Theobald O.J. Fuchs: Denkmal #2

MITTWOCH, 30. NOVEMBER 2016

#Comedy, #Kolumne, #Theobald O.J. Fuchs

… auf eine Konferenz von und mit prominenten Persönlichkeiten – ich werde mittlerweile ständig zu solchen Tagungen geladen, meistens als Stargast und Redner, denn selbst unter all den Film-, Rock&Roll- und YouTube-Stars bin ich eine der auffälligsten und attraktivsten Erscheinungen und demnach gezwungen, stundenlang Damenunterhosen „einzutragen“ (so nennt man das in der Fachsprache). Derweil Jünger sämtlicher Alters- und Irrsinnsklassen zu meinen Füßen liegen und die Sohlen meiner Birkenstockhausschlappen ablecken. Das gefällt mir allerdings nur so mittelgut.

TEIL 2 (FORTSETZUNG AUS CURT 11-2016): NACHWELTRAUM

Auf einer solchen Konferenz traf ich auch den Mann, der dafür berühmt wurde, dass er berühmt werden wollte. Er suchte lange nach einem Weg, seine Bekanntheit in der ganzen Welt zu etablieren, doch ehe ihm eine geeignete Lösung einfiel, hatte er es auch schon geschafft: In allen Medien wurde über seinen Wunsch berichtet und die Welt fieberte mit ihm. Als er begriff, dass er am Ziel seiner Wünsche angelangt war, tat es einen freudlosen Donnerschlag und er verpuffte da, wo er gerade stand. Nichts blieb von ihm als eine taubengraue Wolke, und noch erstaunlich lange roch es dort nach Zwiebeln und feuchten Socken.

Nun rieten mir die Leute auf der Konferenz zu großen Dingen. Kaum jemand sei nicht fasziniert von Dingen, die nicht klein, sondern groß seien. Richtig groß, sagten sie, richtig-richtig-richtig-richtig groß. Also nicht im Sinne eines vulgär-ordinären Machismos, der ja allenfalls parterre unterwegs ist und alle Fragen der Konsistenz, Haptik und Proportion leugnet. Sondern sie sprachen von der Cheops-Pyramide und der Düne von Pyla. Von der Saturn-5-Mondrakete, dem Hochregallager von Tschibo in Bremerhaven, von Prora auf Rügen und Tempelhof in Berlin. Vom Petersdom in Rom, dem Quellegebäude in Nürnberg und der Göltzschtalbrücke bei Reichenbach im Vogtland.

In der Hoffnung, mit dieser rudimentären Aufzählung den Gedanken ausreichend einer Darlegung unterzogen zu haben, möchte ich abschließend hinzufügen: Das Mensch als solches ist von großen Dingen nicht bloß fasziniert – viel mehr als das! Es fühlt sich selbst weitaus größer in deren Nähe, riesengroß fühlt es sich im Schlagschatten jener großen und größten Dinge.

Einschränkung! Mit Ausnahme derjenigen, die selbst sowieso schon sehr groß sind. Wie zum Beispiel ich. Mir fällt es naturgemäß schwer, mich noch größer zu fühlen, als ich eh schon bin. Ich sehe mich eher auf Augenhöhe mit den größten Dingen, daher bevorzuge ich Botschaften. Riesige Botschaften, monolithisch-gewaltige, weltraumerschütternde Botschaften freilich. Konkret: Monumente fürs Gehirn.

Ich überspringe an dieser Stelle eine Reihe von komplizierten und anstrengenden Überlegungen und Vorgängen, die sich nun anschlossen. Am Ende jedenfalls ließ ich ein Gebirge aufschütten, und zwar aus kochendem Steinsalz. Als das Gebirge abgekühlt war und sich verfestigt hatte, ließ ich nach einem geheimen Plan ein schier unermesslich verschlungenes System von Tunneln in das Gebirge bohren. Anschließend engagierte ich eine Flotte russischer Wetterflieger, die es über dem Gebirge drei Jahre, drei Monate, drei Wochen und drei Tage lang regnen ließen. Der Regen löste das Salz und spülte es weg. Übrig blieb das Tunnelsystem, das ich schlauer Weise zuvor mit einem sauteueren Zeug, das sich Diamantperlmutt nennt, ausgießen hatte lassen. Da stand sie dann, blitzend und blinkend, mit bloßem Alien-Auge sichtbar noch aus der übernächsten Galaxie, eine monströse Inschrift, dreidimensional gewickelt wie der DNS-Strang eines Pottwals, schwer wie der Hamburger Hafen und inhaltsschwanger wie der zweiunddreißigbändige Sammelband aller Zuschauerkommentare in der Fußballbundesliga seit 1948.

Dabei hatte ich nur eine einzige, wenngleich unendlich schwierige Entscheidung treffen müssen: Welche Botschaft mir als einzig wichtig und dauerhaft erschien, um als himmelhoher Schriftzug für den Rest der Laufzeit unserer Sonne in die Stratosphäre zu ragen?

„Mehr von diesem angenehmen Neonlicht!“ stand zur Auswahl.
Und: „Nach mir ein milder Nieselregen.“ Aber auch: „Hier stehe ich, aber ich könnte auch anders.“ Und viele weitere.

Wofür ich mich letzten Endes entschieden hatte?
Ich sag‘s, wie‘s ist: Das geht nun wirklich keinen etwas an. Echt!

Fotos: Katharina Winter
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UND WAS MACHT THEO WIRKLICH UND SONST SO?
Wenn er nicht gerade den Weihnachtsmann stalked:
7. Dez. 2016, 19 Uhr / Musikalische Lesung: Herta & Erika Dietrich, H.  Prosch, Killen McNeill und Theobald lesen aus »Christkindles-Blues« im Wirtshaus am Fränk. Freilandmuseum, Bad Windsheim
11. Dez. 2016, 17 Uhr / Adventslesung (mit Anderen) aus der Anthologie »Christkindles-Blues« in der Bistro Galerie, Fürth
18. Dez. 2016, 17 Uhr / »Ein literarisches Quartett im Bernsteinzimmer«,  im Bernsteinzimmer mit Unterhaltungsblock, Überraschung & Lebkuchen! Eintritt frei – Autogrammstunde garantiert!

 




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