MITTWOCH, 21.06.2017 / 19.30 Uhr
Chris W. Wilpert und Robert Zwarg über das Zeitgeistphänomen des Hipsters. Eintritt auf Spendenbasis.

Pressetext:

 Als das deutsche Feuilleton vor einigen Jahren den »Hipster« entdeckte, schien es, als hätten sich alle Entwicklungstendenzen und Charakteristika der Gegenwart in einem einzigen Sozialtypus verdichtet. Niemand wollte Hipster sein, doch alle wussten ihn zu erkennen: Ausstaffiert mit den typischen modischen Accessoires, omnipräsent in der virtuellen Welt von tumblr und facebook, gefürchtet und gehasst in Szeneklubs und -vierteln, wurde der Hipster zum bevorzugten Objekt von Analyse und Spott. Er galt als der destruktive Charakter par excellence. Inzwischen haben sich Phänomen und Diskurs weitgehend entkoppelt. Das Erscheinungsbild des Hipsters ist ins Allgemeinwissen übergegangen, und der Spott über ihn ist so unmittelbar abrufbar wie leidenschaftslos geworden. Bloß für sich genommen wäre der Hipster keine Vorträge mehr wert. Als überraschend beharrliches Symptom eignet er sich jedoch als Ausgangspunkt einer kritischen Analyse jener Ideologien und kulturellen Verwerfungen, die ihn beständig hervorbringen und die weit über ihn hinaus wirksam sind. Die anhaltende Auflösung vormaliger Analyse- und Ordnungskategorien wie Klasse, Geschlecht und Geschichte sowie die Umbrüche im Bereich der Öffentlichkeit, der Kultur und der Wissensproduktion manifestieren sich auch in anderen, neuen Sozialtypen. Hipster sind ein Krisenphänomen, das auf die Veränderung der Arbeitsverhältnisse, die Erosion des Bürgertums, die Verschiebung geschlechtlicher Identitäten, die Krise der Kunst und der politischen Urteilskraft reagieren.

Chris W. Wilpert ist Literaturwissenschaftler, Robert Zwarg ist Philosoph. Gemeinsam haben sie in der Zwergobst-Reihe des Ventil Verlags den Sammelband Destruktive Charaktere veröffentlicht.

www.ventil-verlag.de/titel/1732/destruktive-charaktere


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