler: (KLICK!)




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