Im Kino: Late Night – Die Show ihres Lebens

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Katherine Newbury (Emma Thompson) war es gewohnt, dass ihr das Publikum zu Füßen liegt, viele Jahre lang. Doch zuletzt wurde dieses Publikum stetig etwas kleiner. Wenn sie diesen Trend nicht stoppt, so viel steht fest, dann wird es ihre Talkshow bald nicht mehr geben. Was also tun? In ihrem Versuch, ein bisschen frischen Wind hineinzubringen, fällt die Wahl auf Molly (Mindy Kaling). Die ist nicht nur eine Frau, sondern auch Ausländerin. Und beides gab es bislang nicht in ihrer Autorenrunde. Tatsächlich hat der Neuzugang auch jede Menge Ideen, wie man die Sendung ändern könnte. Damit irritiert sie aber nicht nur Newbury, die bislang keine Widerworte gewohnt war. Auch ihre männlichen Kollegen sind alles andere als angetan …

Dass Frauen in Hollywood nur Bürger zweiter Klasse sind, das ist nicht unbedingt ein großes Geheimnis. „Late Night – Die Show ihres Lebens“ geht dieses Ungleichgewicht gleich in doppelter Form an. Nicht allein, dass der Film den Missstand offen anspricht. Er wurde zudem überwiegend von Frauen gemacht. Von Nisha Ganatra, die Regie führte. Von Mindy Kaling, die das Drehbuch schrieb und eine der Hauptrollen übernahm. Auch in den hinteren Rängen – Musik, Produktion, Schnitt – geben vorrangig Frauen den Ton an. Das Hauptaugenmerk liegt dabei aber natürlich auf Emma Thompson. Die zweifache Oscar-Preisträgerin beherrscht in „Late Night – Die Show ihres Lebens“ als narzisstische, herablassende Talkshow-Masterin nach Belieben andere.

Dabei zeigt sie sich dieses Mal von einer sehr bissigen Seite. Sie schafft es auf eine geradezu unheimliche Weise, die anderen anzulächeln und dabei Gift über sie zu verschütten. Alleine schon für die Momente, wenn Katherine ihr Umfeld zusammenstaucht und zu bloßen Nummern reduziert, lohnt sich der Film. „Late Night“ ist eine wunderbare Demonstration der Kunst, andere mit Worten in Stücke zu reißen und dabei noch vornehm zu wirken. Dabei hat der Film durchaus etwas zu sagen. Kaling machte selbst Karriere als Autorin in einer Männerdomäne, als sie bei der US-Fassung von „The Office“ einstieg – sie war die einzige Frau in einem achtköpfigen Team. Diese Erfahrungen ließ sie in den Film einfließen, der erste, der aus ihrer Feder kam.

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Doch auch wenn der Fokus eindeutig auf dem Thema Frauen in der Unterhaltungsbranche liegt, ein paar kleinere Einblicke in das größere Umfeld gibt es oben drein. Was macht beispielsweise einen guten Witz aus? Wie kann man das Publikum für sich gewinnen? Und auch der Wandel des Humors wird angesprochen. Das Ganze erfolgt aber im Rahmen einer leicht verdaulichen Komödie. Gesellschaftlich relevant ist es, was Kaling und ihr Team vortragen, es soll vor allem aber auch unterhaltsam sein. Und auch wenn es hier mal etwas schärfer zugeht, „Late Night“ schlägt dann doch noch versöhnliche Töne an.

Die Geschichte um zwei Frauen, die aus völlig unterschiedlichen Ecken kommen, ist schlussendlich als Crowdpleaser mit Wohlfühlfaktor konzipiert. Und als solche funktioniert sie sehr gut: Auch wenn Molly mit ihrer hyperaktiv-nervösen Bewunderung anfangs ein wenig anstrengend ist, so ist sie doch sympathisch. Und selbst das Oberbiest Katherine geht nicht als völliger Fiesling durch. Wie sie abserviert werden soll, nur um einem jungen Mann mit dümmlichen Humor Platz zu machen, das ist zu bitter, als dass man als Zuschauer tatenlos zusehen wollte. Der eigentliche Verlauf der Geschichte ist daher auch ziemlich vorhersehbar, tatsächliche Überraschungen gibt es praktisch nicht. Selten wurde aber ähnlich unterhaltsam auf traditionelle Mängel aufmerksam gemacht.

Fazit: „Late Night – Die Show ihres Lebens“ zeigt eine Showmasterin, der nach vielen Jahren das Publikum wegläuft und die durch einen jüngeren Mann ersetzt werden soll. Der Film hat viel über das Geschlechterungleichgewicht zu sagen, verbindet das aber mit Wohlfühlfaktor und einer wunderbar bissigen Emma Thompson. Das macht jede Menge Spaß, auch wenn die Überraschungen sich sehr in Grenzen halten.

Wertung: 8 von 10

Regie: Nisha Ganatra; Darsteller: Emma Thompson, Mindy Kaling, Hugh Dancy, Reid Scott, Amy Ryan, John Lithgow; Kinostart: 29. August 2019