Im Kino: Ein Gauner & Gentleman

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Wenn es eines gibt, das Forrest Tucker (Robert Redford) gut kann, dann das: Banken ausrauben. Das macht er schon ziemlich lange, weshalb er auch einen Großteil seines Lebens hinter Gittern verbracht hat – wenn er mal nicht gerade ausgebüxt ist. Inzwischen geht er stramm aufs Rentenalter zu, lässt es sich aber nicht nehmen, weiterhin mit Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits) Coup um Coup zu planen. Dabei lernt er eines Tages die Farmbesitzerin Jewel (Sissy Spacek) kennen, für die er nach und nach Gefühle entwickelt. Gestört wird dieses idyllische Glück jedoch durch den Polizisten John Hurt (Casey Affleck), der Tucker schon auf den Spuren ist und alles dafür tut, ihn dingfest zu machen.

Es ist nahezu unmöglich, bei „Ein Gauner & Gentleman“ nicht wehmütig zu werden. Schon die ersten grobkörnigen Bilder sind eine Zeitreise in die frühen 80er – nicht ohne Grund, spielt der Film doch 1981. Doch wo andere vielleicht auf einen bloßen Retro-Zug aufspringen und mit den Gefühlen eines etwas älteren Publikums Geld verdienen wollen, da ist das hier eine echte Liebeserklärung an diese Zeit. Das erstaunt, schließlich ist Regisseur und Drehbuchautor David Lowery („A Ghost Story“, >>Filmkritik) Jahrgang 1980, zu jung also. Und doch erstaunt es nicht, war sein Remake „Elliot, der Drache“ (>>Filmkritik) doch ebenfalls ein aus der Zeit gefallener Film, der so gar nicht ins hier und jetzt passen wollte.

Vor allem aber Redford ist es, der einen hier schwelgen lässt, soll „Ein Gauner & Gentleman“ doch der letzte Leinwandauftritt der mittlerweile 82-jährigen Schauspiellegende sein. Und Lowery weiß, wie er den Veteranen in Szene setzen kann. Wenn Forrest in Erinnerungen schwelgt, dann schwingt da auch immer gleichzeitig ein bisschen die Karriere von Redford mit. Was auch damit zusammenhängt, dass wir Bilder von ihm aus früheren Zeiten zu sehen bekommen. Der Film missbraucht ein bisschen die Geschichte des realen Forrest Tucker, um dem Darsteller ein Denkmal zu bauen.

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Wobei das zugrundeliegende Schicksal natürlich durchaus erzählenswert ist. 18 erfolgreiche Gefängnisausbrüche? Das muss man einem erst einmal nachmachen. Einen kurzen Zusammenschnitt dieser Teufelstaten dürfen wir sehen, darunter auch den berühmtesten Ausbruch. Und doch befasst sich „Ein Gauner & Gentleman“ nur zum Teil mit der kriminellen Karriere an sich. Immer wieder dürfen wir den alten Räuber zwar bei einem seiner Einsätze sehen. Aber die sind so sehr Alltag für ihn, dass sie in dem Film fast zur Nebensache verkommen. Der Überfälle wegen braucht man hier deshalb nicht vorbeizukommen. Sie sind weder ausgeklügelt noch actionreich. Die größte Waffe von Tucker ist sein Charme. Ein echter Gentleman eben, dem die Bankangestellten das Geld nahezu hinterherwerfen, wenn sie sie umgarnt. Spannend ist das dann weniger, dafür aber unterhaltsam. Und eben ungemein rührend.

Eine solche Verharmlosung der durchaus schweren Straftaten ist natürlich immer ein bisschen fragwürdig. So als würde der Film sagen: Banken ausrauben ist gar nicht so schlimm, wenn man dabei nett zu den Leuten ist. Andererseits, so richtig real wirkt „Ein Gauner & Gentleman“ ohnehin nicht. Ob es nun die zufälligen Begegnungen sind, die Ermittlungen, auch das Privatleben von John Hurt – der Film scheint in einer eigenen Welt zu leben, nostalgisch, freundlich, ein bisschen romantisch auch. Und eben sehr schön: Vor allem die Szenen mit Forrest und Jewel sind unglaublich rührend, lassen einen wieder daran glauben, dass am Ende alles möglich ist, das Happy End nur noch einen Bankraub entfernt ist.

Fazit: „Ein Gauner & Gentleman“ ist nicht nur ein würdiger Abschluss einer großen Schauspielkarriere, sondern auch eine wehmütige Verneigung. Richtig spannend ist das erstklassig besetzte „Ein Gauner & Gentleman“ nicht, dafür aber unwiderstehlich charmant, gerade auch für ein nostalgischeres Publikum, das die gelungene 80er-Jahre-Atmosphäre zu schätzen weiß.

Wertung: 8 von 10

Regie: David Lowery; Darsteller: Robert Redford, Casey Affleck, Danny Glover, Tika Sumpter, Tom Waits, Sissy Spacek; Kinostart: 28. März 2019