Mindcrawler
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Gehört: Mindcrawler – Lost Orbiter

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Rise of the Munich Stonernauts!

Schon seit einiger Zeit steht die Sonne eher tief, wenn von Stoner Rock die Rede ist. Ähnlich zäh wie ein trinkwasserloser Marsch durch sengend heißen Wüstensand, gestaltet sich die aktuelle Release-Landschaft. Die großen Alten will niemand toppen, die Spielart stagniert und kann nur durch weiter aufgedrehte Härtegrade und Schnelligkeit am Leben gehalten werden. Doch wer sucht, der findet – ganz klar – aber es ist schwer geworden, frisches Wasser in staubigen Seen zu finden. Dass nun gerade das verschlafene München zum Mekka in Sachen Stoner Rock wurde… Wer hätte es geahnt? Und so freut man sich seit dem 20.02.2020 über einen weiteren Namen, der die Landeshauptstadt auf die Landkarte des Desert Sounds setzt: Mindcrawler

Lost Orbiter titelt das Debüt der noch relativ jungen Band, die sich ihre Sporen seit 2016 im Münchner Outer Rim verdient und sich innerstädtisch vor allem live einen Namen erspielt hat. Nicht zuletzt dem Networking-Enthusiasmus des Bassisten, aber vielmehr einer fulminanten Live-EP (hier!) geschuldet, führt an Mindcrawler kaum ein Weg mehr vorbei. Die Triebwerke wurden nun gezündet und Helge, Joe, Johannes und Tom schießen sechs satte Marschflugkörper in Richtung Hyperspace.

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Fokussiert und klar nehmen uns die vier Stonernauten mit in ihren Klangkosmos. Dabei bedienen sie sich aus dem großen Werkzeugkasten des Genres und entlehnen dem dicken Stoner-Poesiealbum die griffigsten Zitate. Kombiniert entsteht dabei ein bunter und keineswegs langweiliger Sound, bei dem vor allem die Vocal-Experimente für wohltuende Abwechslung sorgen. So freut sich der Live-Klassiker Bigfoot Walk um neue Gesangspassagen und eine behäbige Urzeitlichkeit, die den Song in Mastodon’sche Gefilde entführt. Der Opener Valkyries erinnert ein Stück weit sogar an Alice in Chains. Drake’s Equation trägt eine schwere Last, denn als Mittelstück leitet es den Overdrive in die Urwürzigkeit von Mindcrawler ein. Dennoch brilliert der Song mit eingängiger Gitarrenmassage und schönen Spitzen. Wesentlich straffer kommen aber die drei folgenden Tracks ums Eck. Denn die offenbaren schließlich, was in dieser Band steckt. Die Suche nach extraterrestrischem Leben nimmt Fahrt auf!

Auf Red Dunes sorgt Sänger Joe für brodelnde Intensität. Und tatsächlich entpuppt sich der Song als bluesig angehauchtes Highlight. Hier greifen Mindcrawler perfekt ineinander. Sie spielen tight, zeigen angenehm Bizeps und verfallen nie in blanke Pose. Noch mehr Horsepower entfaltet die halsbrecherische Abfahrt Trappist-1, bei der sich die Band einmal mehr steigert und für das Münchner Genre-Kollegium nur Staub übrig lässt. Treibende Drums und Fuzz bis zum Kinn machen einen Gesichtschmelzer ersten Ranges aus. Zu guter Letzt lässt Dead Space mit dem schönen Insider-Sample nicht nur das Blut in den Adern von Isaac Clarke gefrieren. Auch hier sind die Einzelkomponenten der Band stark verzahnt. Und selbst wenn es der längste Track auf Lost Orbiter ist, überzieht er keineswegs. Vielmehr lässt er einen wohlwollend ins schwarze Nichts entgleiten.

Natürlich lässt sich streiten, ob Lost Orbiter von ausgedehnteren Jams, Samples oder weiteren Experimenten profitiert hätte, oder ob die Band sich hier einfach straight und unprätentiös über den Weißbierglasrand hinaus präsentiert. Ein ähnlich ambitioniertes Selfmade-Debüt wird man dieser Tage nur kaum finden. Und gerade dank seiner Kompaktheit hebt sich das Album wohlwollend von den vielen schleppenden Selbstbeweihräucherungen anderer Bands ab. „Verirrt“ hat sich bei Mindrcawler wahrlich niemand.

Lost Orbiter von Mindcrawler ist seit dem 20.02.2020 via Deadclockwork Records auf allen gängigen Streaming-Plattformen verfügbar. Ein auf 150 Stück limitiertes Digipack mit Artwork von hypnotistdesign ist auf der bandeigenen Bandcampseite erhältlich. Die Vinyl-Version erschien am 06.11.2020 über Sound Effect Records und ist in schwarz, sowie in einer limitierten Splatter-Variante bestellbar.


Gehört: Mindcrawler – Lost Orbiter // Homepage // VÖ 20.02.2020 (CD via Deadclockwork Records), 06.11.2020 (Vinyl via Sound Effect Records)