Theobald O.J. Fuchs: FingFangFong

MITTWOCH, 30. SEPTEMBER 2015

#Comedy, #Kolumne, #Theobald O.J. Fuchs

Unser Zelt ächzt schon bei Sonnenaufgang unter der Last der Millionen Ameisen, die rastlos einen Eingang zu diesem riesigen grünen Ameisenhaufen suchen, aus dem so leckere Gerüche strömen. Knoblauch und Nachtschweiß, Gummi im Haar und Kaffee auf dem Gaskocher. Eine Spinne sitzt faul in der Mitte ihres Netzes hoch über uns. Dass sie mit ihrer Kunst so unverfroren prahlt, macht sie hässlich und haarig. Bescheidene Tiere sind mir sympathischer - weiß sie das denn nicht?

WO AUCH IMMER WIR SIEDELN, SCHNELL WIRD EIN STAAT GEGRÜNDET.

    Beim Angeln werfe ich den Haken bloß nicht in den Schwarm, sondern weit daneben. Wir wollen ja nicht, dass am Ende ein Fisch zu Schaden kommt, oder? Solange ich nicht weiß, wie sich Seeigel fortbewegen, gehe ich nur mit Schuhen schwimmen. Ich trage meine geliebten hellblauen Crocs, die es letztes Jahr für 3,99 in der Norma gab. Ein klassisches Alphaprodukt. Ich muss nur zwei oder drei große Kieselsteine vorne hinein zwischen die Zehen stecken, um den Auftrieb der schaumigen Sohlen auszugleichen. Sonst würde ich vornüber kippen wie im toten Meer.
    Schwimmen, um nicht einzurosten. Regelmäßig aufstehen, um nicht im Campingstuhl festzuwachsen. Gehen, um sich keine Druckstellen zu liegen. Bald sind alle Systeme auf absolutes Normalnull heruntergeregelt. Und wir der Antwort auf die Frage so nahe wie möglich gekommen, wie wenig ein Mensch wirklich tun kann, ohne deswegen gleich tot sein zu müssen.
    Dazwischen Phasen der Hektik, aufgeregter Betriebsamkeit. Ein Kreuz-worträtsel muss gelöst werden. Eine Luftmatratze gewendet. Eine Unter-hose gewechselt. Wir spielen Angeln & Fangen. Der Hund den Falter, der Alte den Fisch, das Kind die Muschel. Einen Mittagsschlaf an-, einen Sonnenbrand einfangen - so schaut es aus.
    Unser Herr ist die Nudel, Tomatensoße heißt ihr Balsam, Basilikum und Oregano geben die Hofnarren, Hummer ist unser Prophet. Die Sardelle ist unser Todfeind, so viele wie möglich zu essen unsere höchste Pflicht. Praktisch stündlich. Obst nur einmal täglich, Salat einmal die Woche. Die Sardelle nämlich ist bösartig bis ins Mark, selbst ihre eigene Großmutter würde sie einlegen, in Salzlake, und in überteuerten Gläschen verkaufen.
    Meine Hose trägt mit stolzgeschwellter Brust die Narben vergangener Frühstücke. Die kaffeefarbenen Flecken erinnern mich an heldenhafte Kämpfe mit dem Espressogeschütz. Andere, kleine schwarze Flecken erinnern mich auch an andere Schlachten, ich weiß nur nicht mehr, an welche.
    Jeden Morgen hängen zwischen den Olivenbäumen, mit denen sich die zeltgespickten Terrassen gegen Satellitenaugen und Gänsegeier tarnen, neue Stoffwürste, bunt gemusterte Spindeln, aus denen um die Mittagszeit verkaterte Jugendliche schlüpfen. Die ganze Nacht waren sie Wache gelegen, am Strand, um die grobschlächtigen Verkehrsschilder an der Flucht über die Meerenge zu hindern.
    Draußen in der Bucht ankert die nachtblaue Yacht des russischen Polygarchen Karambowitsch. Helikopter fliegen ein und aus, um frische Austern und neue Blondinen nachzuschieben. Die Yacht bedeckt exakt die Hälfte des Horizonts. Wir wissen, dass unter Wasser Einmann-Atom-U-Boote patrouillieren. Sie schützen den Milliardär vor dem ferngesteuerten Riesenkalmar der israelischen Delphintruppe.
    Gegen Mittag kocht dann das Wasser, bald wird es Muschelsuppe geben in den Restaurants entlang der Hafenmole. „La vostra saddisfazione e il nostro successo“, singen die Kellner den berühmten Refrain Verdigiuseppes. Die Bewacher des Polygarchen entsteigen ihren überhitzten U-Booten und setzen sich zu Tisch. Ich blase meine Luftmatratze auf, sie ist aus Titan und gleitet ohne Widerstand durch die kristallenen Kronen der Salzkruste. In meiner Badehose habe ich ein Päckchen bunter Heftpflaster. Mit ihnen werde ich die Haftmine an der Yacht des Bonzen befestigen.
    Konkret: eine Muschelschale, leuchtend gelb. Die unermüdlichen Geschwister Wind und Brandung schnitzten, wie es der Zufall wollte, ein lachendes Gesicht in den Kalk, und darunter die Worte: „Nobody‘s perfect“. Das, davon bin ich felsenfest überzeugt, wird dem Krösus und seinen Schergen eine Lehre sein.


UND WAS MACHT THEO WIRKLICH?
Wissen wir immer noch nicht genau. Man munkelt, der Physikdoktor operiere auch an offenen Herzen und Hirnen. Man mutmaßt weiterhin, er ziehe Strippen in der Galerie Bernsteinzimmer. Konkret wissen tun wir nur, dass er Nachberichte verfasst zu Egersdörfer & Artverwandtes. Und: Er war Kurzkrimipreisträger, in seiner Jugend, letztes Jahr.
Dass er nicht nur schreiben, sondern auch lesen kann, beweist er am 22.10. bei der „4. Bleck Night-Lesenacht“ zuammen mit Jan Beinßen in der Mr. Bleck-Filiale, Hintere Ledergasse 40, Nbg.
Gruselig: Am 31.10. tritt Theo zusammen mit Johanna Moll mit einer Vampir-Show auf: „Wiedergänge & Mordgesänge“ im Kulturort Badstraße 8, Fürth. www.badstrasse8.de
 




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Da saß ich im Bus nach Prag und dachte mir, wie unangenehm es sein müsste, von einer Stadt in die andere Stadt gebeamt zu werden. Also mittels Star-Trek-Transporter [https://de.wikipedia.org/wiki/Star-Trek-Technologie]. Man wäre ja im selben Augenblick da, in dem man abgeschickt wird, und würde die schöne Fahrt verpassen. Welche Auswirkungen der abrupte Ortswechsel auf die menschliche Seele hätte, ist noch völlig unerforscht. Zudem ja erst die Seele an sich definiert werden müsste. Das ist sonst ungefähr so, wie wenn man die Verdauung des Monsters von Loch Ness erforschen wollte.  >>
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