Im Kino: Zwingli – Der Reformator

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Für den Schweizer Priester Huldrych Zwingli (Max Simonischek) stehen 1519 Gott und die Bibel über alles. Mit seinen Glaubensbrüdern hat er jedoch so seine Probleme. Ob es nun das Festhalten am Fegefeuer ist, der Ablasshandel oder das Beharren, Kirchentexte müssten alle auf Latein sein – er weicht in vielerlei Hinsicht von den Lehren der Katholischen Kirche ab. Die wiederum sieht sich durch diese aufrührerischen Thesen in Gefahr und tut alles, um den widerspenstigen Reformator mundtot zu machen. Doch das ist nicht so einfach, denn inzwischen scharen sich immer mehr Anhänger und Unterstützer um den umstrittenen Geistlichen …

Beim Thema Reformation denkt man hierzulande in erster Linie an Martin Luther und dessen 95 Thesen. Dabei wird gerne mal vergessen, dass Zwingli nahezu zeitgleich in der benachbarten Schweiz ebenfalls gegen alte Traditionen der Kirche ankämpfte und Missstände anprangerte. Viele der Regeln, die dort galten, waren für ihn reine Willkür. Sie waren oft auch nur ein Mittel, um die breite Bevölkerung kleinzuhalten und über sie herrschen zu können. Und eben diese Regeln wollte er abschaffen, zum Wohle aller. Dieser Kampf ist dabei in erster Linie einer der Worte. Tatsächlich ist „Zwingli – Der Reformator“ ein sehr dialoglastiger Film, kaum eine Szene, in der nicht irgendwie diskutiert, gestritten, diffamiert würde.

Das ist rein auf die Handlung bezogen natürlich nicht sehr abwechslungsreich. Nur zum Schluss geschieht ein bisschen mehr. Wobei der von Stefan Haupt inszenierte Historienfilm durchaus auch etwas fürs Auge bietet. Immerhin sechs Millionen Schweizer Franken ließ man sich die Produktion kosten, um das nunmehr 500 Jahre zurückliegende Wirken Zwinglis zu würdigen. Und das lässt sich in der Ausstattung sehen, eine stimmungsvolle Rekonstruktion des Mittelalters, die vor allem die Freunde und Freundinnen düsterer Settings erfreuen dürfte.

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Denn düster ist es, was da so vor sich geht. Nicht nur, dass die Menschen unterdrückt werden und am Existenzminimum herumwerkeln, irgendwann kommt auch die Pest vorbei, um den letzten Rest zu geben: „Zwingli – Der Reformator“ zeigt die Schweiz im Mittelalter als einen Ort, der so voller Probleme und Konflikte ist, dass er zu einem Pulverfass geworden ist. Wenn Zwingli sich nun anschickt, hier für Abhilfe zu sorgen, dann wird er automatisch in die Rolle des Helden gezwängt. Teilweise ist dies sicher auch gerechtfertigt. Sein Einsatz, dass alle Menschen an der Bibel teilhaben können sollen, etwa durch eine Übersetzung der Schriften, zeigt ein deutlich humanistischeres Weltbild als das der Kirche. Allgemein stemmt er sich gegen die Vorstellung eines strafenden Gottes und stellt vielmehr dessen Liebe zum Menschen in den Vordergrund.

Gleichzeitig stellt er sich im Laufe der Zeit als eine doch recht ambivalente Figur heraus, gerade auch beim Umgang mit noch radikaleren Kräften. Seine Argumentierstärke, die er zuvor bewies, verlässt ihn hier, im Grunde agiert er hier nicht anders als seine Feinde, wenn er sich als Bewahrer von Traditionen gibt. Das macht Figur und Film auch für ein Publikum interessant, das kein großes Interesse an theologischen Auseinandersetzungen hat – zumal einige der Streitpunkte einem erstaunlich aktuell vorkommen. Aufgrund der Fülle an Ereignissen und Auseinandersetzungen ist das Historiendrama immer etwas gedrängt. Nicht alles geht hier in die Tiefe. Als Einstieg in das Leben des Geistlichen und sein Wirken ist „Zwingli – Der Reformator“ aber durchaus zu empfehlen.

Fazit: „Zwingli – Der Reformator“ spürt dem Schweizer Reformator nach und zeigt ihn sowohl als Privatmann wie auch als Gläubigen. Der Film verzichtet dabei darauf, ihn zu einem reinen Helden machen zu wollen, sondern verschweigt auch seine ambivalenten Seiten nicht. Zusammen mit der stimmigen Mittelalterausstattung wird so eine vollgepackte Geschichtsstunde draus, die man auch ohne religiöses Interesse gut anschauen kann.

Wertung: 7 von 10

Regie: Stefan Haupt; Darsteller: Max Simonischek, Sarah Sophia Meyer, Anatole Taubman, Stefan Kurt, Charlotte Schwab, Oscar Sales Bingisser, Rachel Braunschweig; Kinostart: 31. Oktober 2019