Claudias Kinoempfehlungen im November

MITTWOCH, 31. OKTOBER 2018

#Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Kino

Wer im November von Filmen erzählt, die von Krankheit und Tod handeln, läuft Gefahr, dass diese Seiten hier überblättert werden. Das wäre ein Fehler, denn es geht wunderbar zu.

CINDERELLA THE CAT
AB 30.10. // CASABLANCA
In der Animationsfilmreihe des Casablanca Kino läuft am 30. Oktober um 19.30 Uhr ein Wahnsinnsfilm. Ich finde, dass CINDERELLA THE CAT gerade für Animationsanfänger gut geeignet ist. Geht ins Kino, wenn Ihr staunen wollt! Das ist handwerklich perfekt und inhaltlich beeindruckend, was man diesem Mädchen in einer nicht allzu fernen Zukunft in Neapel aufbürdet. Vor 15 Jahren wurde ihr Vater ermordet, ein intelligenter Wissenschaftler mit Visionen. Die Kleine wird wie eine Ratte gehalten. Es ist unfassbar, was Animes können. Auch wenn dieser nicht aus Japan sondern aus Italien kommt. Verrückt. Was für eine Atmosphäre! Was für eine Bildgewalt! Was für eine Kameraführung – die es ja im Grunde gar nicht gibt. Aber das ist doch grandios, wie sie dem Schurken immer wieder im Laufen von unten ins Gesicht leuchtet und den Gang entlangfegt, während die Frau schreiend am Boden zetert. Nicht nur dass sich Leute hier Mühe gaben, via Details einen verschlagenen Charakter zu zeichnen, es ist sogar Erotik zu spüren, laszive Bühnenauftritte! Als wär hier nichts animiert. Aber da es das ist, fehlt einem vor lauter Gucken die Kapazität für die Geschichte, die kaum was mit Cinderella zu tun hat. Sie ist ein dreckiges Kapitel Neapels. Es geht um Geldwäsche und Mord und natürlich um böse Stiefmütter und deren Pack. Großartig!
Vorher wird der Kurzfilm "Operation Rising Tusk" von Benjamin Brand, Johannes Engelhardt and Markus Eschrich vorgestellt. Die Filmemacher erklären anhand ihres Films die Technik!
 



CAKEMAKER
AB 01.11. // CASABLANCA
Es ist wie beim „Marsianer“. Die Idee ist nicht neu, irgendwo alleine zu stranden. Das passierte schon Tom Hanks auf der Insel, Emile Hirsch in der Wildnis oder Sam Rockwell auf dem Mond. Und doch ist Ridley Scotts Film mit einem großartigen Matt Damon perfekt gelungen. Auch bei CAKEMAKER gibt es Vorläufer. Benno Fürmann verschuldete mal den Tod eines Mannes und verliebte sich dann in die Witwe. Oder George Clooney, der vom Doppelleben seiner Frau nichts ahnte. Das alles mischt sich beim Kuchenbäcker: Zwei lieben den gleichen Mann. Oren lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Israel. Sie ahnt nichts von der Berliner Affäre, die ihr Mann mit Thomas hat. Als Oren verunglückt, fährt der Kuchenbäcker zu ihr, heuert in ihrem koscheren Café an und lernt die andere Welt seines Freundes kennen. Trauer darf jeder bewältigen wie er will.
Der Tortenmann ist ein stiller, und der Film ist ein toller. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich einen dermaßen schlüssig erzählten Film das letzte Mal gesehen habe. Vorbildlich logisch und genau deshalb mit gravierenden Emotionen. Israel schickt dieses Debüt (!) völlig zu Recht ins Rennen um den Oscar als bester fremdsprachiger Film.
 

IN MY ROOM
AB 08.11. // CASABLANCA
Jobtechnisch, amourös und finanziell läuft es bei Armin nicht ganz so gut. Ob der Bauchansatz die jungen Dinger vertreibt, die er neulich noch rumgekriegt hat? Wahrscheinlich wohnt er länger in seiner Wohnung, als die Abgeschleppte alt ist. Egal, er muss ohnehin nach Hause: seine Oma stirbt. Im Einfamilienhaus des Vaters liegt die Großmutter, um sie herum lauert leise der Abschied. Hans Löw spielt immer so hochkonzentriert, dass man ihn in Erinnerung behält, selbst wenn er beim Kaffeekochen aus dem Fenster starrt. Regisseur Ulrich Köhler, der ein Händchen für besondere Filme hat, wirft einen präzisen Blick auf ein Leben. Sein Drehbuch filetiert Dialoge so, dass kein Zweifel an der Welt aufkommt, die Köhler erschafft. Doch das ist nur das Vorspiel. Denn gerade noch schlurfte Armin durch sein Leben, im nächsten Moment gehört ihm die Stadt. Denn außer ihm und ein paar Tieren ist plötzlich keiner mehr da. Allmacht, Freiheit? Der eine mag an „Gegen die Wand“ denken, der andere an „Shaun of the dead“. Vielleicht ist Armin auch nur allein in einem Videospiel? Bedrohlich und unbefriedigend für ihn, toll für uns!
 

