Im Kino: Mein Ende. Dein Anfang.

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Als sich Nora (Saskia Rosendahl) und Aron (Julius Feldmeier) an einem verregneten Tag in der U-Bahn über den Weg laufen, dann ist das Liebe auf den ersten Blick. Ob die Begegnung nun Zufall oder Schicksal ist, darüber sind sie sich nicht einig. Klar ist dafür: Sie wollen zusammen sein. Doch dieser Traum findet ein jähes Ende, als Aron bei einem Banküberfall angeschossen wird und seinen Verletzungen erliegt. Für Nora bricht damit eine Welt zusammen, sie weiß beim besten Wille nicht, wie sie ihr Leben fortführen soll. Auf der Suche nach Trost und Ablenkung landet sie in den Armen von Natan (Edin Hasanović), dem sie immer wieder begegnet. Was aber, wenn das kein Zufall ist?

Moment, kenn ich das nicht? Habe ich das nicht schon einmal erlebt? Das Gefühl dürften die meisten irgendwann mal gehabt haben. „Mein Ende. Dein Anfang.“ spielt mit diesem Déjà-vu-Phänomen und verbindet es mit einer anderen Frage, die ebenfalls viele von uns an der einen oder anderen Stelle geplagt hat: Ist das Leben das Ergebnis von Entscheidungen oder ist es vorbestimmt? Gibt es Schicksal oder ist alles einer Zufälligkeit unterworfen? Aufhänger für die Überlegungen ist die Liebesgeschichte zwischen Nora und Aron, die gleichermaßen schön wie traurig ist. Sie ist es vor allem gleichzeitig: Regisseurin und Drehbuchautorin Mariko Minoguchi verzichtet passend zu der Thematik auf eine chronologische Erzählstruktur, sondern springt munter zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her.

Sie ist damit natürlich nicht die erste. Es ist sogar eine überaus beliebte Methode der Spannungserzeugung, mit einer unglaublichen Situation zu beginnen, nur um dann die Vorgeschichte zu erzählen. Manche Genres, allen voran der Krimi, leben sogar maßgeblich davon, dass nach und nach eine Vergangenheit rekonstruiert wird. Ungewöhnlich ist jedoch, dieses Prinzip auf ein Drama zu übertragen. „Mein Ende. Dein Anfang.“ hätte auch als reguläre Geschichte funktioniert, über eine Frau, die nach einem Schicksalsschlag noch einmal von vorne beginnen muss. Doch eben das sollte der Film gar nicht sein, allein schon, weil in Frage gestellt wird, was eigentlich „von vorne“ bedeutet bzw. ob es das gibt.

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Das hört sich alles ein bisschen vertrackt und umständlich an, zumal der Film auch gar nicht das große Geheimnis mit sich herumträgt. Welche Verbindungen zwischen den einzelnen Personen bestehen, das wird recht früh klar. So früh, dass man sich noch nicht einmal selbst auf die Schulter klopfen kann für das Lösen des Rätsels. Aber darum geht es hier auch nicht. „Mein Ende. Dein Anfang.“ ist ein bewegendes Drama um Trauer, Schuld und Vergebung. Aber auch darüber, wie sehr alles zusammenhängt. Wie alles, das man tut, Konsequenzen hat, sei es nun eine Liebe auf den ersten Blick in einer U-Bahn oder ein gewaltsamer Tod in einer Bank.

Die Geschichte an sich ist natürlich schon ziemlich konstruiert. Wer mit der Hoffnung ins Kino geht, einen Einblick ins reale Leben zu bekommen, der könnte enttäuscht den Saal verlassen. Doch wer sich darauf einlässt, auf diesen eigenwilligen Film, der findet zum einen diverse Anknüpfungspunkte, über die es sich nachzudenken lohnt. Er findet aber auch eine Reihe schöner und stark gespielter Momente, an die man sich tatsächlich später erinnern wird, losgelöst von Déjà-vu-Erlebnissen. Und wenn wir zum Ende wieder den Anfang finden, wir das eine nicht mehr vom anderen trennen können oder wollen, ist man endgültig von dem Zauber gefangen, der auf diesem bemerkenswerten Debüt der Nachwuchsfilmemacherin liegt.

Fazit: Zufall oder Schicksal? „Mein Ende. Dein Anfang.“ verknüpft ein Liebes- und Trauerdrama mit universellen Überlegungen zur Kausalität und Chronologie zu einem bemerkenswerten Film, an den man sich lange erinnert. Glaubwürdig ist das eher weniger, zeigt aber auch aufgrund einer ungewöhnlichen Erzählstruktur auf, wie alles zusammenhängt und welche Folgen eine Handlung haben kann.

Wertung: 7 von 10

Regie: Mariko Minoguchi; Darsteller: Saskia Rosendahl, Edin Hasanovic, Julius Feldmeier; Kinostart: 28. November 2019