Dagobert
Dagobert

5. April
Dagobert @ Feierwerk

Dagobert statt Dagi Bee. Während sich die Wolken über den Köpfen der Weltpolitik verdunkeln und uns auf den Kanälen die bunte Plastik-Welt ins Gesicht lacht, schluchzt es vom Berg hinab. Frei nach dem Science-Fiction-Film The Man who fell to Earth von Nicholas Roeg strandete einst auch aus der fernen Schweiz ein ganz besonderer Außerirdischer in Berlin. Lukas Jäger, den meisten jedoch als Barde Dagobert geläufig, ist ebenso wie der berühmteste Bewohner Entenhausens ein reicher Mann in feinem Zwirn. Doch während der eine Bäder im Münztresor vorzieht, badet der andere in einer Wanne voll Weltschmerz. „Schlager mit Anspruch“ nennt der Mann im zerschlissenen Frack seine Kunst und überzieht die sonst so geächtete Musikform mit einer Patina, die selbst Leonhard Cohen sich so nicht ausdenken könnte. Anfang März veröffentlicht Dagobert mit Welt ohne Zeit sein nunmehr drittes Album, welches er am 5. April auch live im Feierwerk vorstellen wird.

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Viel ist über Lukas Jäger nicht bekannt. Ziemlich sicher ist jedoch, dass er von den Bergen kommt. Geboren in Aargau mit dem Stipendium im Rucksack nach Berlin und zurück in die Schweiz ins 30-Seelen-Dorf Pigniu. Dort habe er der Sage nach in den Bündner Bergen jahrelang an seiner Liedkunst gefeilt. Und genau dort komponierte er wohl auch den Großteil seiner Sehnsuchts-Lyrik, die auf dem Debütalbum Dagobert (2013) zu hören ist. Dabei klingt er jedoch alles andere als vom Himmel gefallen und arbeitet sich an ganz alltäglichen Themen wie der Suche nach der großen Liebe im Großstadt-Dschungel ab sowie dem ewigen Finden und schmerzvollen Verlieren. Egal ob morgens um halb vier oder am Ende der Welt, sogar in Afrika (2015), überall ist es sehr traurig um den ruhigen Schweizer. Doch die entwaffnende Ehrlichkeit und die hoffnungsvolle Naivität lassen einen zu Dagoberts Chanson-Miniaturen schunkeln. Ein wenig Trash und ein kleines bisschen Kult umgeben den Eidgenossen, wenn er wie aus einer Zwischenwelt von unseren irdischen Sorgen schwärmt. Dagobert ist bieder und gleichzeitig unheimlich punk.

Auf Welt ohne Zeit konkretisiert Dagobert nach drei langen Jahren seine Themen und gießt zehn Beziehungen in zehn Songs. Doch anders als seine bisherigen Lieder haben diese tatsächlich im Hier und Jetzt stattgefunden. Als „schweren Einsiedler“ bezeichnete sich Dagobert mal, doch nun hat er dem Leben in Berlin endgültig die Hand gegeben, Freundschaften geschlossen und sich geöffnet. Das für Dagobert typische Schwelgen ist jedoch geblieben, nur tröpfeln nun vereinzelt auf diesem in Brandenburg an einem entlegenen See aufgenommenen Konzeptalbum neue Akzente den Bach hinab. Ein wenig Depeche Mode, ein bisschen asiatischer Pop und hymnische Gitarren lassen die Welt ohne Zeit als eben solche auferstehen und machen Dagoberts Songs fassbarer als jemals zuvor. Ein wenig selbstbewusster, aber nicht weniger stimmig, stehen die Songs für sich, beziehen sich im großen Ganzen aber auch auf wunderbare Weise aufeinander. Doch bevor der Mann aus den Bergen wieder eine Tür schließt und sich zurückzieht, drängt es ihn am auf die Bühne des Hansa 39. Alles echt, kein Plastik und mit einer Träne im Knopfloch!


Live: Dagobert > Homepage // 5. April 2019 // Feierwerk (Hansa39) // Beginn 20.30 Uhr // VVK 18 EUR zzgl. Gebühren