WHATEVER HAPPENS NEXT
AB 08.11. // CASABLANCA
Paul Zeise, nur einen Tick älter als Armin aus dem vorigen Film, erlebt auch die große Freiheit – obwohl die Welt um ihn herum noch da ist. Er ist abgestiegen von seinem Fahrrad und hat geguckt, was das Leben außer Alltag noch drauf hat. Man sieht ihm an, dass er keiner ist wie Michael Douglas in „Falling Down“. Er geht einfach mal los, schnorrt sich durchs Leben, lässt sich treiben. Ob Party, Beerdigung oder einen Ausflug nach Polen, Paul findet alles toll. Und mich macht sein grenzdebiles Grinsen wahnsinnig. Ja, ich bin, wer immer du willst, er lügt jeden an. Es gibt keine Identität, nur immer neue Tricks, die anderen auszunutzen. Pseudolässig das Ganze. Da fällt mir ein, dass „Whatever happens“ letztes Jahr im Kino trotz Fahri Yardim völlig unterging. Also lieber den anschauen.
 


LETO
AB 08.11. // CASABLANCA
LETO ist ein Musikfilm und die Typen gab es wirklich. Im Leningrad der Achtzigerjahre spielte Mike eine wichtige Rolle in der Rockszene. Seine Texte, die uns übersetzt werden, sind super, die erlaubten Reaktionen beim Gig auch. In der Künstlerkommune herrscht viel Kreativität und wir werden Zeuge des Privatlebens. Kurz bevor sich mehr Freiheit über dieses Land legte, schnuppern wir hier an einem Lebensgefühl, das Rebellion anders widerspiegelt, als wir das kennen. Glücklicherweise aber zum selben Soundtrack, den wir kennen: Talking Heads, Iggy Pop, Blondie. Es war super, LETO mit einer Russin anzusehen und etwas über das Lebensmodell der hiesigen Künstler zu erfahren. Außerdem mag ich es, wenn neben mir jemand Songs mitmurmelt. Hauptdarsteller Roma Zver ist tatsächlich Musiker. Was aber noch viel cooler ist, ist der mitspielende Erzähler und die großartigen Spinnereien, die sich der Regisseur ausdenkt. Ein echtes kleines Juwel, dieser Schwarzweiß-Film.
 


JULIET, NAKED
AB 15.11. // CINECITTA UND CASABLANCA
Dieser Film muss einer zum Wohlfühlen sein. Ethan Hawke als Musiker, dem Ruhm und Kreativität verlorenging. Und die tolle Rose Byrne als unzufriedene englische Ehefrau, deren Mann den oben genannten Songwriter verehrt. Wie weiland bei „E-Mail für Dich“ beginnen Rose und Ethan eine Brieffreundschaft, die – Nick Hornby sei Dank – auf gnadenloser Ehrlichkeit basiert. Eine kluge Idee, dem Anderen erst mal alles Scheitern zu erzählen, da muss man beim weiteren Kennenlernen nicht so viel herbeilügen. Krankheiten, Betrug und Kinder werden nicht immer dosiert eingesetzt, aber wie die Zuschauer beim Sundance Festival feiern auch wir diesen Film, den Jesse Peretz schön neben den klassischen Romantiktrampelpfaden inszeniert. Im letzten Drittel perfekt gelungen. Und nebenbei eine schöne Erinnerung an die All Time Favourites „Before Sunset“ & Artverwandte.
 



SO VIEL ZEIT
AB 22.11. // CINECITTA
Noch eine Romanverfilmung, diesmal von Frank Goosen, Experte für Fußball und andere Versager. Auch Rainer (Jan Josef Liefers) war mal Musiker und glaubte daran, dass Bochums Steine seine Zukunft sind. Doch der letzte Auftritt der Band vor rund 30 Jahren war durchwachsen. Der Film lässt das Buch ziemlich beiseite und inszeniert voller Freude sein Ensemble aus Armin Rohde, Matthias Bundschuh, Richy Müller und Jürgen Vogel. Ziel ist das Comeback und, etwas angestrengt, das persönliche Glück jedes Bandmitglieds. Schöne Rollen haben dabei Alwara Höfels und Laura Tonke, nicht selbstverständlich in einem Männerteam wie diesem. Doch der eigentliche Star ist André M. Hennicke, der endlich mal rumblödelt und keinen Psycho spielen muss.
 


JUPITERS MOON
AB 22.11. // CASABLANCA UND CINECITTA
Diese Geschichte hätte viel Potenzial gehabt. Eine surreale Flüchtlingsgeschichte, eine echte Parabel. JUPITERS MOON hatte so eine coole Idee: Ein junger Syrer wird auf der Flucht angeschossen. Zwar schaffte er es von Serbien nach Ungarn, doch landet er in einem Krankenbett. Dort stellt ein Arzt fest, dass der verletzte Junge schweben kann. Warum, weiß keiner, doch der geschäftstüchtige Doktor Stern setzt das Talent als Zirkusnummer ein, will mit ihm Geld verdienen. Ja, jetzt darfst du bleiben. Es dauert eine ganze Weile, bis der Regisseur mehr aus seinem Film macht, als die hässliche Show aus purer Profitgier. Dennoch schöpft er das Potenzial seiner Idee nicht aus, ignoriert es fast. Das ist unglaublich schade. Hier wär mehr drin gewesen.
 
 




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