Kino: The Gentlemen

/

Irgendwann hat auch der größte Spaß mal ein Ende. Und Mickey Pearson (Matthew McConaughey) hatte jede Menge Spaß dabei, sich ein kleines Marihuana-Imperium in London aufzubauen. Doch damit soll Schluss sein, er will das alles verkaufen, um mit seiner Frau Rosalind (Michelle Dockery) ein bisschen den Lebensabend zu genießen. Einen Käufer hat er schon, den ebenso vermögenden wie unbarmherzigen Matthew Berger (Jeremy Strong). Aber auch Dry Eye (Henry Golding) hätte gern ein richtig fettes Stück vom Kuchen ab. Und irgendwie verläuft dann sowieso nichts nach Plan, weshalb Mickeys rechte Hand Ray (Charlie Hunnam) im Dauereinsatz ist, um die Scherben wegzukehren. Oder auch mal, um etwas richtig schön kaputt zu machen …

Mit „The Gentlemen“ meldet sich Nun meldet sich Guy Ritchie zurück und lässt einen daran glauben, dass die letzten zwanzig Jahre nicht wirklich geschehen sind. Sicher, seine Figuren haben jetzt Smartphones. Und zumindest an einer Stelle werden die tatsächlich auch mal verwendet. Ansonsten ist es aber so, als wäre die Zeit stehen geblieben, der Film hätte seinerzeit im Anschluss an seine Hits wie „Snatch“ veröffentlicht werden können, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Erneut taucht Ritchie in die Welt der Gangster und Möchtegerngangster ein, bevölkert von zahlreichen kuriosen Figuren, die sich einen komischen Spruch nach dem anderen um die Ohren hauen.

Es gibt aber auch noch eine zweite Eigenheit, für die Ritchie bekannt ist: einen deutlichen Hang zur Verspieltheit. Im Fall von „The Gentlemen“ bedeutet das, dass die Geschichte nicht chronologisch erzählt wird. Stattdessen führt der erpresserische Schnüffler Fletcher (Hugh Grant) durchs Geschehen, wenn er als Rahmenhandlung die vergangenen Ereignisse für Ray – und damit das Publikum – noch einmal aufarbeitet. Wenn eine Figur zum Erzähler gemacht wird, heißt das natürlich immer: Vorsicht, nicht alles glauben! Der britische Regisseur und Drehbuchautor nutzt diesen Rahmen jedoch nicht, um mit den Zuschauern Wahrheit oder Lüge zu spielen. Auch die Meta-Einlagen sind eher gering. Vielmehr ist die Erzählstruktur der Anlass, um ein bisschen zwischen den Zeiten und Figuren hin und her springen zu können.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Außerdem schafft Ritchie damit eine Bühne für Grant, der seine Rolle als schmierig-lüsterner Voyeur sichtlich genießt. Ohnehin sind es die Figuren bzw. deren Darsteller, die maßgeblich den Spaßfaktor von „The Gentlemen“ ausmachen. Wenn auch in unterschiedlichem Maße. Matthew McConaughey erledigt seinen Job als harter Gangster routiniert, interessant ist seine Figur aber nicht. Michelle Dockery als einzige nennenswerte Frau im Ensemble darf zum Glück mehr als nur Quotenerfüllung sein, wenn sie mit Eleganz und Härte den Männern ihre Meinung geigt. Sehr witzig ist zudem Colin Farrell, der nicht nur aufgrund seines etwas anderen Kleidungsstils aus dem Ensemble hervorsticht. Zuzusehen, wie diese vielen sehr unterschiedlichen Typen aufeinandertreffen, nichts miteinander anfangen können oder sich auch bekriegen – mal offen, mal hinter dem Rücken –, das ist schon sehr unterhaltsam.

Allerdings ist „The Gentlemen“ zuweilen auch irgendwie anstrengend in den Bemühungen um Coolness. Die ganzen Spielereien und Wendungen verkommen zu sehr zum Selbstzweck, werden irgendwann einfach zu viel. Ab der Hälfte des Films treten dadurch zunehmend Längen auf. Ärgerlich ist zudem, dass Ritchie sich so sehr auf Klischees und Stereotypen ausruht und damit auf billige Lacher setzt. Die Energie, die er in das Drumherum gesetzt hat, wäre dort besser aufgehoben gewesen. Dennoch, man darf hier schon von einem Comeback sprechen. Zwar wird der neueste Titel des Briten keine neuen Fans gewinnen können. Für sich genommen ist die Rückkehr ins bekannte Metier jedoch gelungen, weil unterhaltsam.

Fazit: Mit „The Gentlemen“ kehrt Guy Ritchie zu seinen Wurzeln zurück und präsentiert uns eine Gangster-Actionkomödie, wie er sie vor zwanzig Jahren schon gedreht hat. Das ist dann zwangsläufig nicht neu, verrennt sich zum Teil in unnötigen Spielereien und Stereotypen, macht aber durchaus Spaß – vor allem des gut aufgelegten Ensembles wegen, das größtenteils kuriose Figuren spielen darf.

Wertung: 7 von 10

Regie: Guy Ritchie; Besetzung: Matthew McConaughey, Charlie Hunnam, Hugh Grant, Michelle Dockery, Henry Golding, Jeremy Strong, Colin Farrell; Kinostart: 27. Februar 2020