Kino aus Nürnberg: About A Girl

DONNERSTAG, 6. AUGUST 2015, CINECITTA

#Kino

Manche Themen bieten sich einfach an oder drängen sich gar auf: Wenn ein Filmplakat bei einem Redaktuer zuhause im Treppenhaus hängt und ein Nachbar dazu einen Zettel schreibt wegen “Werbung in eigener Sache”, da es sich um die erste eigene Kinofilmproduktion handelt, dann muss man natürlich nachhaken. Haben wir gemacht, schließlich ist uns “Support Your Locals” eine Herzensangelegenheit … und das hört beim Nachbarn nicht auf.

Damit es nicht ganz so regional bleibt hier ausnahmsweise der Text unseres Münchner Kollegens Oliver Armknecht, der bei der Preview in München mit dabei war. Filmstart: 6. August 2015, Cinecitta.


ABOUT A GIRL

Warum muss das eigentlich alles immer so kompliziert sein? Der 15-jährigen Charleen (Jasna Fritzi Bauer) reicht es, die Perspektivlosigkeit, die Belanglosigkeit, die Lustlosigkeit. Der Freitod soll sie endlich von allem befreien und sie den Musikern näherbringen, die sie so sehr bewundert. Doch der Selbstmord schlägt fehl: Statt Himmel und Rock'n'Roll wartet erst einmal das Krankenhaus und eine Therapie auf sie. Noch dazu wird sie jetzt auf jeden Schritt und Tritt von ihrer Familie beobachtet: von ihrer Mutter Sabine (Heike Makatsch), deren Freund Volker (Simon Schwarz) - der zu allem Überfluss auch noch Charleens Lehrer ist. Sogar ihr Vater Jeff (Aurel Manthei) taucht plötzlich wieder auf. Nur zwei Lichtblicke gibt es in diesem drögen Alltag: Oma Emmi (Dorothea Walda), die sie als einzige versteht. Und dann wäre da noch der seltsame Einzelgänger Linus (Sandro Lohmann), dem sie immer wieder in der Therapiepraxis begegnet und der vielleicht doch nicht so doof ist, wie er immer wirkte.

Wenn Menschen ihrem Leben vorzeitig ein Ende setzen, ist das meist tragisch, umso mehr, wenn es sich dabei um sehr junge Menschen handelt. Darüber einen Film zu drehen, einen deutschen obendrein, das schreit geradezu nach dick aufgetragenen Betroffenheitsdramen, bei denen zusammen mit dem Kinoticket noch eine Packung Taschentücher ausgeteilt wird. Nicht so bei About A Girl: Regisseur und Ko-Autor Mark Monheim nimmt einen verpatzten Selbstmordversuch, um zwar viel über das Leben und den Tod nachzudenken, über Schicksalsfindung und das Glück, tut dies aber mit viel schwarzem Humor, bissigen Dialogen und einem Sinn fürs Morbide und Fantastische.

Wird man auf diese Weise dem Thema gerecht? Daran werden sich die Geister scheiden, denn eine richtige Hilfestellung für selbstmordgefährdete Jugendliche findet weniger statt, es wird zwar das Leben gefeiert, aber immer nur im Kleinen und über Umwege. Kompliziert bleibt für Charleen bis zum Schluss alles, immerhin lernt sie dabei aber, dass es durchaus Positives gibt, wenn man die Augen offen hält. Das ist vielleicht nicht die ganz große Erkenntnis, so wie "About A Girl" insgesamt auch recht gradlinig ist, sich bei aller Skurrilität an einen bewährten Handlungsaufbau hält, in einigen Punkten wie der obligatorischen Omi-ist-die-Beste-Aussage auch vor Klischees nicht zurückschreckt. Und auch nicht vor der deutschen Unart, jede wichtige Szene und alles darunter mit aufdringlichem Powerpop unterlegen zu wollen.

Dafür gibt es verschrobene Einfällen zwischendurch: Wenn Charleen Fotos toter Tiere sammelt oder ihr Therapeut mit etwas unorthodoxen Methoden den Teenager zur Räson zu bringen versucht, erinnert das vereinzelt an die Kultserie "Dead Like Me". Deren Brillanz wird zwar nicht erreicht, dafür sind Figuren und Geschichte dann doch zu gewöhnlich, immerhin darf man sich aber auf witzige Auseinandersetzung freuen, diverse schöne Traumsequenzen und eine immer wieder gern gesehene Coming-of-Age-Romanze zwischen zwei verkorksten Außenseitern.

Fazit: Tragisches Thema, unterhaltsamer Film: About A Girl beginnt mit einem verpatzten Selbstmord, verzichtet in der Folge aber auf zu viel Betroffenheit zugunsten von skurrilen Einfällen und witzigen Dialogen. Einiges ist hier altbekannt, die Musik unnötig aufdringlich, dank der erlesenen Darsteller sieht bzw. hört man darüber aber hinweg.

Regie: Mark Monheim
Darsteller: Jasna Fritzi Bauer, Heike Makatsch, Simon Schwarz, Aurel Manthei, Dorothea Walda, Sandro Lohmann
Kinostart: 6. August 2015


[Text: Oliver Armknecht]

 

 




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