Marian im Haarchiv: Regine von Chossys Intervention und Spurensuche im Stadtmuseum Erlangen

1. FEBRUAR 2023 - 13. MäRZ 2023, STADTMUSEUM ERLANGEN

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Regine von Chossys Ausstellung „Intervention und Spurensuche“ im Stadtmuseum Erlangen feiert die natürliche Kopfbedeckung des Menschen in allen Dimensionen.
Von Marian Wild

Wortspiele lassen sich im folgenden Artikel über Haarkunst beim besten Willen nicht ausschließen. Der Autor hat sich zu lange bewusst und unbewusst mit den wundervollen Namen von Friseursalons befasst, um dieses Wissen nun nicht endlich in einen Artikel einfließen zu lassen. Es sind mitunter schneidige Poesien unter diesen Unternehmensnamen: "Selda's Haarmonie" (Fürth), "Hairy Potter" (Passau), "Haarchitektur" (Lüneburg), oder am guten alten Prenzlberg in Berlin: "Komm heim, Haare schneiden".

Haare sind kulturelles Phänomen und Rohstoff, Statussymbol und Gesprächsthema, Statement und sogar eigene Mythologie, siehe Samson, also sowohl den Bibeltypen als auch den wuscheligen Fellbär aus der Sesamstraße. Und sie sind eben auch Kunst. Das beweist Regine von Chossy eindrücklich, wenn sie Haare filzt, knotet, webt und wickelt, wenn sie riesige Haarfollikel in anderen Materialien nachbaut und kleine zipfelige Wichtel, ihre "Guglmanderl", in der Sammlung versteckt. Vieles in dieser Welt ist Haar, eigenes und fremdes, und vieles hat auch auf den zweiten Blick mit der zehntausendfachen mehr oder weniger dünnen Chitinschnüren zu tun, die so auf unserer Kopfhaut wachsen. Viele Locken ließ sie sich schicken, von den verschiedensten Menschen der Zeitgeschichte. Die sind alle sauber sortiert und gekämmt im persönlichen Haarmuseum zu finden, das komplett mit eigenem Kurator Martin Ratzinger kommt, der auch für die Ausstellungsstruktur verantwortlich zeichnet. Daneben geht es aber auch um wurmige Röhrenplastiken, brummende Geräusche und selbstgesungene Soundinstallationen, Hüte und Mützen, flauschige Felle, Fundstücke und wuselige Zeichnungen.

Es wäre aber ein Ausdruck von – pardon – zu vielen Haaren auf den Zähnen, die Ausstellung nur auf eine Fixierung der Künstlerin auf den üppigen menschlichen Hauptbewuchs zurückzutrimmen. Die entstehenden Fragen beim wachen Durchwandern der Dauerausstellung fördert eine Vielzahl von weiteren Positionen jenseits der Haarwurzel zu Tage. In der archäologischen Sammlung im Keller wurden neben einer Klangarbeit auch verschiedene ästhetische Kuckuckseier eingeschleust, so charmant und still, dass man sie fast neben den echten Funden übersieht, bis einem die Erkenntnis wie Schuppen aus den Augen fällt. In der Industriesammlung wuseln die kleinen wächsern-roten Hauswichtel fröhlich durch die Räume und treiben ihren Schabernack mit den historischen Artefakten und Vitrinen. Oder man betrachtet die klassischen Zeichnungen und Setzungen der Förderstipendiatin in den Sonderausstellungsräumen. So kann man wirklich viel entdecken und seinen Spaß haben, und dabei auch die klassische Rolle des Stadtmuseums hinterfragen, das den einen oder anderen konzeptionellen Zopf bereits fröhlich abgeschnitten hat.

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INTERVENTION UND SPURENSUCHE.
STADTMUSEUM ERLANGEN, bis 12. März 2023
Martin-Luther-Platz 9, Erlangen


Regine von Chossy hat die Akademie der Bildenden Künste in München als Meisterschülerin beendet und arbeitet seit 1999 unabhängig von Galerien. Sie doziert im Fach der Porträt- und Aktzeichnung an der AdBK München, hält Seminare und hat eine Gastprofessur an der Vestlandets Kunstakademie.




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